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Mauretanien
Christenverfolgung in Mauretanien
Berichtszeitraum: 1. Oktober 2022 – 30. September 2023
Überblick
Christliche Konvertiten muslimischer Herkunft stoßen in ihren eigenen Familien und in der Gesellschaft auf heftigen Widerstand. Dieses restriktive Umfeld macht es ihnen unmöglich, öffentlich Gottesdienste abzuhalten. Jede öffentliche Glaubensbekundung von nicht mauretanischen Christen, einschließlich Migranten aus Subsahara-Afrika und Asien, birgt zudem die Gefahr, als versuchte Missionierung von Muslimen verstanden zu werden; dies kann zu Verhaftung und Ausweisung führen.
Länderprofil als PDF
Das folgende Länderprofil ist ein übersetzter Auszug aus dem Country Dossier von World Watch Research, der Forschungsabteilung von Open Doors. Das vollständige Dossier auf Englisch sowie das gekürzte Länderprofil auf Deutsch (beides als PDF) finden Sie hier zum Download.
1. Hintergrund
Obwohl Mauretanien reich an Bodenschätzen ist, ist das Land eines der ärmsten der Welt. Die Kultur ist im Kern traditionell und stammesbezogen geprägt. Die Praxis der Sklaverei wird fortgeführt. Sie ist eine der Hauptursachen für die soziale Spaltung und Feindseligkeit zwischen der Gruppe der „Bidhan“ mit arabisch-berberischer Abstammung und der Gruppe der „Haratin“, die hauptsächlich ethnische Afrikaner sind und oftmals immer noch unter sklavenähnlichen Bedingungen arbeiten müssen. Nahezu die gesamte politische und wirtschaftliche Macht liegt in den Händen der Bidhan, was bedeutet, dass die Mehrheit der Gesellschaft (etwa 70 Prozent) stark marginalisiert bleibt.
Gewalttätige islamistische Kämpfer sind vor allem in den östlichen Grenzregionen des Landes aktiv. Entführungen durch militante oder andere kriminelle Gruppen sind im ganzen Land ein Risiko, insbesondere für Ausländer, wobei der Westen des Landes um die Hauptstadt Nouakchott im Allgemeinen sicherer ist.
Der vollständige Name des Landes lautet Islamische Republik Mauretanien. Die meisten Mauretanier sind sunnitische Muslime. Die Regierung lehnt jede Art von Missionierung ab, und ihre Feindseligkeit gegenüber christlichen Konvertiten mit muslimischem Hintergrund ist groß. Theoretisch wird Apostasie (Glaubensabfall vom Islam) mit der Todesstrafe geahndet, allerdings sind in den letzten Jahren keine Fälle bekannt geworden, in denen dies umgesetzt wurde. Das Pressegesetz verbietet laut der christlichen Hilfsorganisation „Middle East Concern“ den Druck, die Verteilung und die Einfuhr von nicht islamischen religiösen Materialien, obwohl der private Besitz nicht illegal ist.
Die meisten Christen im Land sind Ausländer und kommen hauptsächlich aus den benachbarten afrikanischen Ländern südlich der Sahara wie zum Beispiel aus dem Senegal und Guinea-Bissau. Sie verfügen über eine eingeschränkte Religionsfreiheit und können an Gottesdiensten teilnehmen, allerdings nur in dafür ausgewiesenen Einrichtungen. Jegliche Kontaktaufnahme mit Mauretaniern, die alle Muslime sein sollen, ist strengstens untersagt. Nach Angaben der World Christian Database ist die Mehrheit der Christen in Mauretanien römisch-katholisch.
Die Zahl der mauretanischen Konvertiten, die den Islam verlassen und den christlichen Glauben angenommen haben, bleibt gering. Sie stehen unter extrem hohem Druck durch Familie, Gesellschaft und Staat.
Weltanschauungen | Anhänger | % |
Christen | 11.100 | 0,2 |
Muslime | 4.994.000 | 99,3 |
Anhänger ethnischer Religionen | 19.400 | 0,4 |
Bahai | 490 | < 0,1 |
Atheisten | 420 | < 0,1 |
Agnostiker | 4.800 | 0,1 |
2. Gibt es regionale Unterschiede?
Die Stammes- und Familienbeziehungen sind in ländlichen Gebieten besonders eng, aber selbst in der Hauptstadt Nouakchott kann der Druck auf christliche Konvertiten hoch sein. „Al-Qaida im islamischen Maghreb“ und die „Bewegung für Einheit und Dschihad in Westafrika“ sind besonders in den östlichen Grenzregionen des Landes aktiv und stellen dort eine Bedrohung für die Christen dar.
3. Was sind die stärksten Triebkräfte der Verfolgung?
Islamische Unterdrückung
Dies ist die wichtigste Triebkraft der Verfolgung in Mauretanien. Mauretanien ist eine islamische Präsidialrepublik; der Islamismus ist die vorherrschende politische Ideologie im Lande. Nichtmuslime erfahren Einschüchterungen und Verfolgung, insbesondere durch islamische Gruppen. Zahlreiche Mauretanier haben sich gewalttätigen islamisch-extremistischen Milizen angeschlossen, sowohl in der nordafrikanischen Region als auch in Syrien und im Irak. Während die Regierung auf der einen Seite versucht, die islamische Militanz zu bekämpfen, bietet sie gleichzeitig wahhabitischen und anderen islamisch-extremistischen Bewegungen wie der Muslimbruderschaft eine öffentliche Plattform. Christliche Konvertiten muslimischer Herkunft tragen die Hauptlast der Verfolgung, da ihr neuer Glaube von ihren Familien und der Gesellschaft nicht toleriert wird.
Unterdrückung durch den Clan oder Stamm, gemischt mit ethnisch-religiöser Feindseligkeit
Spannungen aufgrund von Stammesdenken und von Rassismus sind eng miteinander verwoben in diesem sehr konservativen und traditionellen Land. Wenn sich ein Muslim dem christlichen Glauben zuwendet, hat er nicht nur Angst vor dem Druck seitens der Familie und der Regierung, sondern auch vor der Schande, die die gesamte Stammesgruppe oder Ethnie empfindet – denn dies führt zu weiterer Verfolgung. Das Problem der Sklaverei im Land, das mit der ethnischen Zugehörigkeit zusammenhängt, hat ebenfalls zu Verfolgung geführt, da die Verfechter der Sklaverei argumentieren, diese sei vom Islam gebilligt; und die Kampagne gegen Sklaverei hat eine feindselige Reaktion von Islamisten im Land ausgelöst. Christen aus Subsahara-Afrika, die im Land leben, sind einer Mischung aus religiöser und rassistischer Diskriminierung ausgesetzt.
Organisiertes Verbrechen und Korruption
Sowohl Stammeszugehörigkeit als auch religiöse und persönliche Beziehungen sind in der mauretanischen Gesellschaft sehr wichtig. Vetternwirtschaft, Klientelismus und andere Formen der Korruption sind weit verbreitet, auch innerhalb der Regierung. Kampagnen gegen die Korruption haben sich bisher nur auf Randfiguren konzentriert. Journalisten, die über Korruption im Zusammenhang mit staatlichen Behörden recherchieren, werden eingeschüchtert, inhaftiert und der Verleumdung beschuldigt, wie der „Bertelsmann Transformation Index“ berichtet. Die Mächtigen, die Verbindungen zur Armee und zur Regierung haben, können sich bereichern und mit Straffreiheit rechnen. In einem solchen Klima haben Christen kaum eine Chance auf einen festen Arbeitsplatz oder ein ehrliches Einkommen.
Diktatorische Paranoia
Die derzeitige Regierung zeigt sich ziemlich paranoid, was ihren Machterhalt betrifft. Daher kann es zu verstärkter Verfolgung kommen, wenn irgendein „christianisierender“ Einfluss ihre Macht zu bedrohen oder infrage zu stellen scheint. Darüber hinaus versucht die Regierung, ihre Legitimität unter den islamischen Gruppen zu stärken, indem sie den christlichen Glauben und die Christen unterdrückt. Vor allem seit den Präsidentschaftswahlen im Jahr 2019 hält diese Entwicklung an. Der christliche Glaube wird oft mit Verwestlichung gleichgesetzt und daher von der Regierung als ausländische und fremde Bedrohung angesehen.
Eine vollständige Übersicht aller im Land wirksamen Triebkräfte finden Sie im ungekürzten, englischen Länderprofil.
4. Welche Christen sind von Verfolgung betroffen?
Ausländische Christen und Arbeitsmigranten
Die größte Gruppe bilden römisch-katholische Arbeitsmigranten aus Afrika südlich der Sahara, gefolgt von Protestanten und Evangelikalen aus Ländern südlich von Mauretanien. Es gibt auch eine kleine Anzahl von Christen aus westlichen Ländern. Afrikanische Christen, die als Arbeitsmigranten ins Land gekommen sind, führen aufgrund ethnischer Vorurteile und des Drucks durch den islamischen Extremismus im Land ein unsicheres Dasein.
Christen anderer religiöser Herkunft (Konvertiten)
Christliche Konvertiten mit muslimischem Hintergrund sind sehr stark dem gezielten Druck und der Gewalt durch islamistische Gruppen, die eigene (Groß-)Familie und ihr soziales Umfeld ausgesetzt. In dieser nomadischen Gesellschaft ist gemeinschaftlicher Zusammenhalt überlebenswichtig. Christliche Konvertiten verlieren ihren Status in ihrer Gemeinschaft, wenn ihr Glaubenswechsel öffentlich bekannt wird, weshalb die meisten versuchen, ihren Glauben zu verbergen.
5. Wie erfahren Christen Druck und Gewalt?
Betroffene Lebensbereiche und Auftreten von Gewalt
Privatleben
Für Christen ist es oft riskant, ihren Glauben zu offenbaren. Ausländische Christen, insbesondere aus Subsahara-Afrika, erfahren häufig Diskriminierung und Beschimpfung, sobald sie öffentlich als Christen erkannt werden; teilweise werden sie auch der Missionierung bezichtigt. Taufen können nur im Geheimen durchgeführt werden. Viele christliche Konvertiten muslimischer Herkunft zögern, sich taufen zu lassen, da sie fürchten, ihr Glaubenswechsel könnte entdeckt werden. Das könnte bedeuten, dass gegen sie Anklage wegen Apostasie erhoben wird. Ein Glaubenswechsel beziehungsweise das Verlassen des Islam ist gesetzlich verboten, und wer als kritisch gegenüber dem Islam wahrgenommen wird, riskiert die Todesstrafe. Obwohl dieses Gesetz weitgehend symbolisch ist, bleibt es dennoch eine bedeutende Bedrohung für christliche Konvertiten mit muslimischem Hintergrund.
Familienleben
Alle Mauretanier und ihre Kinder werden als Muslime betrachtet und automatisch als solche registriert. Christliche Kinder an öffentlichen Schulen müssen den islamischen Unterricht besuchen. Sie sind dort leicht Diskriminierung und Schikanen ausgesetzt. Die Hinwendung zum christlichen Glauben ist in Mauretanien ein Scheidungsgrund. Das Elternteil, dessen Glaubenswechsel bekannt wird, kann das Sorgerecht für die Kinder verlieren.
Gesellschaftliches Leben
Das soziale Umfeld übt extremen Druck auf Mauretanier aus, die nicht dem sunnitischen Islam folgen. Dieser Druck kann in Form von Ächtung, sozialer Diskriminierung, wirtschaftlicher Ausgrenzung oder sogar Gewalt erfolgen. Hinzu kommt, dass die mauretanische Gesellschaft entlang ethnischer Grenzen gespalten ist und die Wirtschaft und die Regierung von Korruption und Klientelismus geprägt sind. Ausländische Christen aus afrikanischen Ländern südlich der Sahara werden sowohl wegen ihrer Hautfarbe als auch wegen ihres Glaubens diskriminiert.
Leben im Staat
Das mauretanische Strafrecht sieht die Todesstrafe für Apostasie und Blasphemie vor. Christen müssen sorgfältig darauf achten, dass ihre Worte nicht als Kritik am Islam oder an der Regierung ausgelegt werden.
Kirchliches Leben
Als Teil des Erbes der französischen Kolonialherrschaft hat nur die römisch-katholische Kirche einen Rechtsstatus und darf öffentliche Gebäude unterhalten. Jedoch erlaubt es die katholische Kirche in der Diözese Nouakchott auch evangelikalen Gemeinden, einen Raum auf dem Hauptgelände der Kirche für ihre Gottesdienste zu nutzen. Da Missionstätigkeit strengstens verboten ist, ist es den Kirchen ausländischer Christen nicht erlaubt, Muslime in ihren Räumlichkeiten zu empfangen, geschweige denn christliche Konvertiten in ihre Gemeinden zu integrieren.
Beispiele für Auftreten von Gewalt
Es kam zu mehreren Vorfällen, von denen sowohl einheimische als auch ausländische Christen betroffen waren. Aus Sicherheitsgründen können jedoch kaum Einzelheiten bekannt gegeben bzw. Beispiele genannt werden.
- Während des Berichtszeitraums zum Weltverfolgungsindex 2024 wurden mindestens zwei christliche Konvertitinnen zwangsverheiratet.
6. Entwicklung in den letzten 5 Jahren
Jahr | Platzierung | Punktzahl |
2024 | 23 | 72 |
2023 | 20 | 72 |
2022 | 23 | 70 |
2021 | 20 | 71 |
2020 | 24 | 68 |
Auf dem Weltverfolgungsindex 2024 hat Mauretanien dieselbe Punktzahl wie im Vorjahr erreicht, ist aber um drei Plätze zurückgefallen, da die Verfolgung in anderen Ländern im Vergleich zugenommen hat. Der durchschnittliche Druck ist mit 14,2 Punkten extrem hoch, der Wert für Gewalt dagegen bleibt mit 1,3 Punkten eher niedrig. Insbesondere in den Lebensbereichen des Privatlebens, Familienlebens, kirchlichen Lebens und Lebens im Staat ist der Druck extrem hoch. Darin spiegelt sich der Druck wider, dem mauretanische christliche Konvertiten durch die Familie, die Gemeinschaft und die Regierung ausgesetzt sind. Auch ausländische Christen aus den afrikanischen Ländern südlich der Sahara werden von der mauretanischen Gesellschaft und der Regierung stark diskriminiert, da ihr Glaube sie besonders verletzlich macht, zusätzlich zur Rassendiskriminierung.
7. Sind Frauen und Männer unterschiedlich von Verfolgung betroffen?
Frauen
In der Stammesgesellschaft Mauretaniens sind Frauen der Autorität ihrer Väter und Ehemänner unterworfen. Das bringt christliche Konvertitinnen in eine extrem schutzlose Position. Teilweise wird ihnen die Nahrung vorenthalten, sie werden schikaniert, unter Hausarrest gestellt oder verprügelt. Die meisten Frauen dürfen nicht wählen, wen sie heiraten; und christliche Konvertitinnen können so gezwungen werden, einen muslimischen Mann zu heiraten. Weigern sie sich, riskieren sie, geächtet zu werden. Verheiratete Frauen, die den christlichen Glauben annehmen, können leicht geschieden werden. Dadurch verlieren sie ihre Lebensgrundlage, denn üblicherweise sind Frauen in Mauretanien finanziell komplett von ihren männlichen Vormündern abhängig.
Männer
Männliche christliche Konvertiten bringen Schande über ihre Familie. Sie werden häufig aus ihrem Umfeld ausgeschlossen, von zu Hause vertrieben oder körperlich misshandelt. Manche beschließen zu fliehen. Wenn sich bestätigt, dass ein Mann tatsächlich konvertiert ist, kann vor einem religiösen Gericht Anklage wegen Apostasie gegen ihn erhoben werden. Christlichen Männern drohen lange Haftstrafen und hohe Geldstrafen. Durch eine starke „Arabisierungs“-Bewegung werden viele Christen aus Subsahara-Afrika unter Druck gesetzt, das Land zu verlassen, oder vor große Schwierigkeiten gestellt.
8. Verfolgung anderer religiöser Gruppen
Es gibt eine sehr kleine, aber wachsende Minderheit schiitischer Muslime in Mauretanien. Die mauretanische Regierung unterhält traditionell gute diplomatische Beziehungen zum Iran und zögerte deshalb, schiitische Muslime ins Visier zu nehmen. 2018 wurde jedoch ein schiitisches religiöses Zentrum geschlossen. Sunnitische religiöse Leiter im Land haben zunehmend ihre Ablehnung gegenüber dieser Minderheit zum Ausdruck gebracht und die Regierung aufgefordert, Beschränkungen zu verhängen.
9. Gebetsanliegen
Bitte beten Sie für Mauretanien:
- Bitten Sie um Kraft und Schutz für alle Christen mit muslimischem Hintergrund und dass ihre Familien die Entscheidung, Jesus nachzufolgen, respektieren.
- Beten Sie um eine Änderung der Gesetze, sodass es nicht mehr ungesetzlich ist, den Islam zu verlassen.
- Bitte beten Sie, dass sich für Christen Gelegenheiten eröffnen, anderen in Sicherheit das Evangelium weiterzugeben.
- Beten Sie auch um kreative Möglichkeiten für christliche Konvertiten, Gemeinschaft mit anderen Christen zu haben.