Weltverfolgungsindex 2025

Turkmenistan

Christenverfolgung in Turkmenistan

Berichtszeitraum: 1. Oktober 2023 – 30. September 2024

1. Überblick

Turkmenistan ist ein totalitärer Staat. Die Behörden überwachen einzelne Christen und religiöse Gruppen (wie auch die übrige Gesellschaft) konstant und erlegen ihnen Beschränkungen auf. Selbst Gottesdienste der russisch-orthodoxen und der armenisch-apostolischen Kirchen, die traditionellen Kirchen in der Region, können von der Überwachung betroffen sein. Das Drucken und die Einfuhr von christlichen Schriften sind stark eingeschränkt. Christliche Konvertiten muslimischer Herkunft erleiden die schwersten Verletzungen ihrer Rechte, sowohl durch den Staat als auch durch die Familie und Gesellschaft.

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Das nachfolgende Länderprofil ist ein übersetzter Auszug aus den ausführlichen Berichten von World Watch Research, der Forschungsabteilung von Open Doors. Dieses deutsche Länderprofil finden Sie hier auch als PDF zum Download. Die ausführlichen Berichte in englischer Originalfassung („Background Information“ und „Persecution Dynamics“) finden Sie am Ende dieser Seite.

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2. Hintergrund

Turkmenistan erlangte 1991 im Zuge des Zusammenbruchs der Sowjetunion seine Unabhängigkeit. Der Präsident ist Staatsoberhaupt und Regierungschef zugleich. Echte Oppositionsparteien sind nicht zugelassen. Trotz des Reichtums an Bodenschätzen im Land sind Arbeitslosigkeit und Armut weitverbreitet. In Turkmenistan gibt es ein System von Zwangsarbeitslagern, in denen Tausende von Menschen unter entsetzlichen Bedingungen inhaftiert sind.

Obwohl die Verfassung die Republik als säkularen Staat ausweist und Religionsfreiheit vorsieht, ist der sunnitische Islam die Hauptreligion. Doch die meisten Turkmenen folgen eher den Traditionen als den Lehren des Islam. Die Regierung hat die Religionen streng reglementiert: So ernennt der Staat zum Beispiel muslimische Geistliche, überwacht und diktiert die Religionsausübung und bestraft Abweichler durch Inhaftierung, Folter und administrative Schikanen.

Laut World Christian Database gibt es neben der Hauptreligion des Islam auch eine nennenswerte Minderheit von Agnostikern und Atheisten in Turkmenistan. Sie sind vor allem in der Hauptstadt Aschgabat und anderen Großstädten anzutreffen.

Die kleine christliche Minderheit ist aufgrund vieler Spaltungen und der geringen Zusammenarbeit zwischen den Konfessionen geschwächt; dies spielt der Regierung in die Hände. Nach Angaben der World Christian Database waren im Jahr 2024 die russisch-orthodoxe Kirche und die armenisch-apostolische Kirche die größten offiziellen Konfessionen in Turkmenistan. Protestanten werden aufgrund ihrer religiösen Aktivitäten außerhalb staatlich kontrollierter Strukturen häufig als „Extremisten“ gebrandmarkt.

Im Bericht zur internationalen Religionsfreiheit 2023 schreibt das US-Außenministerium über Turkmenistan: „Das Gesetz schreibt vor, dass alle religiösen Organisationen beim Justizministerium eine Neuregistrierung beantragen müssen, wenn sich ihre Adresse oder ihre Satzung ändert; das betrifft auch diejenigen Organisationen, die zuvor bereits registriert waren. Eine Registrierung erlaubt das Gesetz nur für religiöse Organisationen, die mindestens 50 Mitglieder über 18 Jahren haben – eine Anforderung, die es in ähnlicher Weise auch für zivile Vereinigungen gibt. [...] Nicht registrierte religiöse Organisationen beziehungsweise nicht registrierte Tochtergemeinden von registrierten religiösen Organisationen dürfen keine religiösen Aktivitäten durchführen, keine Gebetsstätten einrichten, sich nicht zu Gottesdiensten versammeln, auch nicht in Privatwohnungen, kein religiöses Material herstellen oder verbreiten und keine Missionierung betreiben. Jede derartige Aktivität wird als Ordnungswidrigkeit mit Geldstrafen zwischen 100 und 2.000 Manat (etwa 570 US-Dollar) geahndet, wobei die Geldstrafen für Leiter der Organisationen höher und für Mitglieder niedriger ausfallen.“

Schließlich wurde Turkmenistan im Jahr 2024 von der US-Kommission für internationale Religionsfreiheit (USCIRF) als sogenanntes „besonders Besorgnis erregendes Land“ eingestuft, mit folgender Begründung: „Im Jahr 2023 waren die Bedingungen für die Religionsfreiheit in Turkmenistan weiterhin schlecht. Immer noch kontrolliert die Regierung streng alle Aspekte des religiösen Lebens und brachte Personen, die sich dem nicht unterwarfen, vor Gericht. [...] Turkmenistan ist nach wie vor eines der repressivsten Länder der Welt, wodurch es erschwert wird, die Verletzungen der Religionsfreiheit zu dokumentieren. Der Staat hat seinen Bürgern praktisch alle politischen und bürgerlichen Rechte entzogen. Aktivisten, die sich für die Zivilgesellschaft einsetzen, werden wegen ihrer Arbeit und ihrer vermeintlichen Kritik an den Behörden inhaftiert.“

Die Christen in Turkmenistan müssen äußerst vorsichtig vorgehen. Polizei und Geheimdienste überwachen ständig ihre Aktivitäten. Für ausländische Christen ist es sehr schwierig, Turkmenistan zu besuchen, ob als Touristen oder in irgendeiner anderen Funktion. Und umgekehrt werden turkmenische Bürger daran gehindert, Christen in anderen Ländern zu besuchen; Ausreisevisa sind erforderlich und werden häufig verweigert.

Weltanschauungen

Anhänger

%

Christen

164.000

2,5

Muslime

6.165.000

93,4

Buddhisten

970

< 0,1

Anhänger ethnischer Religionen

1.100

< 0,1

Juden

510

< 0,1

Bahai

1.500

< 0,1

Atheisten

50.100

0,8

Agnostiker

214.000

3,2

Andere

820

< 0,1

3. Gibt es regionale Unterschiede?

Überall im Land kommt es durch Regierungsbeamte zu Verletzungen der Rechte von Christen. Der Druck von Familie und dem sozialen Umfeld auf christliche Konvertiten muslimischer Herkunft ist in ländlichen Gebieten stärker.

4. Was sind die stärksten Triebkräfte der Verfolgung?

Diktatorische Paranoia

Nur staatlich kontrollierte Institutionen sind erlaubt. Protestanten werden aufgrund ihrer religiösen Aktivitäten außerhalb staatlich kontrollierter Strukturen häufig als „Extremisten“ gebrandmarkt. Die Regierung sieht in den Protestanten eine Bedrohung des politischen Status quo und damit als Personen, die es zu kontrollieren und zu unterdrücken gilt.

Islamische Unterdrückung, gemischt mit Unterdrückung durch den Clan oder Stamm

Christliche Konvertiten muslimischer Herkunft sind häufig dem Druck und der körperlichen Gewalt ihrer Familien und der Dorfgemeinschaft ausgesetzt, die dadurch versuchen, sie zur Rückkehr zum Islam zu zwingen. Einige christliche Konvertiten müssen mit Hausarrest oder Ausschluss aus ihren Dorfgemeinschaften rechnen. Daher versuchen viele, ihren Glauben geheim zu halten.

Eine vollständige Übersicht aller im Land wirksamen Triebkräfte finden Sie im ungekürzten, englischen Dokument „Persecution Dynamics“.

5. Welche Christen sind von Verfolgung betroffen?

Christen aus traditionellen Kirchen

Die russisch-orthodoxe Kirche hat sich an die von der Regierung gesetzten Einschränkungen angepasst und wird daher mehr oder weniger in Ruhe gelassen. Ihre Gottesdienste werden zwar gelegentlich überwacht, können aber ungehindert durchgeführt werden. Der Druck und die Einfuhr von christlichen Schriften sind jedoch stark eingeschränkt.

Christen anderer religiöser Herkunft (Konvertiten)

Christliche Konvertiten muslimischer Herkunft erfahren durch den Staat die Verletzung ihrer Religionsfreiheit und erleben starken Druck von ihrer Familie und ihrem sozialen Umfeld.

Christen aus protestantischen Freikirchen

Zu den Christen aus protestantischen Freikirchen gehören baptistische, evangelikale und pfingstkirchliche Gruppen. Abgesehen von den christlichen Konvertiten erfahren diese Gemeinden die stärksten Verletzungen ihrer Rechte aufgrund ihres Glaubens. Dazu zählen Razzien, Drohungen, Verhaftungen und Geldstrafen, insbesondere dann, wenn die Kirchen nicht registriert sind.

6. Wie erfahren Christen Druck und Gewalt?

Betroffene Lebensbereiche und Auftreten von Gewalt

Die Summe der Wertungen aller sechs Bereiche (die maximale Punktzahl beträgt jeweils 16,7) ergibt die Gesamtpunktzahl und somit die Platzierung auf dem Weltverfolgungsindex. Das Verfolgungsmuster zeigt das Ausmaß von Druck und Gewalt, welche durch das Zusammenwirken der Triebkräfte hervorgerufen werden.

Privatleben 14.3
Familienleben 12.3
Gesellschaftliches Leben 13.6
Leben im Staat 13.9
Kirchliches Leben 15.3
Auftreten von Gewalt 1.5

Privatleben

Die Einfuhr und Herstellung religiöser Schriften werden von der Regierung streng kontrolliert. Es ist gefährlich, privat im Besitz christlicher Schriften zu sein; der Besitz gilt als Beweis für einen Glaubenswechsel, der als Verrat an Familie und Kultur angesehen wird. Familie und soziales Umfeld reagieren auf die Hinwendung zum christlichen Glauben oft mit sozialem Druck, wirtschaftlicher Ausgrenzung oder sogar mit Gewalt.

Familienleben

Kinder von christlichen Konvertiten werden von der muslimisch dominierten Gesellschaft unter immensen Druck gesetzt. Das geschieht etwa durch den Islamunterricht, an dem sie auch gegen den Willen ihrer Eltern teilnehmen müssen. Auch werden Kinder von christlichen Konvertiten und von Protestanten vom sozialen Umfeld häufig ausgegrenzt, um sie zur Rückkehr zum Islam zu zwingen.

Gesellschaftliches Leben

Christliche Konvertiten werden von der Familie und der Gemeinschaft (darunter auch örtliche islamische Autoritätspersonen) bedroht, um sie dazu zu bringen, ihren christlichen Glauben aufzugeben. Christen aus nicht registrierten protestantischen Gruppen werden sowohl von Mitgliedern ihres sozialen Umfelds als auch den staatlichen Behörden überwacht und schikaniert, weil man sie beschuldigt, das Evangelium weiterzugeben; dazu gehören Drohungen, Diskriminierung, Einschränkungen und Geldstrafen. Die Übergriffe reichen bis hin zu staatlich organisierten Razzien, die in der Regel auf Betreiben lokaler muslimischer Informanten durchgeführt werden.

Leben im Staat

Die Feindseligkeit der turkmenischen Gesellschaft gegenüber Christen kann sich auf einen großen und Christen feindlich gesinnten Staatsapparat stützen. Der Staat versucht, der Bevölkerung eine gesellschaftliche und damit auch religiöse Einheitlichkeit aufzuzwingen. Das Religionsgesetz sieht ein Verbot nicht registrierter religiöser Organisationen vor und untersagt religiöse Bildungsmaßnahmen außerhalb der staatlichen Einrichtungen. Das Regime zensiert Christen, kontrolliert die Medien und verbietet Oppositionsparteien.

Kirchliches Leben

Für nicht registrierte Kirchen ist die Erlangung eines Rechtsstatus praktisch unmöglich. Alle registrierten Kirchen müssen sich nach dem Gesetz alle drei Jahre neu registrieren lassen – ein kompliziertes und zeitaufwendiges Verfahren. Kirchen, vor allem protestantische, haben oftmals Schwierigkeiten, Gebäude zu finden, weil Vermieter Christen ablehnen.

Beispiele für das Auftreten von Gewalt

Christen werden regelmäßig von Beamten des Geheimdienstes befragt und gezwungen, Einzelheiten über das geistliche Leben ihrer Gemeinde preiszugeben.

Mindestens 500 Christen waren im Berichtszeitraum des Weltverfolgungsindex 2025 körperlicher oder psychischer Gewalt ausgesetzt. Bei den meisten gemeldeten Fällen handelt es sich um Gewalt gegen christliche Konvertiten in ihrem familiären Umfeld. Dabei kam es unter anderem zu Schlägen und Zwangsisolation.

Quellen aus dem Land berichteten, dass das Geschäft eines Pastors aufgrund konstruierter Anschuldigungen gegen ihn zwangsweise geschlossen wurde.

Ein anderer Pastor wurde gezwungen, aufgrund fingierter Anklagen gegen ihn das Land vorübergehend zu verlassen.

7. Entwicklung in den letzten 5 Jahren

Jahr

Platzierung

Punktzahl

2025

29

71

2024

29

70

2023

26

70

2022

25

69

2021

23

70

Der Gesamtwert für Turkmenistan ist auf dem Weltverfolgungsindex 2025 weniger als ein Punkt höher als im Vorjahr. Die Verfolgungssituation ist im Wesentlichen unverändert, mit nur geringfügigen Veränderungen in einigen Lebensbereichen sowie im Blick auf die Gewalt im Land.

8. Sind Frauen und Männer unterschiedlich von Verfolgung betroffen?

Frauen

Der gesetzliche Schutz von Frauen in Turkmenistan ist nach wie vor lückenhaft, auch in Bezug auf häusliche Gewalt. In der islamisch geprägten Kultur ist die Frau dem Mann untergeordnet. Christliche Konvertitinnen sind besonders von Schlägen, Hausarrest, Beschimpfungen, Drohungen, Ablehnung, Entführung und Zwangsheirat bedroht. Frauen und Mädchen sind nach wie vor von sexueller Belästigung und Vergewaltigung bedroht, zeigen die Fälle jedoch aufgrund von Stigmatisierung und Scham selten an, und den Tätern wird häufig Straffreiheit gewährt. Der Missbrauch von Frauen wird zur Einschüchterung und Bedrohung ihrer Ehemänner, Familien und Kirchen eingesetzt.

Männer

In der Regel übernehmen Männer die Führungsaufgaben in den Familien und Kirchen. Folglich wirkt sich die gegen Männer gerichtete Verfolgung auf ihre Familien und Kirchengemeinden aus und verursacht Angst, Verzweiflung und finanzielle Nöte. Staatlichen Behördenmitarbeitern ist jeder Vorwand recht, um christliche Männer zu bestrafen; und besonders diejenigen in Führungspositionen werden von ihnen unter Druck gesetzt. Christliche Leiter haben es schwer, Aus- und Fortbildungen zu besuchen, denn für alle Formen von religiöser Bildung gelten strenge Auflagen. Beim obligatorischen Militärdienst sind Christen Diskriminierung, Intoleranz und Verfolgung ausgesetzt. Auf gesellschaftlicher Ebene erleben Christen, dass Muslime ihre Geschäftstätigkeiten behindern. Christliche Konvertiten werden darüber hinaus belästigt, verhört, diskriminiert, bloßgestellt und geschlagen.

9. Verfolgung anderer religiöser Gruppen

Die Diskriminierung und Verfolgung der Regierung konzentriert sich nicht auf eine bestimmte religiöse Gruppe. Muslime, Christen, Zeugen Jehovas, Juden, Bahai leiden alle unter einem hohen Maß an staatlicher Überwachung und Unterdrückung.

Laut der US-Kommission für internationale Religionsfreiheit (USCIRF) von 2024 bleiben „Muslime offiziell unter dem Vorwand der nationalen Sicherheit inhaftiert, obwohl der tatsächliche Haftgrund vielmehr ihre Gesinnung ist und sie nur friedlichen religiösen Aktivitäten nachgegangen sind. USCIRF zählt mindestens neun Gefangene, die aus Gründen der Religions- oder Weltanschauungsfreiheit eine Haftstrafe zwischen 12 und 15 Jahren erhalten haben. Dabei wird die tatsächliche Zahl vermutlich noch höher liegen. [...] Die Regierung hat Zeugen Jehovas immer noch nicht erlaubt, sich registrieren zu lassen. Eine Wehrdienstverweigerung aus Gewissensgründen und ein alternativer Zivildienst wird nicht ermöglicht. Zwar waren im Jahr 2023 keine Zeugen Jehovas inhaftiert, die Zeugen Jehovas berichteten jedoch von fast einem Dutzend Fällen, in denen die Polizei ihre Anhänger kurzzeitig festhielt, befragte oder ihnen befahl, nicht mit anderen über ihren Glauben zu sprechen.“

10. Gebetsanliegen

Bitte beten Sie für Turkmenistan:

  • Beten Sie um Schutz der Gemeinden vor Razzien.
  • Beten Sie für Gemeindeleiter, die aufgrund ihres Glaubens verhaftet und inhaftiert wurden: dass Jesus sie stärkt und ermutigt und dass sie schnell freigelassen werden und zu ihren Familien und Gemeinden zurückkehren können.
  • Beten Sie für Christen muslimischer Herkunft um Bewahrung vor körperlicher Gewalt durch ihr soziales Umfeld – und dass sie trotz des Drucks von Familie und Umfeld an Jesus festhalten.
  • Bitten Sie Jesus Christus, die Herzen der Regierenden in Turkmenistan zu erreichen, damit sie sich für das Evangelium öffnen.

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