Erfahren Sie mehr über den Weltverfolgungsindex – die Rangliste und der Bericht zu den 50 Ländern, in denen Christen die stärkste Verfolgung erleben.
Kolumbien
Christenverfolgung in Kolumbien
Berichtszeitraum: 1. Oktober 2023 – 30. September 2024
1. Überblick
Einige Leiter von Kirchen und Gemeinden in Kolumbien werden bedroht, erpresst und sogar ermordet – dies ist das Ergebnis des zunehmenden Kampfes um territoriale Kontrolle und der wachsenden Gewalt, welche von Guerillas oder anderen kriminellen Gruppen ausgehen. Dies gilt besonders in den Landesteilen, die am meisten von der Regierung vernachlässigt werden. In den häufigsten Fällen ist die Gewalt gegen Christen die unmittelbare Folge davon, dass Christen die Korruption und Gewalt in Predigten anprangern, sich für Menschenrechte und Umweltschutz einsetzen oder mit Jugendlichen arbeiten, einschließlich denen, die sich von den kriminellen Gruppen ab- und dem christlichen Glauben zugewandt haben. Die Gewalt betrifft auch Christen, die sich im Friedensprozess oder in der humanitären Hilfe engagieren oder sich anderweitig der De-facto-Autorität lokaler krimineller Gruppen widersetzen und so deren kriminelle Aktivitäten gefährden.
In etlichen indigenen Gemeinschaften gibt es signifikanten Widerstand gegen christliche Missionare und christliche Konvertiten indigener Herkunft. Diese müssen in Folge mit Inhaftierung, körperlichem Missbrauch, Drohungen, Schikane und Verweigerung von Grundrechten rechnen.
Die Zunahme des Säkularismus führt zu einer wachsenden Intoleranz gegenüber biblisch begründeten Standpunkten im öffentlichen Raum. Dies gilt besonders bei Themen, die den Lebensschutz, die Familie und Ehe sowie die Religionsfreiheit betreffen. Christen, die in der Öffentlichkeit ihre Überzeugungen und Glaubensansichten zum Ausdruck bringen, wird mitunter vorgeworfen, sie würden andere diskriminieren und Hass verbreiten. Aus diesem Grund entscheiden sich einige Christen für eine Selbstzensur.
Länderprofil als PDF
Das nachfolgende Länderprofil ist ein übersetzter Auszug aus den ausführlichen Berichten von World Watch Research, der Forschungsabteilung von Open Doors. Dieses deutsche Länderprofil finden Sie hier auch als PDF zum Download. Die ausführlichen Berichte in englischer Originalfassung („Background Information“ und „Persecution Dynamics“) finden Sie am Ende dieser Seite.
2. Hintergrund
Kolumbien hat schon jahrzehntelang mit einem korrupten und schwachen Rechtsapparat zu kämpfen. Dadurch konnte sich in weiten Teilen des Landes ein florierendes kriminelles Netzwerk entwickeln, das sich hauptsächlich aus dem illegalen Drogen-, Waffen- und Menschenhandel finanziert. In der Covid-19-Pandemie haben kriminelle Gruppen ihre Kontrolle verstärkt und ihre Macht auf ganze Gebiete ausgeweitet. Dabei bedrohten und griffen sie Kirchen- und Gemeindeleiter an, die sich für den Frieden und gegen kriminelle Aktivitäten einsetzten; aber auch deren Verwandte wurden angegriffen oder bedroht, was typisch für diese Art von Einschüchterungsversuchen ist. Zudem wurden Kirchen ausgeraubt und verwüstet. In ländlichen Gebieten wie Nudo de Paramillo und Catatumbo verlangen bewaffnete Gruppen von den Bewohnern, einschließlich den Christen, dass sie die Informationen auf ihren Mobiltelefonen preisgeben, so etwa die Kontaktdaten und Nachrichten – dies ist eine Form der Überwachung, die Christen und andere in Gefahr bringen kann.
Die Regierungstruppen werden unter anderem von Menschenrechtsorganisationen beschuldigt, mit kriminellen Banden zusammenzuarbeiten oder deren Aktivitäten zu tolerieren, so stellt der Menschenrechtsbericht des US-Außenministeriums für das Jahr 2023 fest. Ferner wird in dem Bericht erklärt, dass das kolumbianische Justizsystem überlastet und ineffizient ist, und dass die Korruption und Einschüchterung von Richtern, Staatsanwälten und Zeugen die Arbeit der Justiz behindern.
Im Juni 2022 wurde Gustavo Francisco Petro Urrego vom sogenannten „Pacto Histórico“ („Historischer Pakt“), einer Koalition aus linken Parteien, für die Legislaturperiode 2022–2026 zum Präsidenten von Kolumbien gewählt. Im seinem 54-seitigen Regierungsprogramm heißt es, dass die Regierung die religiöse Vielfalt schützen wird. Allen Bürgern soll garantiert werden, dass sie die Voraussetzung erhalten, um in Gleichberechtigung und Religionsfreiheit ihre religiöse und spirituelle Orientierung zu praktizieren.
Die größte christliche Konfession in Mexiko ist die römisch-katholische Kirche. Nach Schätzungen der World Christian Database für das Jahr 2024 gehören 88,8 Prozent aller Christen in Kolumbien dieser Kirche an. Protestantische Kirchen und Gruppen erfahren aber kontinuierlichen Zuwachs. Sie sind insbesondere in vielen Großstädten gut sichtbar, wo sogenannte „Megachurches“ mit Tausenden von Gemeindemitgliedern entstanden sind.
Christliche Gemeinden und Kirchen engagieren sich in vielen der ärmeren Gesellschaftsschichten, zum Beispiel im Bildungswesen und bei der Grundversorgung der bedürftigsten Familien. Die katholischen Bischöfe Kolumbiens riefen zur Solidarität auf, um die verschiedenen Krisen des Landes zu bekämpfen. So forderte die Kirche etwa die Regierungen Kolumbiens und Venezuelas auf, die bilateralen Beziehungen wieder aufzunehmen, damit auf die Herausforderungen im Bereich Migration reagiert und für Migranten gesorgt werden kann. Auch hat die Kirche immer wieder zum Frieden aufgerufen. Ebenso machen christliche Netzwerke und Organisationen immer wieder auf die Gründe aufmerksam, die für soziale Krisen in den verschiedenen Teilen der Bevölkerung verantwortlich sind. Auch die sogenannte „Comisión de la Verdad“ („Wahrheitskommission“, CEV) betont in ihrem Bericht die Möglichkeiten, die kirchliche Organisationen bei der innergesellschaftlichen Vermittlung haben, unter anderem beim Wiederaufbau des sozialen Gefüges und der Förderung des Dialogs. Im Rahmen ihrer Handlungsempfehlungen hat diese Kommission die Kirchen und christlichen Gemeinden des Landes aufgerufen, sich auch in Zukunft für eine Kultur des Friedens einzusetzen – ungeachtet der Tatsache, dass dies für Christen oftmals eine besondere Gefahr darstellt.
Gewalt gegen Frauen und Mädchen, insbesondere sexualisierte Gewalt, ist ein weiteres Problem im Land. Durch Drohungen werden die Opfer daran gehindert, die Tat zu melden – mit der Folge, dass die Tragweite des Problems nicht klar erkennbar wird. In mehreren Gebieten des Landes stellt die Zwangsrekrutierung von hauptsächlich männlichen Jugendlichen eine ständige Bedrohung dar. Davon sind auch Christen betroffen. Auch gibt es immer mehr Berichte über den Einsatz sexualisierter Gewalt gegen Männer und Jungen, die von rivalisierenden Gruppen als Mittel der Folter, Einschüchterung und Nötigung genutzt wird. So soll die Kontrolle über bestimmte Bereiche in Konfliktgebieten sichergestellt und ausgeweitet werden.
Weltanschauungen |
Anhänger |
% |
Christen |
49.693.000 |
94,9 |
Muslime |
28.000 |
0,1 |
Hindus |
13.700 |
< 0,1 |
Buddhisten |
2.300 |
< 0,1 |
Anhänger ethnischer Religionen |
337.000 |
0,6 |
Juden |
5.000 |
< 0,1 |
Bahai |
86.300 |
0,2 |
Atheisten |
138.000 |
0,3 |
Agnostiker |
1.525.000 |
2,9 |
Andere |
512.700 |
1,0 |
3. Gibt es regionale Unterschiede?
Durch illegale bewaffnete Gruppen und kriminelle Organisationen erfahren Christen ein hohes Maß an Druck und Gewalt in den Verwaltungsgebieten (oder „Departamentos“) Antioquia, Arauca, Bolívar, Caquetá, Casanare, Cauca, Cesar, Chocó, Córdoba, Guaviare, Meta, Nariño, Norte de Santander, Putumayo, Tolima, Valle del Cauca und Vichada.
Indigene Gemeinschaften haben ihre eigenen traditionellen Bräuche, und es werden diejenigen verfolgt, die die religiösen Praktiken des Stammes aufgeben, einschließlich christlicher Konvertiten. Diese Art der Verfolgung findet sich vor allem in den Departamentos Cauca, Magdalena, Cesar, Huila, Chocó und Boyacá.
Säkulare Intoleranz gegenüber Christen ist bedingt durch die Politik der nationalen Regierung sowie durch gesellschaftliche Ansichten und Tendenzen, die vor allem durch Gruppen mit antireligiösen oder antichristlichen Ideologien gefördert werden. Sie ist überall im Land vorzufinden, besonders in den städtischen Gebieten der Departementos wie Bolívar, Bogotá, Antioquia, Caldas, Risaralda, Quindío, Nariño, Valle del Cauca, Cauca, Boyacá, Santander, Cundinamarca, Tolima und Huila.
4. Was sind die stärksten Triebkräfte der Verfolgung?
Organisiertes Verbrechen und Korruption
Dissidenten der „Fuerzas Armadas Revolucionarias de Colombia“ („Revolutionäre Streitkräfte Kolumbiens“, FARC), Mitglieder des „Ejército de Liberación Nacional“ („Nationalen Befreiungsarmee“, ELN), Drogenkartelle und andere organisierte bewaffnete Gruppen kämpfen um die Kontrolle ganzer Regionen und darum, dort ihre illegalen Aktivitäten fortsetzen zu können. Dies hat dazu geführt, dass Kirchen- und Gemeindeleiter sowie christliche Gruppen zum Opfer von systematischer Überwachung, Entführung, Bedrohung, Erpressung, Zwangsumsiedlung und Tötung geworden sind und ihre Gebäude angegriffen wurden. Derartige Maßnahmen zielen besonders auf die Christen ab, die sich aktiv gegen die Praktiken der organisierten bewaffneten Gruppen wenden, die Menschenrechte vertreten und sogar den Kämpfern dieser Gruppen das Evangelium verkünden. Kirchen- und Gemeindeleiter und andere Christen werden bedroht, wenn sie nicht bereit sind, nationale Streiks zu unterstützen; und sie werden von kriminellen Gruppen zur Teilnahme an solchen Streiks gezwungen, was deren korrupte Aktivitäten und illegalen Geschäfte begünstigt. Auch rächen sich kriminelle Gruppen an früheren Mitgliedern, die aufgrund ihrer Hinwendung zum christlichen Glauben das kriminelle Leben hinter sich gelassen haben.
Unterdrückung durch den Clan oder Stamm
Die Religion ist ein wichtiger Bestandteil der Kultur und Identität indigener Gemeinschaften. Die Einführung von Ideen, die diesen alten, traditionellen Überzeugungen zuwiderlaufen, wird als Bedrohung angesehen. Zu den Strafen, die die örtlichen indigenen Behörden und Stammesführer gegen indigene christliche Konvertiten verhängen, zählen Gefängnisstrafen, Geldstrafen, physische und psychische Misshandlungen, die Verweigerung des Zugangs zu grundlegenden Ressourcen sowie Zwangsarbeit.
Säkulare Intoleranz
Christen sehen sich in zunehmendem Maße verbalen Angriffen, sozialen Anfeindungen und Diskriminierung aufgrund von Intoleranz gegenüber christlichen Überzeugungen und Praktiken ausgesetzt. Eine strenge Auslegung des staatlichen Säkularismus bringt die Religionsfreiheit und das Recht auf Gewissensfreiheit häufig in Konflikt mit dem Recht auf Nichtdiskriminierung – nämlich dann, wenn Meinungsäußerungen, die auf Glaubensüberzeugungen basieren, als ein Verstoß gegen das Recht verstanden werden können, nicht diskriminiert zu werden. Es gibt außerdem das Bestreben, alle Beamten, die offen für ihren Glauben oder ihre Zugehörigkeit zu einer Kirche einstehen, aus ihren Ämtern zu entfernen. Obwohl der Druck auf christliche Amtsträger zugenommen hat, engagieren sich viele Christen weiterhin in der Politik.
Eine vollständige Übersicht aller im Land wirksamen Triebkräfte finden Sie im ungekürzten, englischen Dokument „Persecution Dynamics“.
5. Welche Christen sind von Verfolgung betroffen?
Ausländische Christen und Arbeitsmigranten
Es gibt zwar ausländische Christen in Kolumbien, aber sie werden nicht ausgegrenzt und verfolgt, weshalb ihre Situation beim Weltverfolgungsindex nicht bewertet wurde.
Christen aus traditionellen Kirchen
Die größte traditionelle Kirche in Kolumbien ist die römisch-katholische Kirche. In Gebieten, die von Drogenkartellen und Gruppen des organisierten Verbrechens kontrolliert werden, sind traditionelle Kirchen von Angriffen bedroht. Außerdem kämpfen traditionelle Kirchen mit der zunehmenden Intoleranz gegenüber Religion in der Gesellschaft und mit der Ablehnung öffentlicher Glaubensbekundungen.
Christen anderer religiöser Herkunft (Konvertiten)
Zu dieser Gruppe gehören christliche Konvertiten, die sich von einer christlichen Denomination ab- und einer anderen zuwenden, Konvertiten indigener Herkunft oder Konvertiten, die früher einer Guerillagruppe oder kriminellen Organisation angehört haben. Vor allem in der indigenen Bevölkerung erfahren christliche Konvertiten Druck und Gewalt, weil sie das Glaubenssystem der Mehrheit verlassen haben. Sie erleiden Schikanen, Ausweisung aus der Gemeinschaft, Diskriminierung bei der Nutzung der kommunalen Grundversorgung und andere Formen physischer und psychischer Gewalt. Im Zusammenhang mit der organisierten Kriminalität erhalten christliche Konvertiten mitunter Morddrohungen, was dazu führen kann, dass sie ihre Heimat verlassen müssen.
Christen aus protestantischen Freikirchen
Hierzu gehören hauptsächlich Christen aus Baptisten- und Pfingstgemeinden. Sie erfahren Druck und Gewalt von Gruppen des organisierten Verbrechens. Obwohl von manchen in Kolumbien die Bedeutung der humanitären Hilfe, die diese Freikirchen leisten, anerkannt wird, erhalten diese christlichen Gemeinden nicht die gleichen staatlichen Leistungen wie die traditionellen Kirchen. Wenn sie sich in der Politik engagieren, stoßen sie zudem auf den heftigen Widerstand säkularistischer Interessengruppen. Darüber hinaus können sie sich nicht frei in indigenen Gemeinschaften engagieren, und sie sind Risiken ausgesetzt, wenn sie es doch tun.
6. Wie erfahren Christen Druck und Gewalt?
Betroffene Lebensbereiche und Auftreten von Gewalt
Privatleben
Christen, besonders Konvertiten, sind bei der privaten Ausübung ihres Glaubens in unterschiedlichem Maße Gefahren wie Ablehnung, Belästigung, Drohungen, Einschränkungen und Ausgrenzung ausgesetzt. Sie werden mitunter von ideologischen Interessengruppen angefeindet, wenn sie ihre auf dem christlichen Glauben basierenden Ansichten verteidigen. Zudem sind Christen Verfolgung ausgesetzt, wenn sie sich in indigenen Gemeinschaften oder in Gebieten, die vom organisierten Verbrechen kontrolliert werden, mit anderen Christen treffen.
Familienleben
In Gebieten, die von kriminellen Netzwerken kontrolliert werden, stehen Kinder christlicher Eltern in der Gefahr, von der ELN, FARC oder anderen illegalen Gruppen indoktriniert oder rekrutiert zu werden. Widerstand führt in der Regel zu Schikanen, Gewalt, dauerhafter Trennung von Familienmitgliedern oder Vertreibung aus der Gemeinschaft. In indigenen Gemeinschaften zielt die Schulbildung darauf ab, die kulturelle Identität der ethnischen Gruppe zu bewahren, und christliche Schüler werden gezwungen, an animistischen Handlungen teilzunehmen. Sowohl in indigenen als auch in staatlichen Schulen wird das Recht der Eltern, ihre Kinder nach ihren religiösen Überzeugungen zu erziehen, mitunter durch den Pflichtunterricht verletzt, der genau diesen Überzeugungen zuwiderläuft.
Gesellschaftliches Leben
In einigen indigenen Gemeinschaften werden Christen vom Zugang zu grundlegenden Ressourcen wie Trinkwasser, Bildung und medizinischer Versorgung ausgeschlossen; oder sie werden ganz aus der Gemeinschaft und ihren Familien verbannt. Sie werden von der Gemeinschaft auch dazu gedrängt, Beiträge (in der Regel Geld oder landwirtschaftliche Erzeugnisse) für religiöse Praktiken zu leisten, die in Verbindung zur Ahnenverehrung und zum Animismus stehen. Kriminelle Gruppen erpressen von Christen oft Geldzahlungen, wobei Leiter von Kirchen und Gemeinden besonders davon betroffen sind. Wenn sie sich weigern zu zahlen, kann dies zu Gewalt führen oder das Risiko erhöhen, dass sie vertrieben oder ihre Kinder zwangsrekrutiert werden.
Leben im Staat
In indigenen Gemeinschaften bleiben Übergriffe gegen Christen oft ungestraft. Dies ist der Fall, weil die indigenen Bräuche verfassungsrechtlich geschützt sind; außerdem sind die Stammesführer (häufig gleichzeitig die religiösen Autoritätspersonen im Stamm) sowohl Anstifter von Gewalt gegen Christen als auch diejenigen, denen die Rechtsprechung in ihrem Stamm unterstellt ist. Da die indigenen Gemeinschaften weitgehend ihre Gerichtsbarkeit selbst organisieren dürfen, können Stammesführer mit großer Autonomie gegen Christen vorgehen, und betroffene Christen können sich nicht an staatliche Gerichte wenden. In vielen Gebieten haben kriminelle Gruppen de facto die Macht inne. Auch dort können Christen ihre Rechte, einschließlich des Rechts auf freie Meinungsäußerung und auf Bewegungsfreiheit, nicht in vollem Umfang wahrnehmen; sie sind diesen illegalen Gruppen ausgeliefert, die häufig straffrei handeln. Hinzu kommt, dass sich die Gesellschaft zunehmend intolerant gegenüber öffentlichen Äußerungen des christlichen Glaubens verhält. Christen werden so in ihrer freien Meinungsäußerung und ihrem Recht auf Verweigerung des Kriegsdienstes eingeschränkt. Außerdem werden Christen beschuldigt, „Diskriminierer“ und „menschenrechtsfeindlich“ zu sein.
Kirchliches Leben
Kirchen und Gemeinden werden häufig zum Ziel von Bedrohungen durch kriminelle Gruppen, indigene Anführer und ideologische Interessengruppen. Christliche Leiter und ihre Familien werden in indigenen Gemeinschaften besonders schikaniert, und christliche Aktivitäten sind in der Regel verboten. In Gebieten, die von kriminellen Gruppen kontrolliert werden, sind ebenfalls gerade christliche Leiter und ihre Familien die häufigsten Opfer von Gewalt, Überwachung und Einschränkungen der Bewegungsfreiheit. Dies gilt insbesondere dann, wenn sie sich für die Menschenrechte, die Umwelt, die Umsetzung des Friedensabkommens oder die Eindämmung des Kokaanbaus einsetzen oder unter Jugendlichen arbeiten. In einigen der von kriminellen Gruppen kontrollierten Gebiete sind die Kinder von Pastoren in besonderem Maße Ziel von Menschenhandel, Zwangsrekrutierung oder Vergewaltigung. So sollen Pastoren eingeschüchtert und von der Fortsetzung ihres Dienstes abgehalten werden. Teile der Gesellschaft betrachten zunehmend kritisch die christliche Lehre in Bezug auf den Schutz von Ehe und Familie sowie die Art und Weise, wie sich die Kirchen in der Öffentlichkeit engagieren.
Beispiele für das Auftreten von Gewalt
Im Juni 2024 wurde im Departamento Norte de Santander der Pater Ramón Montejo von zwei Männern ermordet. Diese stachen auf ihn ein, als er zu einem Gemeindebesuch unterwegs war. Nachdem sich der Pater zur Wehr setzte, überfuhren sie ihn mit seinem eigenen Fahrzeug und ließen seine Leiche auf der Straße liegen. Der Priester war ein Delegierter der diözesanen Kommission für Versöhnung und Frieden und leistete auch humanitäre Dienste zur Unterstützung des Friedens in der Region.
Im April 2024 wurde Ramiro Flórez, der im Departamento Bolívar als Richter und Pastor tätig ist, für 15 Jahre von der Ausübung aller öffentlichen Ämter ausgeschlossen. Flórez hatte im Jahr 2020 als Richter die Eheschließung zweier Frauen verweigert und sich dabei auf persönliche Gewissensgründe sowie auf die christliche Moral und die religiösen Grundsätze berufen. Das Paar lehnte es ab, ihre Eheschließung bei einem anderen Richter eintragen zu lassen, obwohl sie die Möglichkeit dazu gehabt hätten. Danach war ein langwieriges Gerichtsverfahren gegen Flórez anhängig, das mit der Entscheidung der nationalen Kommission für richterliche Disziplinarmaßnahmen über seine Entlassung und Disqualifizierung endete.
Im März 2024 ordneten Stammesführer im Departamento Cesar eine Woche Haft gegen vier Christen an. Diese Christen hatten eine evangelikale Kirche im Bezirk besucht. Die Gefangenschaft folgte einer traditionellen Haftform, und so wurde den Gefangenen erst nach einigen Tagen teilweise Nahrung gegeben, um sie einzuschüchtern, damit sie ihrem Glauben abschwören. Außerdem wurden diese Christen von der Stammesgemeinschaft schikaniert, weil sie beschuldigt werden, die Ursache für die Verarmung des Landes zu sein.
7. Entwicklung in den letzten 5 Jahren
Jahr |
Platzierung |
Punktzahl |
2025 |
46 |
66 |
2024 |
34 |
68 |
2023 |
22 |
71 |
2022 |
30 |
68 |
2021 |
30 |
67 |
Die Gesamtpunktzahl Kolumbiens sank um zwei Punkte. Dies ist in erster Linie auf einen Rückgang der Gewalttaten zurückzuführen, weshalb auch der Wert für Gewalt entsprechend von 14,1 auf 12,6 Punkte gesunken ist. Es wurden weniger Fälle registriert, in denen Christen aus Glaubensgründen getötet wurden. Diese Entwicklung geschah vor dem Hintergrund der Aufnahme und des anschließenden Scheiterns von Verhandlungen zwischen den wichtigsten Guerillagruppen und der Regierung. Auch im Privatleben sowie im familiären und gesellschaftlichen Leben war ein Rückgang des Drucks zu verzeichnen. Dies ist darin begründet, dass weniger Vorfälle registriert wurden, bei denen Christen aus Glaubensgründen von ihrem Stamm unterdrückt wurden. Gleichzeitig bleibt die Art und Weise und das Ausmaß, wie indigene Christen in ihren Stämmen Verfolgung erfahren, besorgniserregend. Obwohl die Gesamtpunktzahl also einen Rückgang verzeichnet, hat sich das Ausmaß an Gewalt und säkularer Intoleranz, von denen Christen im Land betroffen sind, nicht wesentlich verändert. So kann die Entwicklung der Punktzahl auch nicht als dauerhafte Verbesserung angesehen werden.
8. Sind Frauen und Männer unterschiedlich von Verfolgung betroffen?
Frauen
In Kolumbien kommt es im Rahmen des bestehenden Konfliktes nach wie vor zu sexualisierter Gewalt durch bewaffnete Gruppen. Dabei sind Frauen mit indigenem und afrokolumbianischem Hintergrund besonders gefährdet. Indigene Christinnen, die sich weigern, an den Riten und Bräuchen ihrer indigenen Gemeinschaft teilzunehmen, werden unter Druck gesetzt, von der Gemeinschaft geächtet und beim Zugang zum Gesundheits- und Bildungswesen diskriminiert. In den Gebieten, die von Banden kontrolliert werden, werden manche Mädchen mit teuren Geschenken verführt oder unter Androhung des Todes von ihren Eltern oder Brüdern „gekauft“ – denn manche kriminellen Anführer wollen für sich sexuell reine Mädchen, weshalb christliche Mädchen und deren Familien ins Visier der Banden und unter Druck geraten.
Männer
Christliche Männer sind einem hohen Maß an Drohungen und Gewalt ausgesetzt, insbesondere in Regionen, die von Gruppen des organisierten Verbrechens kontrolliert werden. Als Haushaltsvorstände müssen sie mit Erpressung und Tod rechnen. Für christliche Männer und Jungen stellen illegale bewaffnete Gruppen eine der größten Bedrohungen dar. Sie werden von ihnen entführt, zwangsrekrutiert und gewaltsam angegriffen; sie werden indoktriniert und zur Teilnahme an den Aktivitäten dieser Gruppen gezwungen. Leiter von Kirchen und Gemeinden sind aufgrund ihrer Tätigkeit besonders gefährdet, vor allem wenn sie sich gegen kriminelle Gruppen aussprechen. In einigen indigenen Gemeinschaften werden männliche Konvertiten unter Druck gesetzt und erleiden körperliche Bestrafung, Ächtung, Drohungen und Zwangsarbeit.
9. Verfolgung anderer religiöser Gruppen
Im Bericht zur internationalen Religionsfreiheit 2023 schreibt das US-Außenministerium zu Kolumbien: „Ein Polizeibeamter aus der Stadt Bucaramanga und Anhänger des LaVeyan-Satanismus klagte auf das Recht, sein Haar lang zu tragen, weil dazu die LeVeyan-Bibel seiner Meinung nach die Anhänger ermutigt. Im Oktober wies das 10. Verwaltungsgericht von Bucaramanga die Klage ab, mit der Begründung, dass das Recht auf freie Meinungsäußerung nicht immer geschützt werden könne; das Gericht berief sich dabei auf eine entsprechende Verordnung zur Uniformierung. [...]
Nach dem Terroranschlag der Hamas auf Israel nutzte Präsident Petro mehrfach die sozialen Medien, um das Vorgehen der israelischen Regierung mit dem des Nazi-Regimes zu vergleichen. Die CJCC [‚Confederación de Comunidades Judías de Colombia‘ bzw. ‚Verband jüdischer Gemeinden Kolumbiens‘] kritisierte Präsident Petros Beiträge in den sozialen Medien scharf, weil darin der Angriff der Hamas nicht verurteilt worden war, und bezeichnete den Vergleich mit dem Nazi-Regime als ‚schändlich‘. [...]
Nach dem Terroranschlag der Hamas auf Israel meldete die CJCC eine Zunahme antisemitischer Kommentare und Aufrufe zur Ausweisung von Juden in den sozialen Medien. Unbekannte malten außerdem antisemitische Graffitis an mehreren Orten in Bogotá, auch in der Nähe der israelischen und US-amerikanischen Botschaft. [...] Am 17. Oktober versuchten zwei Personen, in die Abou-Bakr-al-Siddiq-Moschee in Bogotá einzubrechen. Sie verursachten leichte Schäden an der Außenfassade des Gebäudes. Zeugen sagten, die Täter hätten die Muslime aufgefordert, das Land zu verlassen, weil sie ‚nur hier seien, um Probleme zu verursachen‘.“
10. Gebetsanliegen
Bitte beten Sie für Kolumbien:
- Beten Sie für den Schutz der Pastoren und Gemeinden, die im Visier von kriminellen Gruppen stehen.
- Bitten Sie um Weisheit und die Gegenwart des Heiligen Geistes, damit indigene kolumbianische Christen standhaft im Evangelium bleiben können.
- Beten Sie, dass zwangsrekrutierte christliche Jungen und Mädchen freikommen und dass Kinder und Jugendliche vor Indoktrination, Zwangsrekrutierung und sexualisierter Gewalt beschützt werden.
- Beten Sie, dass Jesus unter den Guerillas und Drogenbanden wirkt und Menschen dort zum Glauben an ihn kommen.