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Druck auf Christen in Afghanistan, Marokko und Usbekistan wächst

2. Quartalsbericht mit aktuellen Trends zum Open Doors-Weltverfolgungsindex

(Open Doors) – In den vergangenen Monaten hat sich die Lage für Christen in Afghanistan, Usbekistan und Marokko verschlechtert. Darauf macht das Hilfswerk für verfolgte Christen Open Doors in seinem vierteljährlichen "Update Weltverfolgungsindex 2010" aufmerksam. Quartalsweise berichtet das überkonfessionelle Hilfswerk über Entwicklungen hinsichtlich der Verfolgung von Christen. Rund 100 Millionen Christen werden nach Einschätzung von Open Doors weltweit aufgrund ihres Glaubens verfolgt. Der Weltverfolgungsindex ist eine jährliche Rangliste von 50 Ländern mit der stärksten Verfolgung.

Lesen Sie im 2. Quartalsbericht "Update Weltverfolgungsindex 2010"

Afghanistan: Todesgefahr für Christen muslimischer Herkunft
Marokko: "Säuberungskampagne" gegen ausländische Christen
Usbekistan: Regierung verstärkt Verfolgung
Iran: Regime durch Gemeindewachstum alarmiert
China: Uneinheitliche Berichte zur Religionsfreiheit
Irak: Leichte Entspannung für Christen
Sri Lanka: Christentum in Schulbüchern diffamiert
Indonesien: Islamisten wollen Ende der "Christianisierung"

Afghanistan: Todesgefahr für Christen muslimischer Herkunft Afghanistan: Zwei Frauen verschleiert mit hellblauen Burkas, dahinter eine Fahrradfahrer
Weltverfolgungsindex Platz 6

Die Lage der christlichen Minderheit in Afghanistan hat sich erheblich verschlechtert. Ende Mai 2010 zeigte der private Fernsehsender "Noorin TV" einen Bericht über die Taufe von Afghanen, die sich vom Islam zum Christentum bekehrt haben. Ihre Gesichter werden in dem Filmbeitrag offen gezeigt. Der von mehreren Fernsehstationen ausgestrahlte Beitrag ist versehen mit provakanten Äußerungen gegen den christlichen Glauben. Die Veröffentlichung des Berichtes löste bis in hohe Regierungskreise des streng islamischen Landes drastische Reaktionen aus. Der stellvertretende Parlamentspräsident Abdul Sattar Khawasi forderte die Verhaftung und öffentliche Hinrichtung, der in dem Video gezeigten afghanischen Konvertiten. Ein Abgeordneter äußerte öffentlich, dass nach der Scharia, dem islamischen Recht, die Tötung eines vom Islam abtrünnigen Muslims erlaubt sei. Hunderte verärgerter Studenten demonstrierten in der Hauptstadt Kabul und anderen Städten und forderten den Tod der Konvertiten sowie die Ausweisung christlicher Organisationen. Zwei Organisationen – "Church World Service" und "Church Aid" – mussten ihre Arbeit auf Anweisung der Regierung einstellen. Eine Reihe weitere Nichtregierungsorganisationen (NGOs) soll noch überprüft werden. Etliche afghanische Gläubige, die sich ohnehin nur heimlich treffen, sind aus dem Land geflohen oder untergetaucht.

Marokko: "Säuberungskampagne" gegen ausländische Christen
Weltverfolgungsindex Platz 37

In dem nordafrikanischen Königreich ist derzeit eine regelrechte "Säuberungskampagne" gegen ausländische Christen im Gange. 128 Ausländer wurden seit Anfang dieses Jahres des Landes verwiesen. Ihnen wird "Proselyten machen" vorgeworfen, wobei der Begriff weithin so verstanden wird, dass Menschen mit falschen Versprechungen oder Bestechung dazu überredet werden, zum christlichen Glauben überzutreten. 7.000 hohe islamische Würdenträger hatten im April die Ausweisungen unterstützt. In einer unterzeichneten Erklärung bezeichneten sie die Arbeit der ausländischen Christen in Marokko als "Schändung der Moral" und "religiösen Terrorismus". Die meisten der ausgewiesenen Christen wurden ohne Vorwarnung gezwungen, das Land innerhalb von 48 Stunden zu verlassen. Einigen wurde auch die Wiedereinreise verwehrt, als sie aus dem Ausland nach Marokko zurückkehren wollten.

Einheimische Christen eingeschüchtert
Beobachter gehen davon aus, dass die Beamten mit den Ausweisungen auch Druck auf die wachsende marokkanische Gemeinde ausüben wollen. Konvertiten aus dem Islam treffen sich in Hausgemeinden. Einige Hausgruppen haben aufgrund des Vorgehens der Regierung ihre Treffen vorerst eingestellt, um Hausdurchsuchungen zu vermeiden. Regelmäßig werden Hausgemeindepastoren und -mitglieder von der Geheimpolizei zu Verhören einbestellt. Einige einheimische Christen wurden von der Polizei festgenommen, geschlagen und unter Druck gesetzt, Informationen über Ausländer preiszugeben.

Die vormals tolerantere Haltung Marokkos gegenüber Christen hat sich verändert. Familiärer und gesellschaftlicher Druck auf ehemalige Muslime und Diskriminierung nehmen zu. Dieser Stimmungswechsel könnte nach Einschätzung einheimischer Christen mit den Bemühungen zusammenhängen, die Nation zu islamisieren. Der marokkanische König mache damit Islamisten gegenüber seine Stellung als 'Herrscher der Gläubigen' deutlich. Konservative Muslime hatten den mangelnden islamischen Charakter des Landes kritisiert. Einheimische Christen sehen einen Zusammenhang zwischen dem schärferen Vorgehen gegen Christen und dem Amtsantritt des neuen Justizminister Mohammed Naciri und Innenminister Taieb Cherkaoui im Januar dieses Jahres. Kommunikationsminister Khalid Naciri kündigte ein härteres Vorgehen gegen "alle, die mit religiösen Werten spielen" an.

Usbekistan: ein muslimischer Usbeke vor einer MoscheeUsbekistan: Regierung verstärkt Druck auf Christen
Weltverfolgungsindex Platz 10

Die Situation für Christen in Usbekistan ist seit Jahren schlecht. Doch die Zeiten sind noch schwieriger geworden. Die Regierung gibt sich "besorgt", dass die wachsende Zahl an Christen im Land soziale und politische Auseinandersetzungen verursachen könnte. In den vergangenen drei Monaten sind mindestens zehn Gläubige wegen unerlaubter christlicher Aktivitäten zu zehn bis 15 Tagen Haft verurteilt worden. Dies entspricht annähernd der Gesamtzahl an Strafen im gesamten Berichtszeitraum 2009 für den Weltverfolgungsindex 2010. Im Vergleich kam es im 2. Quartal dieses Jahres auch zu mehr Verhaftungen. Zudem kontrolliert die Polizei verstärkt usbekische Christen; Häuser von Gläubigen wurden auf christliche Literatur hin durchsucht. Wurden Bibeln o.ä. gefunden, mussten die Hausbesitzer hohe Bußgelder zahlen. Empfindliche Geldstrafen wurden auch wegen nicht erlaubter christlicher Schulungen und nicht genehmigter Gottesdienste verhängt. Razzien in Gemeinden finden weiterhin statt. Selbst die Registrierung als Gemeinde ist keine Garantie vor behördlicher Schikane: So kam es in Taschkent am 16. Mai während des Gottesdienstes in einer großen registrierten protestantischen Kirche zu einer Hausdurchsuchung. Bücher und Literatur wurden beschlagnahmt; etliche Gemeindemitglieder verhaftet und für 24 Stunden festgehalten.

Iran: Regime durch Gemeindewachstum alarmiert
Weltverfolgungsindex Platz 2

In der islamischen Republik Iran wächst das Interesse am christlichen Glauben unter Muslimen und ebenso die Anzahl von Gemeinden aus Christen muslimischer Herkunft. Derzeit soll es etwa 450.000 iranische Christen geben, die zuvor Muslime waren. Sie versammeln sich zumeist in Hausgemeinden. Demzufolge steigt auch die Nachfrage nach Bibeln und christlicher Literatur. In den vergangenen Monaten sind Hunderte von Bibeln von Sicherheitskräften beschlagnahmt und vernichtet worden. Im 2. Quartal dieses Jahres ist die Zahl der Verhaftungen von Christen im Iran gesunken. Zwar kommen weiterhin Konvertiten in Haft und werden auch nach ihrer Freilassung von Beamten überwacht und eingeschüchtert, doch es gab weniger Festnahmen im Vergleich zum I. Quartal.

China: Blick in eine Hausgemeinde während eines TreffensChina: Uneinheitliche Berichte zur Religionsfreiheit
Weltverfolgungsindex Platz 13

In China gibt es Anzeichen dafür, dass Hauskirchen von der Regierung mehr geduldet werden als früher. Meist können Christen kleinere Hausversammlungen (30 bis 40 Teilnehmer) abhalten, ohne von staatlichen Stellen eingeschränkt zu werden. Wenig tolerant ist der Staat, wenn Ausländer teilnehmen oder wenn Hausgemeinden sich bei Themen engagieren, die der Regierung sensibel erscheinen. Religiöse Gruppen können sich verstärkt für wohltätige Zwecke einsetzen, sofern dies nach Ansicht der Regierung nicht die Harmonie und Stabilität der Gesellschaft gefährdet. Die religiöse Freiheit chinesischer Christen ist von Region zu Region unterschiedlich. In manchen Gebieten Chinas gelten unterschiedliche Religionsvorschriften, die zudem von den Beamten vor Ort verschieden interpretiert werden. Manchmal erleben Christen in einer Region härtere Verfolgung als in der Nachbarprovinz. Die Regierung scheint im Allgemeinen nachgiebiger zu werden, doch es gibt immer noch Fälle von Verfolgung wie etwa Administrativhaft für Hausgemeindechristen. Vier Kirchen wurden behördlicherseits geschlossen. Laut einer Studie von Paul Hattaway von der Organisation "Asia Harvest" soll es in China derzeit 103 Millionen Christen in der staatlich anerkannten protestantischen "Patriotischen Drei-Selbst-Bewegung" bzw. der "Katholisch-Patriotischen Vereinigung" sowie in staatlich nicht anerkannten protestan-tischen und katholischen Hauskirchen geben.

Irak: Leichte Entspannung für Christen
Weltverfolgungsindex Platz 17
Die Wahlen im März 2010 waren begleitet von Entführungen und der Ermordung von Christen. Doch es scheinen etwas ruhigere Zeiten für Christen angebrochen zu sein. Mehr als drei Monate nach den Wahlen ist ein neues Parlament zusammengetreten. Fünf der insgesamt 325 Sitze wurden Christen zugesprochen, ein paar mehr als nach den letzten landesweiten Wahlen. Allerdings kam es bislang zu keiner Regierungsbildung. In den Brennpunkten Bagdad und Mossul kommen Christen wieder zu Gottesdiensten zusammen, wenn auch unter Sicherheitsvorkehrungen. Doch bedeuten die Zeichen leichter Entspannung nicht, dass der Terror gegen Christen im Irak vorbei ist. Bei einem Anschlag auf einen Bus mit christlichen Studenten in der Nähe von Mossul sind Anfang Mai drei Schüler getötet und 180 verletzt worden. Außerdem kam es u.a. in Kirkuk und Mossul zu weiteren Morden an Christen. Insgesamt gesehen wurden im Vergleich zum 1. Quartal aber weniger Gewalttaten gegen Christen gemeldet.

Sri Lanka: Christentum in Schulbüchern diffamiert Sri Lanka: Gottesdienst der East Lanka Evangelischen Mission
Weltverfolgungsindex Platz 40

Das Erziehungsministerium des buddhistisch geprägten Inselstaates Sri Lanka hat Anfang des Jahres neue Schulbücher für den Geschichts- und Geografieunterricht herausgegeben. Katholische Schulleiter und Lehrer beklagten, dass darin Christen als Zerstörer der singhalesischen Kultur dargestellt würden. Vor allem würden die Katholische Kirche, der Papst und katholische Christen diffamiert. Im Abschnitt "religiöse Erneuerung" wird das Christentum als Hindernis für andere Religionen dargestellt und katholische Bildungseinrichtungen als Weg zur Verbreitung des römisch-katholischen Glaubens in Sri Lanka angesehen. Am 24. Juni traf sich der Erzbischof von Colombo, Monsignore Malcolm Ranjit, mit Erziehungsminister Bandula Gunawerdena, um dieses Thema zu diskutieren. Der Erzbischof bat den Minister dringend, die Publikation der Texte zu überprüfen und schlug eine Durchsicht durch ein interkonfessionelles Komitee vor. Der Minister versicherte dem Erzbischof eine Durchsicht der Bücher und die Beseitigung der Irrtümer. Obwohl die Regierung von Präsident Rajapakse den Ruf hat, aus buddhistischen Hardlinern zu bestehen, blieb sie hinsichtlich einer Beschränkung religiöser Freiheiten in den vergangenen vier bis fünf Jahren in Sri Lanka verhalten. Noch ist kein Anti-Bekehrungsgesetz vom Parlament verabschiedet worden. Dennoch müs-sen Christen mit Verfolgung seitens der Regierung, der Gesellschaft sowie durch buddhistische bzw. hinduistische Extremisten rechnen.

Indonesien: Islamisten wollen Ende der "Christianisierung"
Weltverfolgungsindex Platz 48
Auffälligstes Ereignis in Indonesien im 2. Quartal dieses Jahres war der am 20. und 21. Juni in der Al-Azhar-Moschee von Bekasi (Westjava) abgehaltene Islamische Kongress von Bekasi. Zu den 200 Kongressteilnehmern gehörten neben Vertretern örtlicher Organisationen auch Vertreter von zwei der größten muslimischen Organisationen Indonesiens sowie der Islamischen Verteidigungsfront (FPI), die für ihre aggressive Opposition gegen Christen und andere nicht-muslimische Gruppen bekannt ist. Der Kongress kann als Höhepunkt zunehmender Spannungen zwischen religiösen Gruppen im Land betrachtet werden.

Diskutiert wurde unter anderem über eine Statue mit dem Namen "Drei Frauen" im Zentrum der Stadt Bekasi, die von einem balinesischen Künstler als Willkommensgruß für Gäste geschaffen wurde. Muslimische Hardliner nahmen daran Anstoß, weil sie darin die Abbildung der christlichen Dreieinigkeit sahen, die sie als blasphemisch empfinden. Auf Anordnung des Bezirksleiters wurde die Statue entfernt.

Indonesien: ein Open Air-GottesdienstZentrales Thema der Konferenz war, aufgrund der wachsenden Zahl christlicher Hausgruppen in der Region der "Christianisierung" ein Ende zu machen. Die Anwesenden beschlossen die Gründung eines Überwachungszentrums und einer Jugendmiliz (Laskar-Pemuda). Evangelistisch aktive Christen stehen somit im Visier radikaler Muslime. Die Konferenzteilnehmer forderten die örtliche Verwaltung von Bekasi auf, unverzüglich die Scharia, das islamische Recht, einzuführen, um damit auf die steigende Zahl von Blasphemiefällen und Bekehrungsversuchen von Muslimen zu reagieren. Neun Teilnehmerorganisationen schlossen sich zusammen, um ein "Bekasi Islamic Presidium" aufzubauen. Diese Gruppe soll örtliche Moscheen auf einen Kampf gegen die Christianisierung vor-bereiten.

Beunruhigender Trend
Die größte moderat-islamische Organisation in Indonesien, die "Nahdlatul Ulama (NU)", distanzierte sich von der Konferenz. "Wenn wir eine so radikale Bewegung wachsen lassen, wird sie sich auf andere Landesteile ausbreiten und potentiell interreligiöse Konflikte schaffen", sagte NU-Generalsekretär Iqbal Sulam. Christen forderten ein interreligiöses Forum, um interreligiöse Spannungen, die aufgrund der Konferenzforderungen entstanden sind, abzubauen. Die Regierung in Jakarta äußerte sich nicht. Logan Maurer, Regionalleiter von International China Concern konstatierte: "Die jüngsten Vorgänge im indonesischen Bekasi enthüllen einen beängstigenden Trend. Hier wollen radikale Muslime alles unternehmen, um Christen auszuschalten. Die Tatsache, dass sie damit drohen, sich paramilitärischer Aktionen zu bedienen, und dass sie konkrete Schritte zur Bildung von Milizen unternehmen, zeigt, dass die Christen und letztlich die Religionsfreiheit aller in Gefahr sind." Zwar mögen die islamischen Hardliner in Bekasi eine kleine Gruppe sein, doch sie sind einflussreich genug, um ei-nen Kongress dieser Art in aller Öffentlichkeit abzuhalten. Intoleranz scheint in Indonesien auf dem Vormarsch zu sein. Das Schweigen aus Jakarta ist ein starkes Signal. Würde sich die indonesische Regierung wirklich für Toleranz und Gleichheit unter den Religionen engagieren, hätte sie die Konferenz bzw. deren Forderung kritisieren müssen.