Weltverfolgungsindex 2024

Kolumbien

Christenverfolgung in Kolumbien

Berichtszeitraum: 1. Oktober 2022 – 30. September 2023

Überblick

Leiter von Kirchen und Gemeinden werden bedroht, erpresst und sogar ermordet – dies ist ein Resultat der Gewalt der Guerillas oder anderer krimineller Gruppen im Kampf um territoriale Kontrolle, besonders in den am meisten vernachlässigten Regionen des Landes. In den häufigsten Fällen ist die Gewalt gegen Christen die unmittelbare Folge davon, dass Christen die Korruption und Gewalt in Predigten anprangern, sich für Menschenrechte und Umweltschutz einsetzen, mit Jugendlichen arbeiten, im Friedensprozess oder in der humanitären Hilfe engagiert sind oder sich anderweitig der De-facto-Autorität lokaler krimineller Gruppen widersetzen und so deren kriminelle Aktivitäten gefährden.

In etlichen indigenen Gemeinschaften gibt es signifikanten Widerstand gegen christliche Missionare und christliche Konvertiten indigener Herkunft. Diese müssen in Folge mit Inhaftierung, der Schließung ihrer Gemeinden, körperlichem Missbrauch, Drohungen, Schikane und Verweigerung von Grundrechten rechnen.

Die Zunahme des Säkularismus führt zur wachsenden Intoleranz gegenüber biblisch begründeten Standpunkten im öffentlichen Raum. Dies gilt besonders bei Themen, die den Lebensschutz, die Familie und Ehe sowie die Religionsfreiheit betreffen. Christen, die in der Öffentlichkeit ihre Überzeugungen und Glaubensansichten zum Ausdruck bringen, wird mitunter vorgeworfen, sie würden andere diskriminieren und Hass verbreiten. Aus diesem Grund entscheiden sich einige von ihnen für eine Selbstzensur.

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Das folgende Länderprofil ist ein übersetzter Auszug aus dem Country Dossier von World Watch Research, der Forschungsabteilung von Open Doors. Das vollständige Dossier auf Englisch sowie das gekürzte Länderprofil auf Deutsch (beides als PDF) finden Sie hier zum Download.

Country Dossier als PDF

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1. Hintergrund

Kolumbien hat schon jahrzehntelang mit einem korrupten und schwachen Rechtsapparat zu kämpfen. Dadurch konnte sich in weiten Teilen des Landes ein florierendes kriminelles Netzwerk entwickeln, das sich hauptsächlich aus dem illegalen Drogen-, Waffen- und Menschenhandel finanziert. In der Pandemie haben kriminelle Gruppen ihre Kontrolle verstärkt und ihre Macht auf ganze Gebiete ausgeweitet. Dabei bedrohten sie Leiter von Kirchen und Gemeinden und griffen diejenigen an, die sich für den Frieden und gegen kriminelle Aktivitäten einsetzen; auch Kirchen wurden ausgeraubt und verwüstet. In ländlichen Gebieten wie Nudo de Paramillo und Catatumbo verlangen bewaffnete Gruppen von Christen, dass sie die Informationen auf ihren Mobiltelefonen preisgeben, so etwa Kontaktdaten und Nachrichten – dies ist eine Form der Kontrolle, die Christen und andere in Gefahr bringen kann.

Die Regierungstruppen werden unter anderem von Menschenrechtsorganisationen beschuldigt, mit kriminellen Banden zusammenzuarbeiten oder deren Aktivitäten zu tolerieren, so stellt der Menschenrechtsbericht des US-Außenministeriums für das Jahr 2022 fest. Ferner wird in dem Bericht erklärt, dass das kolumbianische Justizsystem überlastet und ineffizient ist, und dass die Korruption und Einschüchterung von Richtern, Staatsanwälten und Zeugen die Arbeit der Justiz behindern.

Im Juni 2022 wurde Gustavo Francisco Petro Urrego vom sogenannten „Historischen Pakt“, einer Koalition aus linken Parteien, für die Legislaturperiode 2022–2026 zum Präsidenten von Kolumbien gewählt. Im seinem 54-seitigen Regierungsprogramm heißt es, dass die Regierung die religiöse Vielfalt schützen wird. Allen Bürgern soll garantiert werden, dass sie die Voraussetzung erhalten, um in Gleichberechtigung und Religionsfreiheit ihre religiöse und spirituelle Orientierung zu praktizieren.

Die größte christliche Konfession in Kolumbien ist die römisch-katholische Kirche, der 90 Prozent aller Christen angehören. Protestantische Kirchen und Gruppen erfahren aber kontinuierlichen Zuwachs. Sie sind insbesondere in vielen Großstädten gut sichtbar, wo sich sogenannte „Megachurches“ mit Tausenden von Gemeindemitgliedern etabliert haben.

Christliche Gemeinden und Kirchen sind in vielen der ärmeren Gesellschaftsschichten tätig, zum Beispiel im Bildungswesen und bei der Grundversorgung der bedürftigsten Familien. Die katholischen Bischöfe Kolumbiens riefen zur Solidarität auf, um die verschiedenen Krisen des Landes zu bekämpfen. So forderte die Kirche etwa die Regierungen Kolumbiens und Venezuelas auf, die bilateralen Beziehungen wieder aufzunehmen, damit auf die Herausforderungen im Bereich Migration reagiert und für Migranten gesorgt werden kann. Ebenso machen christliche Netzwerke und Organisationen immer wieder auf die Gründe aufmerksam, die für soziale Krisen in den verschiedenen Teilen der Bevölkerung verantwortlich sind, und rufen unablässig zum Frieden auf. Auch die sogenannte „Wahrheitskommission“ (spanisch CEV) hebt in ihrem Bericht die Möglichkeiten hervor, die kirchliche Organisationen bei der innergesellschaftlichen Vermittlung haben, unter anderem beim Wiederaufbau des sozialen Gefüges und der Förderung des Dialogs. Im Rahmen ihrer Handlungsempfehlungen hat die Kommission Kirchen und christliche Gemeinden des Landes aufgerufen, sich auch in Zukunft für eine Kultur des Friedens einzusetzen – ungeachtet der Tatsache, dass dies für Christen oftmals eine besondere Gefahr darstellt.

Gewalt gegen Frauen und Mädchen, insbesondere sexualisierte Gewalt, ist ein weiteres Problem. Durch Drohungen werden die Opfer daran gehindert, sich zu offenbaren – mit der Folge, dass die Tragweite des Problems nicht klar erkennbar wird. Die Zwangsrekrutierung von (vor allem männlichen) Jugendlichen stellt eine ständige Bedrohung für christliche Gemeinschaften dar. Auch gibt es immer mehr Berichte über den Einsatz sexualisierter Gewalt gegen Männer und Jungen, die von rivalisierenden Gruppen als Mittel zur Folter, Einschüchterung und Nötigung genutzt wird. So soll in Konfliktgebieten die Kontrolle der Gruppen ausgeweitet werden.

Weltanschauungen Anhänger %
Christen 49.079.000 95,0
Muslime 29.000 0,1
Hindus 12.400 < 0,1
Buddhisten 2.300 < 0,1
Anhänger ethnischer Religionen 317.000 0,6
Juden 5.000 < 0,1
Bahai 85.000 0,2
Atheisten 149.000 0,3
Agnostiker 1.455.000 2,8
Andere 540.600 1,0

2. Gibt es regionale Unterschiede?

Verfolgung aufgrund von organisiertem Verbrechen und Korruption: Durch illegale bewaffnete Gruppen und kriminelle Organisationen erfahren Christen ein hohes Maß an Druck und Gewalt in den Verwaltungsgebieten (oder „Departamentos“) Antioquia, Arauca, Bolívar, Caquetá, Casanare, Cauca, Cesar, Chocó, Córdoba, Guaviare, Meta, Nariño, Norte de Santander, Putumayo, Tolima, Valle del Cauca und Vichada.

Verfolgung aufgrund von Unterdrückung durch den Stamm: Indigene Gemeinschaften haben ihre eigenen traditionellen Bräuche, und es werden diejenigen verfolgt, die die religiösen Praktiken des Stammes aufgeben. In Kolumbien gibt es 115 indigene Gruppen, die in allen 32 Departamentos des Landes leben.

Verfolgung aufgrund von säkularer Intoleranz: Die Triebkraft der säkularen Intoleranz ist bedingt durch die Politik der nationalen Regierung sowie durch gesellschaftliche Ansichten und Tendenzen, die vor allem durch Gruppen mit antireligiösen oder antichristlichen Ideologien gefördert werden. Sie ist überall im Land vorzufinden, besonders in den städtischen Gebieten der Departementos wie Bolívar, Bogotá, Antioquia, Caldas, Risaralda, Quindío, Nariño, Valle del Cauca, Cauca, Boyacá, Santander, Cundinamarca, Tolima und Huila.

3. Was sind die stärksten Triebkräfte der Verfolgung?

Organisiertes Verbrechen und Korruption

Dissidenten der „Revolutionären Streitkräfte Kolumbiens“ (FARC), Mitglieder der „Nationalen Befreiungsarmee“ (ELN), Drogenkartelle und andere Guerillagruppen kämpfen um die Kontrolle ganzer Regionen und darum, dort ihre illegalen Aktivitäten fortsetzen zu können. Dies hat dazu geführt, dass Leiter von Kirchen und Gemeinden sowie christliche Gruppen zum Opfer von systematischer Überwachung, Entführung, Bedrohung, Erpressung, Zwangsumsiedlung und Tötung geworden sind und ihre Gebäude angegriffen wurden. Derartige Maßnahmen zielen besonders auf die Christen ab, die sich gegen die Praktiken der organisierten bewaffneten Gruppen wenden, die Menschenrechte vertreten und zu Kämpfern dieser Gruppen predigen. Leiter von Kirchen und Gemeinden und andere Christen werden bedroht, wenn sie nicht bereit sind, nationale Streiks zu unterstützen; und sie werden von kriminellen Gruppen zur Teilnahme an solchen Streiks gezwungen, die deren korrupten Aktivitäten und illegalen Geschäfte begünstigen. Auch rächen sich kriminelle Gruppen an früheren Mitgliedern, die aufgrund ihrer Hinwendung zum christlichen Glauben das kriminelle Leben hinter sich gelassen haben.

Unterdrückung durch den Clan oder Stamm

Die Religion ist ein wichtiger Bestandteil der Kultur und Identität indigener Gemeinschaften. Die Einführung von Ideen, die diesen alten, traditionellen Überzeugungen zuwiderlaufen, wird als Bedrohung angesehen. Zu den Strafen, die die örtlichen indigenen Behörden und Stammesführer gegen indigene christliche Konvertiten verhängen, zählen Gefängnisstrafen, Geldstrafen, physische und psychische Misshandlungen, die Verweigerung des Zugangs zu grundlegenden Ressourcen, die Beschlagnahmung von Eigentum und Zwangsarbeit.

Säkulare Intoleranz

Christen sehen sich in zunehmendem Maße verbalen Angriffen, sozialen Anfeindungen und Diskriminierung aufgrund von Intoleranz gegenüber christlichen Überzeugungen und Praktiken ausgesetzt. Eine strenge Auslegung des staatlichen Säkularismus bringt die Religionsfreiheit und das Recht auf Gewissensfreiheit häufig in Konflikt mit dem Recht auf Nichtdiskriminierung – nämlich dann, wenn Meinungsäußerungen, die auf Glaubensüberzeugungen basieren, als ein Verstoß gegen das Recht verstanden werden können, nicht diskriminiert zu werden. Es gibt außerdem das Bestreben, alle Beamten, die offen für ihren Glauben oder ihre Zugehörigkeit zu einer Kirche einstehen, aus ihren Ämtern zu entfernen. Die Teilhabe der Christen im politischen Bereich wurde dadurch erschwert.

Eine vollständige Übersicht aller im Land wirksamen Triebkräfte finden Sie im ungekürzten, englischen Länderprofil.

4. Welche Christen sind von Verfolgung betroffen?

Christen aus traditionellen Kirchen

Die größte traditionelle Kirche in Kolumbien ist die römisch-katholische Kirche. In Gebieten, die von Drogenkartellen und Gruppen des organisierten Verbrechens kontrolliert werden, sind traditionelle Kirchen von Angriffen bedroht. Außerdem kämpfen traditionelle Kirchen mit der zunehmenden religiösen Intoleranz in der Gesellschaft und mit der Ablehnung öffentlicher Glaubensbekundungen.

Christen anderer religiöser Herkunft (Konvertiten)

Zu dieser Gruppe gehören christliche Konvertiten, die sich von einer christlichen Denomination ab- und einer anderen zuwenden, Konvertiten indigener Herkunft oder Konvertiten, die früher einer Guerillagruppe oder kriminellen Organisation angehört haben. Vor allem in der indigenen Bevölkerung erfahren christliche Konvertiten Druck und Gewalt, weil sie das Glaubenssystem der Mehrheit verlassen haben. Sie erleiden Schikanen, Ausweisung aus der Gemeinschaft, Diskriminierung bei der Nutzung von kommunalen Diensten und andere Formen physischer und psychischer Gewalt. Im Zusammenhang mit der organisierten Kriminalität erhalten christliche Konvertiten mitunter Morddrohungen, was dazu führen kann, dass sie ihre Heimat verlassen müssen.

Christen aus protestantischen Freikirchen

Hierzu gehören hauptsächlich Christen aus Baptisten- und Pfingstgemeinden. Sie erfahren Druck und Gewalt von Gruppen des organisierten Verbrechens. Obwohl die Regierung ihre wichtige Rolle bei der Umsetzung des Friedensabkommens und bei der humanitären Hilfe in vernachlässigten Gebieten bisher anerkannt hat, erhalten diese christlichen Gemeinden nicht die gleichen staatlichen Leistungen wie die traditionellen Kirchen. Wenn sie sich in der Politik engagieren, stoßen sie zudem auf den heftigen Widerstand säkularistischer Interessengruppen. Darüber hinaus können sie nicht frei in indigenen Gemeinschaften arbeiten, und sie sind Risiken ausgesetzt, wenn sie es doch tun.

5. Wie erfahren Christen Druck und Gewalt?

Betroffene Lebensbereiche und Auftreten von Gewalt

Privatleben 11.1
Familienleben 8.6
Gesellschaftliches Leben 12.9
Leben im Staat 11.3
Kirchliches Leben 10.4
Auftreten von Gewalt 14.1

Die Summe der Wertungen aller sechs Bereiche (die maximale Punktzahl beträgt jeweils 16,7) ergibt die Gesamtpunktzahl und somit die Platzierung auf dem Weltverfolgungsindex. Das Verfolgungsmuster zeigt das Ausmaß von Druck und Gewalt, welche durch das Zusammenwirken der Triebkräfte hervorgerufen werden.

Privatleben

Christen sind bei der privaten Ausübung ihres Glaubens in unterschiedlichem Maße Gefahren wie Ablehnung, Belästigung, Drohungen, Einschränkungen und Vertreibung ausgesetzt. Sie können von ideologischen Interessengruppen angefeindet werden, wenn sie ihre auf dem christlichen Glauben basierenden Ansichten verteidigen. Zudem sind Christen Verfolgung ausgesetzt, wenn sie sich in indigenen Gemeinschaften oder in Gebieten, die vom organisierten Verbrechen kontrolliert werden, mit anderen Christen treffen.

Familienleben

In Gebieten, die von kriminellen Netzwerken kontrolliert werden, stehen Kinder christlicher Eltern in der Gefahr, von der ELN, FARC oder anderen illegalen Gruppen indoktriniert oder rekrutiert zu werden. Widerstand führt in der Regel zu Schikanen, Gewalt, dauerhafter Trennung von Familienmitgliedern oder Vertreibung aus der Gemeinschaft. In indigenen Gemeinschaften zielt die Schulbildung darauf ab, die kulturelle Identität der ethnischen Gruppe zu bewahren, und christliche Schüler werden gezwungen, an animistischen Handlungen teilzunehmen. Die Schikane von Christen in indigenen Gemeinschaften kann so weit gehen, dass Kinder von ihren christlichen Eltern getrennt werden. Sowohl in indigenen als auch in staatlichen Schulen wird das Recht der Eltern, ihre Kinder nach ihren religiösen Überzeugungen zu erziehen, mitunter durch den Pflichtunterricht verletzt, der genau diesen Überzeugungen zuwiderläuft.

Gesellschaftliches Leben

In einigen indigenen Gemeinschaften werden Christen vom Zugang zu grundlegenden Ressourcen wie Trinkwasser, Bildung und medizinischer Versorgung ausgeschlossen; oder sie werden ganz aus der Gemeinschaft und ihren Familien verbannt. Sie werden von der Gemeinschaft auch dazu gedrängt, Beiträge (in der Regel Geld oder landwirtschaftliche Erzeugnisse) für religiöse Praktiken zu leisten, die mit Ahnenverehrung und Animismus zusammenhängen. Kriminelle Gruppen verlangen von Christen oft erpresserische Geldzahlungen, wobei Leiter von Kirchen und Gemeinden besonders davon betroffen sind. Wenn sie sich weigern zu zahlen, kann dies zu Gewalt führen oder das Risiko erhöhen, dass sie vertrieben oder ihre Kinder zwangsrekrutiert werden. Kriminelle Gruppen sind auch dafür bekannt, dass sie dringend benötigte staatliche und humanitäre Hilfe abfangen, um Christen zu zwingen, ihre Herrschaft zu akzeptieren.

Leben im Staat

In indigenen Gemeinschaften bleiben Übergriffe gegen Christen oft ungestraft. Dies ist der Fall, weil die indigenen Bräuche verfassungsrechtlich geschützt sind; außerdem sind die Stammesführer (häufig gleichzeitig die religiösen Autoritätspersonen im Stamm) sowohl Anstifter von Gewalt gegen Christen als auch diejenigen, denen die Rechtsprechung in ihrem Stamm unterstellt ist. Da die indigenen Gemeinschaften weitgehend Anspruch auf ihre eigene Gerichtsbarkeit haben, können Stammesführer mit großer Autonomie gegen Christen vorgehen, und betroffene Christen können sich nicht an staatliche Gerichte wenden. In vielen Gebieten haben kriminelle Gruppen de facto die Macht inne. Auch dort können Christen ihre Rechte, einschließlich des Rechts auf freie Meinungsäußerung, nicht in vollem Umfang wahrnehmen; sie sind diesen illegalen Gruppen ausgeliefert, die häufig straffrei handeln. Hinzu kommt, dass die Gesellschaft sich zunehmend intolerant gegenüber öffentlichen Äußerungen des christlichen Glaubens verhält. Christen werden so in ihrer freien Meinungsäußerung und ihrem Recht auf Verweigerung des Kriegsdienstes eingeschränkt. Außerdem werden Christen beschuldigt, „Diskriminierer“ und „menschenrechtsfeindlich“ zu sein.

Kirchliches Leben

Kirchen sind häufig Ziel von Bedrohungen durch kriminelle Gruppen, indigene Anführer und ideologische Interessengruppen. Christliche Leiter und ihre Familien werden in indigenen Gemeinschaften besonders schikaniert, und christliche Aktivitäten sind in der Regel verboten. In Gebieten, die von kriminellen Gruppen kontrolliert werden, sind ebenfalls gerade christliche Leiter und ihre Familien die häufigsten Opfer von Gewalt, Überwachung und Einschränkungen der Bewegungsfreiheit. Dies gilt insbesondere dann, wenn sie sich für die Menschenrechte, die Umwelt, die Umsetzung des Friedensabkommens oder die Eindämmung des Kokaanbaus einsetzen oder unter Jugendlichen arbeiten. In von kriminellen Gruppen kontrollierten Gebieten sind die Kinder von Pastoren in besonderem Maße Ziel von Menschenhandel, Zwangsrekrutierung oder Vergewaltigung. So sollen Pastoren eingeschüchtert und von der Fortsetzung ihres Dienstes abgehalten werden. Teile der Gesellschaft betrachten zunehmend kritisch die christliche Lehre in Bezug auf den Schutz von Ehe und Familie sowie die Art und Weise, wie sich die Kirchen in der Öffentlichkeit engagieren.

Beispiele für Auftreten von Gewalt

  • Am internationalen Frauentag, dem 8. März 2023, wurden in der Stadt Popayán (im Departamento Cauca) drei Kirchen beschädigt. Am Ende der Demonstrationszüge anlässlich des Frauentags malten Demonstranten Graffitis und beleidigende Botschaften an die Wände der San-Francisco-Kirche und der Santo-Domingo-Kirche im Stadtzentrum sowie an die La- Milagrosa-Kirche im Stadtteil Prados del Norte.
  • Als im April 2023 drei Christen in einer indigenen Gemeinschaft in Pitalito (Departamento Chocó) predigen wollten, wurde ihnen der Zutritt von indigenen Anführern verwehrt. Die Christen wurden wegen „Verletzung von Rechten und Kultur“ sechs Stunden lang in einen Kerker eingesperrt, und die indigenen Anführer bekräftigten, dass Sanktionen folgen könnten, sollten die Christen noch einmal versuchen, dort zu predigen.
  • Im August 2023 prangerte Erzbischof Pablo Emiro Salas Anteliz in der Stadt Barranquilla öffentlich einige Erpressungsfälle an. Er bezog sich auf die Erpressung von vier Priestern in der Region und wies den Erpressungsfall an dem Priester Jaime Barrios aus Puerto Colombia zurück. Der Erzbischof berichtete, dass die Erpressungen in Form von Briefen und Anrufen aus einem örtlichen Gefängnis kamen.
  • Im Dezember 2022 wurden die Wände der La-Sagrada-Familia-Kirche in Santander mit Graffiti und den Initialen der ELN bemalt.

6. Entwicklung in den letzten 5 Jahren

Jahr Platzierung Punktzahl
2024 34 68
2023 22 71
2022 30 68
2021 30 67
2020 41 62

Die Gesamtwertung Kolumbiens ist um 2,5 Punkte gesunken. Dies geht auf eine Verringerung des Wertes für Gewalt zurück, welcher von 15,4 Punkten im Vorjahr auf nun 14,1 Punkte abgefallen ist. Diesbezüglich ist ein Rückgang insbesondere bei Verurteilungen, sexuellem Missbrauch und angegriffenen christlichen Geschäften zu verzeichnen (wenngleich mindestens 16 Christen ermordet wurden). Hinzu kommt eine Verringerung des Drucks in den Lebensbereichen Privatleben, Familienleben und gesellschaftliches Leben, da weniger Meldungen über Unterdrückung durch den Stamm sowie über konfessionellen Protektionismus eingegangen sind. Nichtsdestotrotz hat die starke Präsenz von kriminellen Gruppen und Guerillas einen großen Einfluss auf das Klima der Angst und auf die Verwundbarkeit der christlichen Gemeinden im Land.

7. Sind Frauen und Männer unterschiedlich von Verfolgung betroffen?

Frauen

In Kolumbien kommt es im Rahmen des bestehenden Konfliktes nach wie vor zu sexualisierter Gewalt durch bewaffnete Gruppen. Dabei sind Frauen mit indigenem und afrokolumbianischem Hintergrund besonders gefährdet. Indigene Christinnen, die sich weigern, an den Riten und Bräuchen ihrer indigenen Gemeinschaft teilzunehmen, werden unter Druck gesetzt, von der Gemeinschaft geächtet und beim Zugang zum Gesundheits- und Bildungswesen diskriminiert. In Gebieten, die von Gruppen des organisierten Verbrechens kontrolliert werden, laufen Mädchen Gefahr, vergewaltigt und sexuell belästigt zu werden. Christliche Mädchen geraten dabei wegen ihrer bei ihnen vermuteten sexuellen Reinheit und ihres Gehorsams stärker ins Visier von kriminellen Gruppen.

Männer

Christliche Männer sind einem hohen Maß an Drohungen und Gewalt ausgesetzt, insbesondere in Regionen, die von Gruppen des organisierten Verbrechens kontrolliert werden. Als Haushaltsvorstände müssen sie mit Erpressung und Tod rechnen. Für christliche Männer und Jungen stellen illegale bewaffnete Gruppen eine der größten Bedrohungen dar. Sie werden von ihnen entführt, zwangsrekrutiert und gewaltsam angegriffen; sie werden indoktriniert und zur Teilnahme an den Aktivitäten dieser Gruppen gezwungen. Leiter von Kirchen und Gemeinden sind aufgrund ihrer Tätigkeit besonders gefährdet, vor allem wenn sie sich gegen kriminelle Gruppen aussprechen. In einigen indigenen Gemeinschaften werden männliche Konvertiten unter Druck gesetzt und erleiden körperliche Bestrafung, Ächtung, Drohungen und Zwangsarbeit.

8. Verfolgung anderer religiöser Gruppen

Im Bericht zur internationalen Religionsfreiheit (erstellt im Auftrag des US-Außenministeriums) für das Jahr 2022 heißt es bei Kolumbien: „Nach Angaben der Times of Israel hat sich der Präsidentschaftskandidat Rodolfo Hernández im Juni entschuldigt, nachdem Tonaufnahmen eines Radiointerviews aus dem Jahr 2016 aufgetaucht waren, in denen Hernández, der damalige Bürgermeister von Bucaramanga, sagte, er sei ein Anhänger eines ‚großen deutschen Denkers‘ namens Hitler. In der Entschuldigung stellte Hernández klar, dass er sich auf Albert Einstein bezog.“

9. Gebetsanliegen

Bitte beten Sie für Kolumbien:

  • Beten Sie für den Schutz der Pastoren und Gemeinden, die im Visier von kriminellen Gruppen stehen.
  • Bitten Sie um Weisheit und die Gegenwart des Heiligen Geistes, damit indigene kolumbianische Christen standhaft im Evangelium bleiben können.
  • Beten Sie, dass zwangsrekrutierte christliche Jungen und Mädchen freikommen und dass Kinder und Jugendliche vor Indoktrination, Zwangsrekrutierung und sexualisierter Gewalt beschützt werden.
  • Beten Sie, dass Jesus unter den Guerillas und Drogenbanden wirkt und Menschen dort zum Glauben an ihn kommen.

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