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Brunei
Christenverfolgung in Brunei
Berichtszeitraum: 1. Oktober 2022 – 30. September 2023
Überblick
Christliche Konvertiten muslimischer Herkunft werden von ihren Familien und dem sozialen Umfeld unter Druck gesetzt. Der Glaubenswechsel wird nach dem Scharia-Strafrecht bestraft, wenn ein Verfahren gegen sie eingeleitet wird, auch wenn im Berichtszeitraum keine Fälle bekannt wurden. Alles wird versucht, um die Konvertiten zu ihrem ursprünglichen Glauben zurück zu bringen. Protestantische Freikirchen können nicht als Kirchen angemeldet werden, aber um rechtmäßig tätig sein zu können, werden sie als Unternehmen, Vereine oder Familienzentren registriert. Als solche werden sie wie säkulare Organisationen behandelt und müssen der Regierung jedes Jahr ihre Finanz- und Geschäftsberichte vorlegen. Die gesamte Bevölkerung (einschließlich der Christen) ist von der schrittweisen Einführung der Scharia betroffen.
Länderprofil als PDF
Das folgende Länderprofil ist ein übersetzter Auszug aus dem Country Dossier von World Watch Research, der Forschungsabteilung von Open Doors. Das vollständige Dossier auf Englisch sowie das gekürzte Länderprofil auf Deutsch (beides als PDF) finden Sie hier zum Download.
1. Hintergrund
In Brunei regiert der Sultan als absoluter Monarch. Die Menschen haben großen Respekt vor dem Sultan, und die Nachfrage nach mehr politischer Beteiligung ist gering. Im Juni 2022 ersetzte der Sultan acht Minister im Rahmen einer großen Umstrukturierung des Kabinetts. Während seine eigenen ministeriellen Pflichten unverändert blieben, ist die Änderung bemerkenswert, weil zum ersten Mal seit 1958 eine Frau zu einem vollwertigen Mitglied des Kabinetts ernannt wurde, in diesem Fall als Bildungsministerin.
Die nationale Philosophie heißt „Melayu Islam Beraja“ (MIB), eine Mischung aus malaiischen und islamischen kulturellen Werten, die von der Monarchie bewahrt wird. Im Mai 2014 wurde das neue Strafgesetz auf Grundlage der Scharia (das auch für Nichtmuslime gilt) eingeführt; die Umsetzung erfolgte jedoch erst 2019. Die internationalen Medien wiesen schnell auf die schwerwiegenden Folgen für die LGBTI-Gemeinschaft im Land hin, und es gab Aufrufe zum Boykott aller Luxushotels, die einem Unternehmen im Besitz des Sultans gehören. Bislang wurden keine Verfahren gegen religiöse Minderheiten (oder die LGBTI-Gemeinschaft) gemeldet.
Die ethnisch malaiischen Bruneier machen 57 % der Bevölkerung aus, und es wird offiziell davon ausgegangen, dass sie Muslime sind. Die chinesische Bevölkerung ist teils buddhistisch, teils christlich (der Anteil der Christen an der Gesamtbevölkerung beträgt 12 %). Den Christen steht es frei, ihren Glauben auszuüben, aber sie wurden davor gewarnt, missionarisch aktiv oder allgemein zu sichtbar zu werden.
Neben der römisch-katholischen und der anglikanischen Kirche gibt es in Brunei einige protestantische Kirchen, die auch ausländischen Gemeinschaften dienen (z. B. Filipinos und Indern).
Weltanschauungen | Anhänger | % |
Christen | 54.200 | 12,1 |
Muslime | 259.000 | 57,7 |
Hindus | 4.200 | 0,9 |
Buddhisten | 45.700 | 10,2 |
Anhänger ethnischer Religionen | 45.300 | 10,1 |
Bahai | 360 | 0,1 |
Atheisten | 130 | < 0,1 |
Agnostiker | 5.300 | 1,2 |
Andere | 35.530 | 7,9 |
2. Gibt es regionale Unterschiede?
Das Land ist klein, und es gibt keine besonderen Gebiete, in denen Christen häufiger Opfer von Menschenrechtsverletzungen werden.
3. Was sind die stärksten Triebkräfte der Verfolgung?
Islamische Unterdrückung, gemischt mit diktatorischer Paranoia
Die Scharia in ihrer zivilen und administrativen Dimension wurde bereits vor der Unabhängigkeit Bruneis im Jahr 1984 vollständig umgesetzt. Die Regierung bietet potenziellen Konvertiten zum Islam (vor allem aus indigenen Gemeinschaften) Anreize, darunter Hilfe bei der Wohnungssuche und Sozialhilfe. Familienmitglieder und Nachbarn können Christen muslimischer Herkunft leicht Probleme bereiten, indem sie diese dem staatlichen Sicherheitsdienst KDN melden, was regelmäßig geschieht. Ein staatliches Gremium, der Oberste Rat der Malaiischen Islamischen Monarchie, bemüht sich um die Verbreitung der MIB-Philosophie und stellt sicher, dass sie in den Gesetzen und der Politik des Landes verankert wird.
Eine vollständige Übersicht aller im Land wirksamen Triebkräfte finden Sie im ungekürzten, englischen Länderprofil.
4. Welche Christen sind von Verfolgung betroffen?
Christen aus traditionellen Kirchen
Diese Kategorie schließt römisch-katholische und anglikanische Kirchen ein. Sie werden streng überwacht und müssen Vorsicht walten lassen, obwohl sie weniger Druck ausgesetzt sind als neuere protestantische Gruppen und Konvertiten.
Christen anderer religiöser Herkunft (Konvertiten)
Christen muslimischer Herkunft leiden unter starkem Druck durch Familie und Freunde, da die Abwendung vom Islam als illegal angesehen wird. Sollte ihr Glaubenswechsel bekannt werden, werden die Behörden einschreiten, um sie zu ihrem ursprünglichen Glauben zurückzubringen.
Christen aus protestantischen Freikirchen
Zu den nichttraditionellen christlichen Gemeinschaften gehören die evangelikalen Gemeinden und die Pfingstgemeinden. Sie werden von den Behörden und dem Umfeld genau beobachtet.
5. Wie erfahren Christen Druck und Gewalt?
Betroffene Lebensbereiche und Auftreten von Gewalt
Privatleben
Die Gesetze Bruneis sehen vor, dass die Abkehr vom Islam mit dem Tod oder einer langen Gefängnisstrafe mit körperlicher Züchtigung bestraft wird. Ein zum christlichen Glauben Konvertierter darf nicht über seinen Glauben sprechen, da dies als Missionierung ausgelegt werden kann, was gegen die Scharia verstößt und mit einer Gefängnisstrafe oder Geldstrafe geahndet werden kann. Christen und besonders Gemeindeleiter stehen unter der permanenten Überwachung der Behörden.
Familienleben
In den Schulen darf nicht über den christlichen Glauben gelehrt werden, und alle Schüler müssen den Islam (oder vielmehr die nationale MIB-Philosophie) studieren. Studentinnen müssen in staatlichen Bildungseinrichtungen ein Kopftuch tragen. Der Druck ist besonders hoch auf Kinder von Konvertiten, sobald entdeckt wird, dass ihre Eltern „Abtrünnige“ sind. Das Gesetz verbietet es jedem Muslim, das Sorgerecht für einen Minderjährigen zugunsten eines Nichtmuslims aufzugeben. Daher können Nichtmuslime keine muslimischen Kinder oder Kinder, deren Eltern unbekannt sind, adoptieren.
Gesellschaftliches Leben
Der Islam durchdringt alle Bereiche der Gesellschaft, und die Christen werden von der Gesellschaft und der Regierung unter Druck gesetzt, an islamischen Riten und Zeremonien teilzunehmen. Zudem gibt es strikte Vorgaben und Strafen in Bezug auf das Einhalten der muslimischen Gebetszeiten während des Ramadan, sowohl für Muslime als auch für Nichtmuslime. Die Kirchen verzeichnen einen allmählichen Rückgang der Mitgliederzahl, da Menschen zum Islam übertreten; in erster Linie, um sozialem Druck zu entgehen, aber auch wegen finanzieller Vorteile wie dem Erhalt von jährlich 1.000 Brunei-Dollar für 10 Jahre. Gelegentlich wird auch über andere Anreize berichtet. Die Bemühungen der islamischen Missionare (Dawah) werden in den nationalen Zeitungen weithin bekannt gemacht und gefeiert, wobei die Konvertiten mit ihren neuen Namen angekündigt werden.
Leben im Staat
Da es ein Gesetz gegen Aufwiegelung gibt und Christen die Lehren des MIB und das Scharia-Strafrecht immer im Hinterkopf haben, sind sie sehr darauf bedacht, sich selbst zu zensieren, um Ärger zu vermeiden, zumal nicht ganz klar ist, welche Äußerungen als aufrührerisch angesehen werden könnten. Vergünstigungen und Beförderungen sind auf Malaien und Konvertiten zum Islam beschränkt, wenn sie Staatsbürger sind, was den Druck auf Christen erhöht, zu konvertieren.
Kirchliches Leben
Sechs Kirchen haben offizielle Genehmigungen, die sie während der Kolonialzeit erhalten haben. Die Regierung erlaubt es nicht, dass andere Kirchen registriert werden. Alle Aktivitäten von Kirchen und besonders die Predigten werden überwacht. Vor allem registrierte Gemeinden sind davon betroffen, da sie von Informanten der Regierung bespitzelt werden. Diese Informanten sind manchmal selbst Christen, denen Bestechungsgeld angeboten wurde. Die Pastoren achten sehr darauf, nichts zu sagen, was als Kritik oder Beleidigung der Regierung oder der königlichen Familie ausgelegt werden könnte. Veröffentlichte Materialien unterliegen der gründlichen Überprüfung der Behörden. Es gibt ein dauerhaftes Verbot gegen die Einfuhr religiöser Schriften.
Beispiele für Auftreten von Gewalt
Im Berichtszeitraum wurde ein Gebäude einer christlichen Einrichtung angegriffen. Mehrere Christen sahen sich gezwungen, das Land zu verlassen, und ein Christ wurde körperlich angegriffen.
6. Entwicklung in den letzten 5 Jahren
Jahr | Platzierung | Punktzahl |
2024 | 44 | 66 |
2023 | 46 | 65 |
2022 | 46 | 64 |
2021 | 39 | 64 |
2020 | 37 | 63 |
In diesem Jahr stieg die Punktzahl um 0,7 Punkte, was eine stabile, aber schwierige Situation für die Christen im Land widerspiegelt. Die Einführung der Scharia hat sich bisher noch nicht auf das Ergebnis ausgewirkt, und es bleibt abzuwarten, was sie für die Christen bedeutet, abgesehen von zunehmender Unsicherheit und Angst. Der Druck auf das kirchliche Leben hat am stärksten zugenommen, da die Beschränkungen für die Arbeit unter Jugendlichen immer stärker spürbar werden, vor allem wenn ein solcher Dienst als Missionierung verstanden werden kann. Der durchschnittliche Druck ist sehr hoch. Der Wert für Gewalt hat sich verdreifacht, bleibt allerdings auf einem sehr niedrigen Maß. Die Kontrolle, Überwachung und Bespitzelung von Christen bleibt für die Behörden wichtiger als die Ausübung von Gewalt.
7. Sind Frauen und Männer unterschiedlich von Verfolgung betroffen?
Frauen
Obwohl Brunei das Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau (CEDAW) unterzeichnet hat, sind Frauen und religiöse Minderheiten durch das neue Scharia-Strafrecht bedroht. Aufgrund der strengen Umsetzung der islamischen Gesetze müssen sich christliche Frauen im Allgemeinen sittsam kleiden und können gezwungen werden, in staatlichen Bildungseinrichtungen und Büros einen Hijab zu tragen. Frauen und Mädchen werden in der Regel von ihrer Familie enteignet, wenn ihr Glaubenswechsel bekannt wird. Sie können gezwungen werden, an religiösen Rehabilitationsprogrammen teilzunehmen. Manchmal wird den Frauen mit der Zwangsheirat mit einem Muslim gedroht, oder wenn sie verheiratet sind, werden ihnen die Kinder weggenommen, um eine muslimische Erziehung sicherzustellen.
Männer
Konvertiten zum christlichen Glauben sind dem stärksten Druck ausgesetzt. Männer und Jungen werden in der Regel von der Familie verstoßen, wenn sie konvertieren, und sind gezwungen, das Elternhaus zu verlassen. Bei der Verfolgung durch religiöse Behörden sind sie Schlägen, Demütigungen und noch härterer Behandlung ausgesetzt. Auch in Bildungseinrichtungen können Schüler Diskriminierung und Beschimpfungen erfahren.
8. Verfolgung anderer religiöser Gruppen
Muslimische Gruppen, die als Abweichler gesehen werden, wie Schiiten und Ahmadis, sind verboten und werden verfolgt. Der Atheismus ist ebenfalls verboten. Die Aktivitäten von Hindus werden eingeschränkt. Der einzige Hindu-Tempel des Landes befindet sich in der britischen Kaserne des Gurkha-Regiments. Auch Sikhs und buddhistische Gemeinschaften besuchen diesen Tempel, um dort zu beten. Chinesischen Staatsangehörigen wurde untersagt, ihr Neujahrsfest mit dem Drachentanz zu feiern. Die indigene Gemeinschaft der Iban, von denen viele Animisten sind, ist ein besonderes Ziel für die Dawah (islamische Mission).
Am 15. Oktober 2019 wurde zum ersten Mal ein Nicht-Muslim nach der Scharia wegen Diebstahls angeklagt. In sozialen Medien in Brunei gab es schockierte Äußerungen darüber, dass die Scharia nun offenbar auch für Nicht-Muslime gilt.
9. Gebetsanliegen
Bitte beten Sie für Brunei:
- Beten Sie, dass die Pastoren trotz Druck und Überwachung ihre Gemeinden gut leiten. Beten Sie für die Gemeinden um Gunst und um Schutz vor Anklagen und Verleumdungen.
- Beten Sie, dass junge Christen treu und mutig Jesus nachfolgen und der Versuchung widerstehen, zum Islam zu konvertieren, um der Diskriminierung zu entgehen. Bitten Sie Gott auch um berufliche Perspektiven, sodass jüngere Christen im Land bleiben können und sich in die Gemeinden einbringen.
- Christen sind angesichts der Überwachung sehr vorsichtig. Beten Sie um Mut und Weisheit bei der Verkündigung des Evangeliums.
- Regierung und Medien fördern stark die Islamisierung der nichtmuslimischen Bevölkerung. Beten Sie, dass die Christen fest im Glauben stehen.