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Tag der Menschenrechte: 'Alle Jahre wieder'
An diesem Freitag wird zum nunmehr 62. Mal der Verabschiedung der "Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte" gedacht. Bevor man dabei aber zu sehr in Feierstimmung gerät, lohnt sich ein Blick auf deren Verwirklichung in der Praxis. Exemplarisch bietet sich hierfür die Religionsfreiheit an. Denn die Religionsfreiheit betrifft den innersten Personenkern eines Menschen, seine tiefsten Überzeugungen und Gewissheiten. Als grundlegendes Menschenrecht berührt die Religionsfreiheit zudem viele weitere Menschenrechte wie Meinungs-, Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit. Durch die schrecklichen Ereignisse in der irakischen Hauptstadt Bagdad, wo bei einem Geiseldrama Ende Oktober in einer Kirche 58 Menschen starben, ist dieses Recht wieder in aller Munde. Internationales Aufsehen und weltweite Empörung erregte ebenso die Verurteilung einer Frau in Pakistan. Zum ersten Mal wurde eine Christin zum Tod verurteilt, weil sie angeblich den Propheten Mohammed gelästert haben soll.
Brennpunkte der Christenverfolgung
Für die Religionsfreiheit hat das Jahr 2010 schon schlecht angefangen, als in Ägypten am 6. Januar in einem koptischen Weihnachtsgottesdienst sechs Christen ermordet wurden. Bereits vorher hatte es in Malaysia, einem Land, welches sich zu Recht des guten Zusammenlebens aller Religionen rühmte, schwere Zusammenstöße gegeben. Ein Mob muslimischer Extremisten hatte mehrere Kirchen niedergebrannt. Auslöser war ein Urteil des Obersten Gerichtshofs zugunsten einer katholischen Zeitung. Dieser wurde erlaubt, das Wort "Allah" für Gott in ihren Publikationen zu benutzen. In Nigeria wurden bei Massakern auch in diesem Jahr Hunderte von Menschen ermordet, überwiegend Christen. Die Aufklärung dieser Taten lässt weiter auf sich warten, zu befürchten ist, dass sich die Spannungen durch die im Januar anstehenden Wahlen eher noch verschärfen werden.
Auch aus einem anderen Brennpunkt – Indien – kommen nahezu täglich Meldungen von Übergriffen radikaler Hindus gegen Christen. Besorgniserregend sind die zunehmende Gewaltbereitschaft und die Verlagerung der Angriffe in die bisher als ruhig geltenden südlichen Bundesstaaten. China ist durch die Verleihung des Friedensnobelpreises an den Dissidenten Liu Xiaobo hinsichtlich der Menschenrechte wieder in die Diskussion gekommen. Aus dem Blick geraten ist aber auch die fehlende Religionsfreiheit für Christen, die sich in Hausgemeinden versammeln. Etwa 200 Christen wurde die Ausreise zu einem internationalen christlichen Kongress in Südafrika verweigert.
Religionswechsel gehört zur Glaubensfreiheit
Ein weiteres Beispiel für zunehmende Restriktionen ist Marokko. Dieses Land, das gegenüber Christen früher als relativ tolerant galt, hat in diesem Jahr weit über 100 ausländische Christen ausgewiesen, angeblich, weil sie missioniert haben sollen. Mission, also das Weitergeben von Glaubensinhalten, und Konversion, also die persönliche Entscheidung eines Menschen zu einer oder auch keiner Religion zu gehören, sind allerdings feste Bestandteile des universal geltenden Rechts der Religionsfreiheit, welche die meisten der in diesem Text genannten Staaten anerkannt haben.
Höchste Zeit zu handeln
Dieser sehr unvollständige Rückblick – es fehlen notorische Menschenrechtsverletzer wie Nordkorea und der Iran – macht sehr deutlich, dass es nur wenig Anlass zum Feiern gibt. Ein Lichtblick ist allerdings, dass der Deutsche Bundestag am 17. Dezember über einen Antrag debattieren wird, in welchem die Bundesregierung aufgefordert wird, den Schutz der Religionsfreiheit weltweit in den Blick zu nehmen. Es ist gut, dass die Politik diese Problematik zunehmend Aufmerksamkeit widmet. Und das schon allein aus außenpolitischer Vernunft, denn viele Konflikte sind zumindest auch von einer religiösen Komponente geprägt. Auch wenn die Verfolgung von Christen als der größten aus Glaubensgründen verfolgten Gruppe weltweit wohl auch im nächsten Jahr nicht zu stoppen ist, so ist doch das Thema mehr als je zuvor in den Blickpunkt der Medien und Politik gekommen. Damit verbindet sich unser Dank und die Hoffnung, dass der Einsatz der Politik für die rund 100 Millionen verfolgten Christen weltweit einen Unterschied macht. Dennoch wird die Herausforderung für das kommende Jahr sein, die Forderungen auf Papier in konkrete Politik umzusetzen. Nicht zuletzt sind die Kirchen mit ihren Millionen von Mitgliedern gefragt, ihre Stimme stärker zu erheben, für Menschenrechte weltweit, und zu allererst für ihre verfolgten Glaubensgeschwister.