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Ägypten: Christ 38 Monate lang unschuldig in Haft

Gericht zögert Freispruch hinaus und verweist auf „Sensibilität" des Falls

(Open Doors, Kelkheim) – Ein ägyptisches Gericht hat die Berufungsverhandlung gegen einen koptischen Christen erneut vertagt. Der 27-jährige Bishoy Garas war 2012 wegen Beleidigung des Islam sowie des damaligen ägyptischen Präsidenten und der Schwester eines muslimischen Scheichs zu sechs Jahren Haft verurteilt worden. Grundlage der Verurteilung waren Einträge auf der Internetplattform Facebook, die allerdings auf einer gefälschten Seite auftauchten und nachweislich nicht von dem Verurteilten stammten. Sein Freispruch war für den 14. November dieses Jahres erwartet worden, doch nach der Vertagung kann Garas nun frühestens am 13. Februar 2016 darauf hoffen.

Schwerwiegende Anklagen

Angefangen hatte alles am 28. Juli 2012, als Facebook-Freunde Garas ihre Verärgerung über einige seiner Facebook-Einträge mitteilten. Verwundert prüfte er die Angaben und stellte schockiert fest, dass jemand auf Basis seiner Identität ein neues Facebook Konto einschließlich seines Fotos eröffnet hatte. Auf dieser Seite waren anstößige Bilder und persönliche Beleidigungen veröffentlicht. Umgehend warnte Garas auf seiner echten Seite vor dem gefälschten Konto und informierte die Internet-Polizei mit der Bitte, der Angelegenheit nachzugehen. Tags darauf erhob Scheich Mohammed Safwat Tammam bereits Anklage gegen Garas. Der geistliche Führer gehört einer ultrakonservativen Salafistengruppe an und beschuldigte den jungen Mann, seine Schwester, Präsident Mursi und die islamische Religion auf Facebook beleidigt zu haben. Garas erklärte daraufhin den Sachverhalt und stieß bei der Polizei auf Verständnis, der Scheich hielt jedoch an seiner Anklage fest.

Sechs Jahre Haft trotz entlastender Beweise

Beim Gerichtstermin am folgenden Tag wartete vor dem Gebäude schon ein aufgebrachter Mob von Muslimen, die Garas‘ Bestrafung forderten. Der Staatsanwalt war schnell von der Unschuld des Angeklagten überzeugt, doch wegen der wütenden Menge wurde der Angeklagte für vier Tage in Untersuchungshaft genommen. Zwei von Garas‘ Freunden spürten unterdessen den Urheber der falschen Seite auf und brachten eine Aufzeichnung seines Geständnisses zum Gericht. Erstaunlicherweise führte auch dieser weitere Beweis von Bishoy Garas‘ Unschuld zu keiner Wendung. Stattdessen gab es weitere Gerichtstermine, bei denen aufgebrachte Ansammlungen von extremistischen Muslimen mehrfach Garas‘ Tod forderten. Am 18. September 2012 verurteilte ein Gericht in Tima den jungen Mann schließlich zu sechs Jahren Haft.

Ungewöhnliches Resümee

Es dauerte drei Jahre, bis das höchste ägyptische Berufungsgericht in Kairo am 27. Juli dieses Jahres das Urteil gegen Bishoy Garas aufhob und an das Gericht von Tima zurückverwies. Nach weiterer Verzögerung wurde er am 9. Oktober endlich auf freien Fuß gesetzt. Für seinen Anwalt Magdy Farouk Saeed zeigt dies den Einfluss islamistischer Hardliner in den Reihen der Staatsanwaltschaft. Nach 38 Monaten im Gefängnis zieht Garas jedoch ein erstaunlich positives Resümee: "Die Zeit im Gefängnis hat mich Gott näher gebracht. Am Anfang war es wirklich schwer. Ich fragte Gott, warum er mir all das antut. Den einzigen Trost bot mir eine Bibel – aber dieser Trost hat wirklich geholfen." Der endgültige Freispruch ist nach Einschätzung von Anwalt Saeed nur noch eine Formsache, stellt allerdings für Garas eine wichtige Voraussetzung dar, um seine Rückkehr in seinen alten Beruf als Lehrer zu erstreiten.

Der lange Weg von Bishoy Garas illustriert anschaulich, wie trügerisch die Lage für Ägyptens Christen auch nach einer Stabilisierung der politischen Verhältnisse im Land weiterhin ist. Trotz eines Präsidenten, der mehrfach sehr positive Signale an die christliche Gemeinschaft gesendet hat, müssen sie im Alltag immer wieder mit Diskriminierung und Anfeindungen kämpfen. Beamte auf kommunaler Ebene zeigen oft eine andere Haltung als die Regierung. Demokratie und Religionsfreiheit sind in Ägypten noch nicht etabliert. Auf dem Weltverfolgungsindex rangiert das Land aktuell an 23. Stelle unter den Ländern, in denen Christen weltweit wegen ihres Glaubens verfolgt werden.

Quellen: World Watch Monitor, Open Doors

Bitte beten Sie für die Christen in Ägypten

  • Beten Sie für dafür, dass Bishoy Garas im Februar endgültig freigesprochen wird und unbehelligt weiterleben kann
  • Beten Sie für die ägyptische Regierung, dass sie die Neuausrichtung des Landes einschließlich der Religionsfreiheit auf allen Ebenen der Behörden durchsetzen kann
  • Beten Sie, dass die ägyptischen Christen sich von Gottes Geist der Kraft, der Liebe und der Besonnenheit leiten lassen und ihre Glauben an Jesus klar bekennen