Erfahren Sie mehr über den Weltverfolgungsindex – die Rangliste und der Bericht zu den 50 Ländern, in denen Christen die stärkste Verfolgung erleben.
Nicaragua
Christenverfolgung in Nicaragua
Berichtszeitraum: 1. Oktober 2023 – 30. September 2024
1. Überblick
Unter Präsident Daniel Ortega werden diejenigen Kirchen und Christen als destabilisierende Kräfte betrachtet, die ihre Kritik an den Handlungen der Regierung zum Ausdruck bringen. Dies macht sie zur Zielscheibe von Einschüchterung, Schikanen, Überwachung, rechtlicher Verfolgung, Schließung und Enteignung vieler christlicher Organisationen (einschließlich Universitäten und Kirchen) sowie gewalttätigen Aktionen. Das Ziel dabei ist, die Kirche zu „ersticken“ und sie zum Schweigen zu bringen. Seit den sozialen Protesten im Jahr 2018 hat sich diese Lage immer weiter verschärft, da christliche Leiter und andere Personen der Kirche anhaltend das von der Regierung begangene Unrecht und die Menschenrechtsverletzungen angeprangert haben. Die Wahlen im November 2021 und die ihnen vorausgegangene Änderung des Wahlrechts wurden genutzt, um die christliche Gemeinde und ihre Leiter während und nach den Wahlen immer stärker einzuschränken – davon betroffen waren insbesondere diejenigen Christen, die öffentlich die Einhaltung der Rechtsstaatlichkeit forderten. Ebenfalls besonders betroffen und gefährdet sind diejenigen Gemeinden und Gemeindeleiter, die die Freilassung politischer Gefangener fordern, einschließlich religiöser Führungspersonen, und die den Bedürftigsten helfen.
Länderprofil als PDF
Das nachfolgende Länderprofil ist ein übersetzter Auszug aus den ausführlichen Berichten von World Watch Research, der Forschungsabteilung von Open Doors. Dieses deutsche Länderprofil finden Sie hier auch als PDF zum Download. Die ausführlichen Berichte in englischer Originalfassung („Background Information“ und „Persecution Dynamics“) finden Sie am Ende dieser Seite.
2. Hintergrund
Im Jahr 1979 ließ Nicaragua eine vier Jahrzehnte währende Diktatur hinter sich. Daniel Ortega wurde 1984 Präsident des Landes und schied 1990 aus dem Amt. Im Jahr 2006 übernahm er erneut das Präsidentenamt und ist seitdem an der Macht. Im Laufe der Jahre hat Ortega zunehmend diktatorische Züge an den Tag gelegt. Bei den Wahlen im November 2021 haben er und seine Verbündeten ihre Macht gefestigt, allerdings unter dem Vorwurf von Unregelmäßigkeiten und schweren Menschenrechtsverletzungen. Die internationale Gemeinschaft sowie multilaterale Organisationen haben den Wahlvorgang verurteilt und Sanktionen gegen Nicaragua verhängt.
Nach Schätzungen der World Christian Database für 2024 sind 77,4 Prozent der nicaraguanischen Christen Katholiken. Die Gemeinden traditioneller protestantischer Kirchen wie auch freikirchlicher evangelikaler Konfessionen sind im Land weiterhin stark vertreten.
Seit Beginn der sozialen Unruhen im April 2018 waren Leiter der Kirchen, vor allem aus der römisch-katholischen Kirche, am offiziellen Dialog zwischen Oppositionsgruppen und der Regierung beteiligt, zunächst als Vermittler und später als Beobachter. Jedoch beschloss die katholische Kirche im März 2019, sich nicht mehr aktiv an den Gesprächen zu beteiligen – aus Protest gegen das mangelnde Entgegenkommen des Regimes und die anhaltenden Menschenrechtsverletzungen. Aufgrund dieser klaren Stellungnahme zur Situation im Land wird die katholische Kirche von der Regierung und ihren Verbündeten seither als „Staatsfeind“ betrachtet. Infolgedessen waren Gemeinden und Leiter der Kirchen häufig Ziel von Vergeltungsmaßnahmen aller Art. Die Regierung Ortegas brachte dabei Gesetze zur Anwendung, die oppositionelle Stimmen unterdrücken und kriminalisieren sollen.
Einzelheiten zu gezielten Angriffen auf Kirchen und ihre Gemeindeleiter werden unter „Beispiele für Auftreten von Gewalt“ angegeben. In Kürze kann gesagt werden, dass Pastoren, besonders wenn sie als regimekritisch gelten, mit Geldstrafen belegt, rechtswidrig inhaftiert oder zur Flucht aus dem Land gezwungen wurden. So wurde beispielsweise Bischof Rolando Álvarez zu 26 Jahren und vier Monaten Gefängnis verurteilt, nachdem er sich geweigert hatte, ins Exil zu gehen, wie die Digitalausgabe der nicaraguanischen Zeitung „El 19“ am 10. Februar 2023 berichtete. Außerdem dokumentierte im Februar 2024 die UN-Expertengruppe für Menschenrechte in Nicaragua („Group of Human Rights Experts on Nicaragua“, GHREN) Fälle von Schikane, körperlicher und verbaler Aggression sowie von Kriminalisierung mehrerer evangelikaler Pastoren.
Hilfsprogramme, die über Kirchen lebensnotwendige Güter wie Lebensmittel, Gesundheitsversorgung und Bildung liefern, stuft das Ortega-Regime als Schwächung seiner Kontrolle über die Bevölkerung ein. Die Sperrung von Bankkonten der Kirchen hindert die Kirchen in großem Maß daran, Gemeinschaftsprojekte zur Unterstützung der Armen fortzuführen. Die Regierung hat die staatliche Registrierung und den rechtlichen Status mehrerer kirchlicher Einrichtungen wie zum Beispiel von Universitäten aufgehoben, kirchliches Eigentum an sich gerissen, christliche Presseorgane beschlagnahmt und katholische Radio- und Fernsehsender stillgelegt.
Weltanschauungen |
Anhänger |
% |
Christen |
6.775.000 |
94,8 |
Muslime |
1.200 |
< 0,1 |
Buddhisten |
8.400 |
0,1 |
Anhänger ethnischer Religionen |
34.200 |
0,5 |
Juden |
230 |
< 0,1 |
Bahai |
13.800 |
0,2 |
Atheisten |
3.400 |
< 0,1 |
Agnostiker |
198.000 |
2,8 |
Andere |
108.600 |
1,5 |
3. Gibt es regionale Unterschiede?
Die Verfolgung findet landesweit und auf allen Ebenen statt. Die Städte mit den meisten Vorfällen von Christenverfolgung sind Granada, Jinotega, Masaya, Jinotepe, León, Matagalpa, Boaco und Estelí.
4. Was sind die stärksten Triebkräfte der Verfolgung?
Diktatorische Paranoia
Leiter von Kirchen und Gemeinden und christliche Gruppen, insbesondere römisch-katholische, sehen sich Repressalien ausgesetzt, wenn sie das Regime anprangern und die Achtung der Menschenrechte und demokratischen Grundsätze fordern. Leiter von Kirchen und Gemeinden wurden misshandelt, bedroht, schikaniert, als Verräter und Staatsfeinde beschuldigt, verhaftet, angeklagt und verurteilt. Kirchen wurden zudem verwüstet und Gottesdienste gestört, was zu einem Klima der Angst geführt hat.
Kommunistische Unterdrückung
Die sozialistisch-kommunistische Ideologie wird in den Schulen gelehrt und den Bürgern durch staatliche Institutionen aufgezwungen, manchmal auch mit Gewalt. Neben Unterdrückung, intensiver Überwachung, Zensur und Schikanen sind Christen auch damit konfrontiert, dass Teile ihres Glaubens (religiöse Feste, biblische Bezüge) absichtlich verfälscht werden, um die Interessen des Regimes zu unterstützen. Diese Praxis wird auch in den kommunistischen Nachbarländern Kuba und Venezuela angewandt, zu denen Nicaragua enge Beziehungen unterhält.
Organisiertes Verbrechen und Korruption
Zusammen mit dem illegalen Drogenhandel ist auch die Korruption ein zunehmendes Problem in Nicaragua. Das Justizsystem, die Sicherheitskräfte und die öffentlichen Dienste arbeiten daran, die Anführer der Regierungspartei an der Macht zu halten, indem sie verschiedene Mittel einsetzen: Bestechung, Manipulation, politische Einflussnahme. Gewalttätige paramilitärische Gruppen (auch bekannt als „Ortega-Todesschwadronen“), kriminelle Gruppen und sandinistische Banden arbeiten mit der Regierung zusammen, um Gegner und Dissidenten zu unterdrücken. Christen sind eine besonders gefährdete Gruppe, da sie nirgendwo Schutz finden.
Eine vollständige Übersicht aller im Land wirksamen Triebkräfte finden Sie im ungekürzten, englischen Dokument „Persecution Dynamics“.
5. Welche Christen sind von Verfolgung betroffen?
Christen aus traditionellen Kirchen
Die römisch-katholische Kirche erlebt vielfältige Formen der Aggression und Verfolgung durch staatliche Akteure, insbesondere dann, wenn sie sich gegen die diktatorischen Maßnahmen der Regierung ausspricht. Derzeit ist sie die christliche Gruppe, die am meisten von staatlichen Repressalien betroffen ist, weil sie eine der letzten unabhängigen Stimmen im Land ist und von der Gesellschaft als legitime Institution und Stimme der Moral angesehen wird.
Christen anderer religiöser Herkunft (Konvertiten)
Christliche Konvertiten sind in Nicaragua hauptsächlich ehemalige Regimesympathisanten oder Regierungsbeamte. Wenn sie Christen werden, betrachtet man sie folglich als Teil der Opposition, und sie sind so ebenfalls Anfeindungen seitens des Regimes ausgesetzt.
Christen aus protestantischen Freikirchen
Zu dieser Kategorie gehören Christen aus Baptisten- und Pfingstgemeinden. Die Christen dieser Gruppe sind zwar eine Minderheit, werden aber auch angefeindet, wenn sie sich gegen das Regime aussprechen (vor allem, wenn sie zuvor staatliche Unterstützung bekommen haben). Die größte Gefahr für sie besteht darin, dass sie ihren legalen Status verlieren, um im Land tätig zu sein.
6. Wie erfahren Christen Druck und Gewalt?
Betroffene Lebensbereiche und Auftreten von Gewalt
Privatleben
Christen werden vom Regime ins Visier genommen und bedroht, wenn sie sich auf der Grundlage ihres Glaubens kritisch über die Politik der Regierung äußern, auch in den sozialen Medien. Das Sondergesetz zur Cyberkriminalität (eingeführt im Jahr 2020) bestraft diejenigen, die regimekritische Inhalte im Internet veröffentlichen, was bei vielen zu einer Selbstzensur geführt hat. Wenn ein Christ als Regimekritiker bekannt ist, kann es außerdem vorkommen, dass die Angehörigen seiner (Groß-)Familie von der Regierung verhört werden. Dies wiederum hat dazu geführt, dass Familienmitglieder Informationen über die Aktivitäten und Treffpunkte ihrer christlichen Verwandten an die Regierung weitergeben. Treffen mit anderen Christen können als Verschwörung gegen das Regime ausgelegt werden, insbesondere unter katholischen Christen und in Masaya, Matagalpa und León. Versammlungen von Christen wurden von staatlichen Akteuren überwacht oder gestört, und Autos wurden fotografiert.
Nicaraguaner dürfen in der Regel Bibeln und andere religiöse Materialien besitzen, in staatlicher Haft ist dies jedoch nicht gestattet.
Familienleben
Bildungsprogramme in den Schulen indoktrinieren schon kleine Kinder mit der Ideologie des Regimes. Kinder werden gezwungen, Fahnen und Transparente zu tragen, die das Regime preisen, und an regierungsfreundlichen Kundgebungen teilzunehmen. Wenn Eltern versuchen, ihre Kinder vor staatlicher Propaganda zu schützen, werden sie als Regimegegner angesehen und sind Repressalien und sozialem Druck ausgesetzt. Ihre Kinder werden diskriminiert und misshandelt und als „Kinder von Terroristen“ oder „Putschisten“ abgestempelt. Regimekritische Christen sind der Gefahr von Entführung, willkürlicher Verhaftung und Inhaftierung ausgesetzt. Viele waren gezwungen, aus ihrem Heimatort oder sogar dem Land zu fliehen, was zu einer langfristigen Trennung der Familien führte.
Gesellschaftliches Leben
Christen werden unter Druck gesetzt, an staatlichen Propagandaveranstaltungen teilzunehmen und die Regierungspartei zu preisen. In einem solchen Kontext wird kirchliches Engagement oder sogar jegliche Verbindung mit Leitern der Kirchen und Gemeinden als Zeichen des Verrats an der Nation angesehen. Das Regime ist auch dafür bekannt, dass es „religiöse Veranstaltungen“ ohne die Beteiligung von kirchlichen Leitern organisiert, um diese zu diskreditieren und die Christen zu verwirren.
In ähnlicher Weise werden Christen am Arbeitsplatz (besonders im öffentlichen Sektor) unter Druck gesetzt, an regierungsfreundlichen Veranstaltungen teilzunehmen und ihre christlichen Ansichten aus Angst vor Repressalien zu verschweigen. Studenten, die mit christlichen Regimegegnern oder bestimmten „unliebsamen“ Leitern der Kirchen und Gemeinden in Verbindung stehen, werden von regimetreuen Akademikern und Verwaltungsangestellten schikaniert: Sie werden von der Hochschule suspendiert oder verwiesen oder unter dem Vorwurf des Terrorismus der Polizei übergeben.
Leben im Staat
Wer auch nur mit der Opposition in Verbindung gebracht wird (beispielsweise durch Äußerungen oder Bilder), gerät ins Visier des Regimes. Sogar politische Neutralität kann als Opposition verstanden werden, da sie das Regime nicht verteidigt. Die einzige politische Partei, die ungehindert arbeiten kann, ist die Regierungspartei des Regimes, die „Sandinistische Nationale Befreiungsfront“. Christen, die versucht haben, ein christliches politisches Bündnis zu gründen, um an demokratischen Wahlen teilzunehmen, sind auf Einschränkungen gestoßen. Christliche zivilgesellschaftliche Organisationen sehen sich mit einem neuen Gesetz konfrontiert, das jede politische Opposition gegen das Regime als staatsfeindlich einstuft, wobei sie mitunter sogar der Planung eines Putsches mit ausländischer Hilfe beschuldigt werden. Diese Maßnahmen haben dazu geführt, dass die Zivilgesellschaft fast verschwunden ist. Die Kontrolle des Regimes über die Medien, darunter auch Social Media, ermöglicht es, Christen so darzustellen, als seien sie Terroristen und Verräter, die einen Staatsstreich planten – wodurch ein Klima der Intoleranz gegenüber der Kirche gefördert wird. Angriffe auf Christen werden nicht strafrechtlich verfolgt oder bestraft, was Straffreiheit für die Täter und Stabilität für das Regime gewährleistet.
Kirchliches Leben
Viele Kirchen und die ihnen angeschlossenen Einrichtungen stehen in der ständigen Gefahr, dass ihnen ihr rechtlicher Status aberkannt wird und ihnen Genehmigungen und Zulassungen verweigert werden. Damit soll gezielt die Rolle der Kirche in der humanitären und medizinischen Hilfe untergraben und die Abhängigkeit der Menschen vom Staat erhöht werden. Angesichts der ständigen Schikanen (einschließlich Reisebeschränkungen) und Repressalien vor allem gegen katholische Leiter der Kirchen und Gemeinden, ist es sehr riskant, die Regierung als Verfolger der Kirche anzuprangern.
Beispiele für das Auftreten von Gewalt
Im August 2024 setzte die nicaraguanische Regierung ihren repressiven Kurs der letzten Jahre fort und ordnete die Aufhebung des rechtlichen Status von 1.500 Nichtregierungsorganisationen an, darunter mindestens 100 evangelikale Kirchen.
Im März 2024 verurteilte die nicaraguanische Regierung elf evangelikale Pastoren, die mit der in den USA ansässigen Organisation „Mountain Gateway“ in Verbindung standen. Ihnen wurde Geldwäsche vorgeworfen und sie wurden mit Haftstrafen zwischen 12 und 15 Jahren und mit Geldbußen von jeweils 80 Millionen Dollar belegt. Wie „Vatican News“ am 3. April berichtete, waren die Pastoren zuvor zwei Monaten lang isoliert in Haft gehalten worden, ohne dass ihnen der Kontakt zu Anwälten oder Familienangehörigen erlaubt worden war. Schließlich wurden die Mitglieder der Gruppe im September 2024 zusammen mit 15 anderen Christen, die vom Regime inhaftiert worden waren, wieder freigelassen, aber des Landes verwiesen und ins Exil geschickt.
Im März 2024 verbot die Polizei der katholischen Kirche, während der Fastenzeit und der Karwoche Prozessionen abzuhalten. Das Begehen des sogenannten Kreuzwegs erlaubten die Behörden nur innerhalb von Kirchen oder auf dem Kirchengelände, nicht aber auf der Straße. In einigen Landesteilen umstellte die Polizei Kirchen, um Prozessionen zu verhindern. Am Palmsonntag wurde die Überwachung durch Polizei und Paramilitärs verstärkt. Wie die onlinebasierte argentinische Zeitung „Infobae“ am 30. März 2024 meldete, wurden sieben junge Menschen verhaftet, die an Aktionen in der Karwoche auf öffentlichen Straßen teilgenommen hatten.
7. Entwicklung in den letzten 5 Jahren
Jahr |
Platzierung |
Punktzahl |
2025 |
30 |
71 |
2024 |
30 |
70 |
2023 |
50 |
65 |
2022 |
61 |
56 |
2021 |
63 |
51 |
Die Verfolgung in Nicaragua nimmt stetig zu, und so steigt auch die Gesamtpunktzahl des Landes weiter an. Im Berichtszeitraum des Weltverfolgungsindex 2025 ist ein Anstieg um einen Punkt zu verzeichnen. Trotz einer höheren Anzahl von Schließungen christlicher Gebäude und der Ausweisung von Christen aus dem Land ist der Wert für Gewalt mit 9,6 Punkten unverändert geblieben. Allerdings hat sich der durchschnittliche Druck leicht erhöht, wobei die größten Anstiege in den Bereichen des Privatlebens (um 0,3 Punkte) und des gesellschaftliches Lebens (um 0,5 Punkte) zu verzeichnen sind. Dies ist auf die zunehmenden Anfeindungen gegen Christen zurückzuführen, die sich weigern, Loyalität gegenüber dem Regime zu zeigen, und die stattdessen ihre Kirchen und Leiter standhaft unterstützen, auch wenn sie als „Terroristen“ oder „Feinde“ der Regierung bezeichnet werden. Die repressiven Methoden haben mittlerweile ein so systematisches Ausmaß angenommen, dass sie nicht nur die normalen Abläufe kirchlicher Aktivitäten stören, sondern auch eine Kultur der Angst unter den Gemeindemitgliedern schaffen. Diese zensieren sich daher häufig selbst, weil sie verhindern wollen, ins Visier der Regierung zu geraten. So wird die Arbeit der Kirche im Land immer weiter eingeschränkt.
8. Sind Frauen und Männer unterschiedlich von Verfolgung betroffen?
Frauen
Nicaraguas rechtlicher Rahmen gewährt Glaubensfreiheit, freie Religionsausübung sowie Freiheit zum Gottesdienst und fördert die gleichberechtigte Teilhabe von christlichen Frauen in allen Bereichen der Gesellschaft. Im „Gender Gap Report“ des Weltwirtschaftsforums für das Jahr 2023 belegt Nicaragua den siebten Platz in Bezug auf die Gleichstellung der Geschlechter und gehört zu den führenden Ländern in Bezug auf den Bildungsstand von Frauen und ihre politische Teilhabe. Das harte Vorgehen der Regierung gegen die politische Opposition hat jedoch dazu beigetragen, dass die bürgerlichen Freiheiten von Frauen immer stärker eingeschränkt werden, besonders die von Christinnen und vor allem von Katholikinnen, die sich dem Regime widersetzen. Außerdem werden Nichtregierungsorganisationen, die sich für die Rechte von Frauen einsetzen, gezwungen, ihre Arbeit einzustellen.
Männer
Verbale Beleidigungen, Morddrohungen oder die Zerstörung religiöser Gegenstände: Ein erheblicher Teil der Anfeindungen durch die Regierung und regierungsnahe Gruppen richtete sich gegen katholische Priester, Bischöfe und andere Leiter der Kirchen und Gemeinden und damit zumeist gegen Männer. Sowohl der Präsident als auch weitere Politiker bezeichneten die katholischen Geistlichen in Nicaragua als „Mörder“ und „Putschisten“, die den „amerikanischen Imperialismus“ propagieren würden. Leiter von Kirchen und Gemeinden, die der Regierung kritisch gegenüberstehen, werden zur Flucht gezwungen oder verhaftet und unter falschen Anschuldigungen zu langen Haftstrafen verurteilt. Auch Institutionen, die mit Regimegegnern in Verbindung stehen, werden von der Regierung mit harten Sanktionen belegt.
9. Verfolgung anderer religiöser Gruppen
Laut des Berichts zur internationalen Religionsfreiheit des US-Außenministeriums haben unbekannte Personen am 21. und 22. Oktober 2023 mindestens 41 jüdische Gräber in einem kleinen Bereich des Hauptfriedhofs der Hauptstadt Managua geschändet. Die Gräber wurden mit roter Farbe und Hakenkreuzen beschmiert, und auch ein kleines öffentliches Denkmal mit einer Menora wurde beschmiert und beschädigt. Berichten zufolge ließ die Regierung die Schmierereien entfernen.
10. Gebetsanliegen
Bitte beten Sie für Nicaragua:
- Beten Sie um Weisheit, Kraft und Mut für die Gemeindeleiter. Beten Sie um Heilung und Stärkung für diejenigen, die wegen ihres Glaubens Druck und Gewalt erlitten haben oder aktuell inhaftiert sind.
- Beten Sie um Mut und Gottes Leitung für die Christen, damit sie trotz zunehmender Verfolgung weiter mutig ihre Stimme erheben, zum Segen für ihr Land und zur Ausbreitung des Evangeliums.
- Beten Sie, dass der Heilige Geist an den Herzen der Regierenden wirkt, damit sie sich nicht an ihre Macht klammern und Kritiker verfolgen, sondern sich für das Evangelium öffnen.