Erfahren Sie mehr über den Weltverfolgungsindex – die Rangliste und der Bericht zu den 50 Ländern, in denen Christen die stärkste Verfolgung erleben.
Iran
Christenverfolgung in Iran
Berichtszeitraum: 1. Oktober 2023 – 30. September 2024
1. Überblick
Christliche Konvertiten, die den Islam verlassen haben, tragen die Hauptlast der Verletzungen von Religionsfreiheit. Begangen werden diese vor allem durch die Regierung und in einem geringeren Maße durch die Gesellschaft und die Familien der Konvertiten. Die Regierung sieht in christlichen Konvertiten einen Versuch westlicher Länder, den Islam und die islamische Regierung des Iran zu untergraben. Leiter von Gruppen solcher christlicher Konvertiten sowie Mitglieder derjenigen Denominationen und Kirchen, die christliche Konvertiten unterstützen, werden verhaftet, vor Gericht gestellt und wegen „Verbrechen gegen die nationale Sicherheit“ zu langen Haftstrafen verurteilt.
Die traditionellen armenischen und assyrischen Kirchen sind zwar durch den Staat anerkannt, ihre Mitglieder werden jedoch als Bürger zweiter Klasse behandelt. Die meisten Arbeitsplätze, insbesondere staatliche Arbeitsstellen, bleiben Muslimen vorbehalten. Außerdem leiden die armenischen und assyrischen Kirchen unter rechtlicher Diskriminierung. So ist es ihnen verboten, die Landessprache Farsi zu verwenden, sei es bei der Durchführung von Gemeindeaktivitäten oder der Erstellung christlicher Materialien. Hinzu kommt, dass es Christen der armenischen und assyrischen Kirchen verboten ist, Kontakt mit (farsisprachigen) christlichen Konvertiten zu pflegen oder ihre Gottesdienste für diese Konvertiten zu öffnen.
Länderprofil als PDF
Das nachfolgende Länderprofil ist ein übersetzter Auszug aus den ausführlichen Berichten von World Watch Research, der Forschungsabteilung von Open Doors. Dieses deutsche Länderprofil finden Sie hier auch als PDF zum Download. Die ausführlichen Berichte in englischer Originalfassung („Background Information“ und „Persecution Dynamics“) finden Sie am Ende dieser Seite.
2. Hintergrund
Der Iran wurde zu einer islamischen Republik, als der Schah in der Revolution von 1979 abgesetzt wurde und schiitisch-islamische Geistliche die Kontrolle über das Land übernahmen. Sie verbannten jeglichen westlichen Einfluss (den sie als christlich betrachten) aus ihrem Land. Der ranghöchste und einflussreichste Geistliche ist heute der sogenannte „Oberste Führer“ Ajatollah Ali Chamenei, der dem prinzipientreuen politischen Flügel angehört. Er zieht alle politischen Fäden und ernennt den Wächterrat, der bei allen parlamentarischen Gesetzen ein Vetorecht hat und der auch alle Kandidaten für politische Ämter überprüft.
Im September 2022 kam es zu einer neuen Protestwelle nach dem Tod der 22-jährigen Jina Mahsa Amini, die von der iranischen Sittenpolizei schwer misshandelt worden war, weil sie ihr Kopftuch nicht korrekt getragen hatte. Im Gegensatz zu früheren Protesten beteiligten sich dieses Mal Menschen aus unterschiedlichen Bevölkerungsgruppen, darunter viele junge Menschen. Das iranische Regime reagierte mit harten Strafen gegen Tausende verhafteter Demonstranten; unter den Strafen waren auch Dutzende Todesstrafen. Im Jahr 2024 wurden mindestens 345 Personen hingerichtet. „Unverhältnismäßig stark von Hinrichtungen betroffen sind Minderheiten wie Kurden, Ahwazi-Araber und Belutschen“, so berichtete der Hohe Kommissar der Vereinten Nationen für Menschenrechte am 9. August 2024. Seit dem Beginn des Krieges zwischen Israel und der Hamas am 7. Oktober 2023 haben die Kampfhandlungen zwischen Israel und dem Iran zugenommen. Ein bedeutender Anschlag Israels geschah am 31. Juli 2024 in Teheran, bei dem Ismail Haniyya, der politische Führer der Hamas, getötet wurde. Ein Vergeltungsschlag des Iran folgte, woraufhin Israel seinerseits wieder antwortete.
Offiziell folgen die meisten Iraner der Staatsreligion, dem schiitischen Islam. Es gibt aber auch eine signifikante Minderheit von Sunniten (10 Prozent). Die iranische Verfassung erkennt vier religiöse Gruppen an: Muslime, Zoroastrier, Juden und Christen. Gleichzeitig erfährt jeder, der kein schiitischer Muslim ist, Diskriminierung und Einschränkungen seiner Rechte. So ist es laut Zivilgesetz verboten, dass ein Nichtmuslim eine muslimische Frau heiratet; christliche Frauen sind dazu verpflichtet, den Hidschab zu tragen; und Christen dürfen keinen Besitz von Muslimen erben.
Nicht anerkannte Minderheiten wie christliche Konvertiten, Bahai, Derwische und Nichtgläubige sind schweren Verletzungen ihrer Rechte ausgesetzt. Die meisten der vielen Tausend iranischer Konvertiten, die sich dem christlichen Glauben zugewandt haben, versammeln sich in kleinen Hauskreisen. Die größte Bedrohung geht von den iranischen Sicherheitsdiensten aus. Diese überwachen die Aktivitäten von Christen und sammeln Informationen, um sie als Beweis für „Handlungen gegen die nationale Sicherheit“ oder „Spionage für zionistische Regime“ zu verwenden. Es wird vermutet, dass Tausende iranische Christen mit muslimischem Hintergrund aus dem Land fliehen – aus Angst vor Verhaftung, psychologischer Folter (einschließlich Einzelhaft) und langjährigen Gefängnisstrafen.
Weltanschauungen |
Anhänger |
% |
Christen |
800.000 |
0,9 |
Muslime |
88.288.763 |
98,3 |
Hindus |
45.679 |
0,1 |
Buddhisten |
821 |
< 0,1 |
Anhänger ethnischer Religionen |
5810 |
< 0,1 |
Juden |
8,214 |
< 0,1 |
Bahai |
277.477 |
0,3 |
Atheisten |
10.117 |
< 0,1 |
Agnostiker |
275.474 |
0,3 |
Andere |
96.165 |
0,1 |
3. Gibt es regionale Unterschiede?
Die von der Regierung ausgeübte Kontrolle ist in städtischen Gegenden am höchsten. Ländliche Gebiete werden weniger stark überwacht. In der Anonymität der Städte haben Christen jedoch mehr Freiheiten, Treffen und Aktivitäten zu organisieren, als in ländlichen Gebieten, in denen die soziale Kontrolle stärker ist.
4. Was sind die stärksten Triebkräfte der Verfolgung?
Islamische Unterdrückung
Alle Gesetze müssen mit der Scharia übereinstimmen. Der Wächterrat, der vom Obersten Führer Chamenei eingesetzt wird und sich aus schiitischen Gelehrten und Geistlichen zusammensetzt, prüft alle Gesetze sowie die Kandidaten für die höchsten öffentlichen Ämter, beispielsweise für das Präsidentenamt und das Parlament. Ethnische Perser werden als Muslime betrachtet, weshalb jeder, der sich dem christlichen Glauben zuwendet, als Abtrünniger gilt. Dadurch werden fast alle christlichen Aktivitäten zu kriminellen Handlungen – vor allem, wenn sie auf Farsi stattfinden. Muslimische Geistliche rufen manchmal zu Gewalt gegen religiöse Minderheiten auf. Dabei ist die iranische Gesellschaft weniger fanatisch als ihre Führung. Dies ist zum Teil auf den weitverbreiteten Einfluss des gemäßigteren Sufi-Islam zurückzuführen sowie auf den Stolz des iranischen Volkes auf seine vorislamische persische Kultur. Gleichwohl üben religiöse Familien häufig Druck auf Familienmitglieder aus, die sich vom Islam abgewandt haben und Christen geworden sind.
Diktatorische Paranoia
Das Regime ist bestrebt, die Werte der Islamischen Revolution von 1979 zu schützen, von denen es seine Legitimität ableitet. Der christliche Glaube gilt als gefährlicher westlicher Einfluss und als Bedrohung der islamischen Identität der Nation. Dies erklärt, warum insbesondere Konvertiten, die sich vom Islam ab- und dem christlichen Glauben zugewandt haben, wegen „Verbrechen gegen die nationale Sicherheit“ verurteilt werden. Darüber hinaus zeigt die gewaltsame Unterdrückung jeglicher Opposition, dass es dem Regime vor allem um den Erhalt seiner Machtbasis geht.
Organisiertes Verbrechen und Korruption
Inhaftierten Christen, besonders christlichen Konvertiten, wird oft eine Entlassung gegen Kaution angeboten. Dabei geht es meist um hohe Geldbeträge, die Berichten zufolge zwischen 2.000 und 150.000 US-Dollar liegen. Die betroffenen Christen oder deren Familien werden dadurch gezwungen, ihre Häuser oder Geschäfte mit Hypotheken zu belasten. Diejenigen, die gegen Kaution freigelassen werden, schweigen oft, da sie den Verlust ihres Familienbesitzes fürchten müssen. Das iranische Regime drängt sie, das Land zu verlassen und damit ihre Kaution zu verlieren.
Unterdrückung durch den Clan oder Stamm
Im Iran herrscht eine Kultur der Ehre und Schande, insbesondere in ländlichen Gebieten. Dazu kommt, dass der Iran eine multikulturelle Bevölkerung hat, wobei einige ethnische Gruppen starke Gruppenidentitäten wahren. Eine Hinwendung zum christlichen Glauben gilt als Verrat an der eigenen Gruppe und als Schande für die Familie. Dies kann zu einem zusätzlichen Druck auf christliche Konvertiten führen.
Konfessioneller Protektionismus
Um einen Eindruck von religiöser Toleranz zu vermitteln, betonen die iranischen Behörden gerne, die armenischen und assyrischen Kirchen seien in den Medien und auf der internationalen Bühne durch Repräsentanten vertreten. Diese Repräsentanten äußern sich dort öffentlich über „die Freiheit, die alle Christen genießen“, während tatsächlich nur ein kleiner Teil der Christen ein sehr begrenztes Maß an Freiheit genießt. Diese Äußerungen werden häufig gegen andere christliche Konfessionen verwendet. So versucht man, protestantische Gemeinden von Konvertiten mit muslimischem Hintergrund zu delegitimieren, die sich nicht an die Auflagen der Regierung halten und die ihre Religionsfreiheit in größerem Umfang ausüben wollen.
Eine vollständige Übersicht aller im Land wirksamen Triebkräfte finden Sie im ungekürzten, englischen Dokument „Persecution Dynamics“.
5. Welche Christen sind von Verfolgung betroffen?
Ausländische Christen und Arbeitsmigranten
Zu dieser Gruppe gehören ausländische Christen und Arbeitsmigranten aus Asien (zum Beispiel von den Philippinen oder aus Südkorea) und dem Westen, darunter viele Angehörige der katholischen, lutherischen oder presbyterianischen Kirche. Einige der wenigen ausländischen Gemeinden mussten schließen, nachdem einheimische christliche Konvertiten an den Gemeindeversammlungen teilgenommen hatten. Auch gemeinsame jährliche Gebetstreffen zwischen Kirchenleitern verschiedener Konfessionen wurden in der Vergangenheit auf Druck des iranischen Sicherheitsapparates abgesagt. Ausländischen Christen ist es streng verboten, mit iranischen christlichen Konvertiten aus dem Islam in Kontakt zu treten, und auf keinen Fall dürfen sie sie in ihre Gemeinden aufnehmen.
Christen aus traditionellen Kirchen
Volksgruppen wie die Armenier oder Assyrer sind traditionell mehrheitlich Christen. Sie leben als Minderheiten im Land, sind aber relativ frei in der Ausübung ihres Glaubens und dürfen in ihrer jeweiligen Muttersprache predigen. Es ist ihnen jedoch verboten, (farsisprachige) Christen muslimischer Herkunft miteinzubeziehen oder an den armenischen und assyrischen Gottesdiensten teilnehmen zu lassen. Obwohl Armenier und Assyrer formell anerkannt und gesetzlich geschützt sind, werden sie als Bürger zweiter Klasse behandelt und sind rechtlicher und gesellschaftlicher Diskriminierung ausgesetzt.
Christen anderer religiöser Herkunft (Konvertiten)
Die größte Gruppe von Christen im Iran sind ehemalige Muslime, die den christlichen Glauben angenommen haben, die also Konvertiten sind. Sie tragen die Hauptlast der Verfolgung, die von der Regierung und, in einem geringeren Ausmaß, auch von ihren (Groß-)Familien und der Gesellschaft ausgeht. Die Taufe wird als öffentliches Zeichen der Abwendung vom Islam gesehen. Sie ist deshalb verboten. Kinder von christlichen Konvertiten aus dem Islam werden automatisch als Muslime registriert, da ihre Eltern ihre offizielle Religionszugehörigkeit nicht ändern können. In der Vergangenheit waren es die Leiter von Gruppen christlicher Konvertiten, die verhaftet, vor Gericht gestellt und wegen „Verbrechen gegen die nationale Sicherheit“ zu langen Haftstrafen verurteilt wurden. Vermehrt werden in ähnlicher Weise nun auch Mitglieder solcher Gruppen angeklagt, die keine Leitungsfunktion ausüben; ebenso wie Christen anderer Konfessionen, die sie unterstützen. Weltweit gibt es eine wachsende Gemeinschaft iranischer Christen muslimischer Herkunft, da viele von ihnen im Laufe der Jahre aus dem Land geflohen und andere Iraner im Ausland ebenfalls Christen geworden sind.
Christen aus protestantischen Freikirchen
Eine weitere Gruppe von Christen besteht aus Evangelikalen, Baptisten und Mitgliedern von Pfingstgemeinden. Es ist zwar schwierig, diese Gruppe klar von den Gemeinschaften christlicher Konvertiten abzugrenzen, allerdings haben die Christen protestantischer Freikirchen oft einen armenischen, assyrischen, jüdischen oder zoroastrischen Hintergrund, von dem sie sich abgewandt haben; andere sind Kinder oder Enkel von Christen muslimischer Herkunft. Sie sind der gleichen schweren Verfolgung durch die Regierung ausgesetzt wie Konvertiten, und sie werden von der Gesellschaft diskriminiert, insbesondere, wenn sie das Evangelium weitergeben oder Hauskirchen besuchen.
6. Wie erfahren Christen Druck und Gewalt?
Betroffene Lebensbereiche und Auftreten von Gewalt
Privatleben
Es ist für Christen riskant, ihren Glauben öffentlich kundzutun (etwa in Blogs oder sozialen Medien), insbesondere für christliche Konvertiten. Das Internet wird überwacht und solche Äußerungen können als Beweismittel dienen und zu einer Verhaftung führen. Die Weitergabe christlicher Botschaften (vor allem auf Farsi) kann als Bekehrungsversuch interpretiert werden. Auch der Zugriff auf christliche Online-Materialien oder die Kontaktaufnahme mit ausländischen Christen sind riskante Unterfangen. Der Besitz christlicher Literatur auf Farsi, besonders in größerer Stückzahl, legt den Verdacht nahe, dass sie zur Weitergabe an muslimische Iraner gedacht ist. Zusammenkünfte von christlichen Konvertiten mit muslimischem Hintergrund werden überwacht und häufig von der Polizei gestürmt.
Familienleben
Christen können keine muslimischen Kinder adoptieren. Armenische und assyrische Christen betreiben jedoch eigene Waisenhäuser, aus denen sie Kinder adoptieren können. Die Kinder von christlichen Konvertiten muslimischer Herkunft werden automatisch als Muslime registriert. Sie müssen am islamisch geprägten Schulunterricht teilnehmen, der seit der Revolution von 1979 noch stärker am Islam ausgerichtet wurde. Sogar die Kinder von armenischen oder assyrischen Christen werden gezwungen, in der Grundschule am Islamunterricht teilzunehmen. Der Widerstand vonseiten christlicher Eltern gegen diese Regelung hat bisher nur dazu geführt, dass sie vor Gericht gestellt und ihre Kinder bedroht wurden. An den Universitäten sind Kurse wie islamische Geschichte, Lehren des Koran und Arabisch Pflichtfächer. Bei der Bewerbung an einer Universität muss die Religionszugehörigkeit angeben werden; und gibt eine Person muslimischer Herkunft an, dass sie Christ sei, wird sie nicht an der Universität aufgenommen. Gemeindeleiter und in zunehmendem Maße auch Gemeindemitglieder werden zu oftmals langjährigen Haftstrafen verurteilt – mit traumatischen Folgen für die ganze Familie. Laut Artikel 881 des Zivilgesetzbuchs kann ein Nichtmuslim kein Vermögen von einem Muslim erben. Gibt es im Todesfall eines Nichtmuslims unter den Erben nur einen Muslim, so fällt diesem der gesamte Nachlass zu.
Gesellschaftliches Leben
Christen werden überwacht, insbesondere wenn sie im Verdacht stehen, eine Hauskirche zu leiten oder das Evangelium weiterzugeben. Diese Christen werden häufig zu Verhören vorgeladen, die der Einschüchterung dienen sollen. Informanten in westlichen Ländern berichten dem iranischen Geheimdienst über Aktivitäten iranischer Christen im Ausland. Im Iran ist es für Frauen Pflicht, den Kopf zu bedecken und den Hidschab zu tragen. Mehr als 80 Prozent des Wirtschaftssektors werden von der iranischen Regierung kontrolliert. Das Geschäftsleben ist von Klientelpolitik und Vetternwirtschaft geprägt. Christen aus traditionellen Kirchen, wie armenische und assyrische Christen, werden im Geschäftsleben diskriminiert; den anderen Christen im Iran ist es fast gar nicht möglich, Handel zu treiben.
Leben im Staat
Hohe Posten in der Regierung sind schiitischen Muslimen vorbehalten; Christen sind von öffentlichen Ämtern ausgeschlossen, mit Ausnahme von drei Sitzen im Parlament, die für Christen der armenischen und assyrischen ethnischen Minderheit reserviert sind. Es kann gefährlich sein, die Regierung zu kritisieren. Die nationalen Medien werden streng kontrolliert, und sowohl Staatsbeamte als auch Imame kritisieren Christen (in der Regel in Bezug auf Hauskirchen und unter Vorwürfen des „Zionismus“). Sexuelle Belästigung ist während der Verhöre von verhafteten Christen weitverbreitet, obwohl dies ein Verstoß gegen das iranische Strafgesetzbuch darstellt. Familienmitgliedern ist es möglich, christlichen Konvertiten Leid anzutun, ohne dafür bestraft zu werden.
Kirchliches Leben
Die meisten Gottesdienste werden von der Polizei überwacht. Dies schürt Angst unter den Gottesdienstbesuchern. Armenische und assyrische Christen dürfen Gottesdienste in ihren eigenen Sprachen abhalten, solange sie Christen mit muslimischem Hintergrund die Teilnahme verweigern. Armenier und Assyrer betreiben zudem einige staatlich subventionierte Schulen; die Schulleiter sind jedoch in der Regel Muslime. In den letzten Jahren hat die Regierung ihre Bemühungen verstärkt, farsisprachige Christen aus dem Iran zu vertreiben, indem sie Kirchen schloss und christliche Leiter verhaftete. Nach der Covid-19-Pandemie wurden alle vier verbliebenen farsisprachigen Kirchen auf unbestimmte Zeit geschlossen und durften nicht wiedereröffnet werden.
Beispiele für das Auftreten von Gewalt
- Im Dezember 2023, während der Weihnachtszeit, wurden mindestens 46 Christen verhaftet.
- Die Änderungen der Artikel 499 und 500 des Strafgesetzbuchs, die im Februar 2021 in Kraft gesetzt worden waren, wurden seitdem zur Verfolgung mehrerer christlicher Konvertiten verwendet. So wurden im Juni 2024 acht Christen nach Artikel 500 des Strafgesetzbuchs zu insgesamt 45 Jahren Gefängnis verurteilt, so berichtet die Menschenrechtsorganisation Article 18.
- Ebenfalls im Juni 2024 wurde der armenische Christ Hakop Gochumyan zu einer 10-jährigen Haftstrafe verurteilt, weil er während eines Urlaubs im Iran eine farsisprachige Hauskirche besucht hatte und im Besitz von Neuen Testamenten auf Farsi war.
7. Entwicklung in den letzten 5 Jahren
Jahr |
Platzierung |
Punktzahl |
2025 |
9 |
86 |
2024 |
9 |
86 |
2023 |
8 |
86 |
2022 |
9 |
85 |
2021 |
8 |
86 |
Im Berichtszeitraum des Weltverfolgungsindex 2025 haben sich die Werte für den Iran nur wenig verändert: Der Druck bleibt in praktisch allen Lebensbereichen extrem hoch, und der Wert für Gewalt ist unverändert sehr hoch. Die Aussichten für iranische Christen, insbesondere für Konvertiten zum christlichen Glauben, haben sich keineswegs verbessert. Die Regierung sieht in christlichen Konvertiten einen Versuch westlicher Länder, den Islam und die islamische Regierung des Iran zu untergraben. Die traditionellen armenischen und assyrischen Kirchen sind zwar durch den Staat anerkannt, ihre Mitglieder werden jedoch als Bürger zweiter Klasse behandelt. Die politischen Institutionen des Landes werden im Grunde von den sogenannten „Hardlinern“ dominiert, die als rechter Flügel im politischen System des Iran eine konservative und prinzipientreue Position vertreten. Die staatliche Überwachung nimmt zu. Die Behörden greifen immer stärker in das tägliche Leben und die Alltagsaktivitäten ein. Dies zeigte sich in den brutalen Reaktionen auf die Proteste, die unter dem Slogan „Frau, Leben, Freiheit“ nach dem Tod von Jina Mahsa Amini am 16. September 2022 aufgeflammt waren und seitdem andauern. Außerdem werden christliche Konvertiten oft beschuldigt, einer „zionistischen Sekte“ anzugehören und Verbindungen zum Staat Israel zu haben – ein Vorwurf, der infolge der zunehmenden Spannungen zwischen Iran und Israel mit steigendem Druck auf christliche Konvertiten einhergeht.
8. Sind Frauen und Männer unterschiedlich von Verfolgung betroffen?
Frauen
Der Tod von Jina Mahsa Amini im Jahr 2022 warf ein Schlaglicht auf die Lage im Iran. Die 22-jährige Amini hatte gegen die Vorschriften zum Hidschab verstoßen, weil sie ihr Kopftuch nicht korrekt getragen hatte, und war daraufhin von der Sittenpolizei zu Tode geprügelt worden. Damit war die Situation der Frauen im Iran neu in den Fokus der Öffentlichkeit gerückt. Christinnen, die wegen ihres Glaubens inhaftiert sind, werden bloßgestellt und mitunter sexuell missbraucht. Einige Christinnen, insbesondere Konvertitinnen muslimischer Herkunft, werden gezwungen, Muslime zu heiraten. Ist eine Konvertitin bereits verheiratet, wird man ihr mit hoher Wahrscheinlichkeit die Kinder wegnehmen, um sicherzustellen, dass diese als Muslime erzogen werden. Innerhalb der Ehe sind christliche Frauen nicht vor sexuellem Missbrauch und häuslicher Gewalt geschützt, sodass die Täter, die religiöse Gewalt ausüben, straffrei bleiben. Da Frauen nicht frei reisen dürfen, ist es für sie schwierig zu fliehen.
Männer
Christliche Männer stehen besonders in städtischen Gebieten in erhöhter Gefahr, verhaftet und strafrechtlich verfolgt zu werden sowie für längere Zeit ins Gefängnis zu kommen. In der Regel sind sie die Hauptversorger ihrer Familien. Wenden sie sich vom Islam ab und dem christlichen Glauben zu, riskieren sie, ihren Arbeitsplatz zu verlieren. Wenn sie ein Gewerbe anmelden oder eine Genehmigung beantragen und der Beamte von ihrem christlichen Glauben erfährt, wird der Antrag mit großer Wahrscheinlichkeit abgelehnt. Dies stellt eine zusätzliche finanzielle und psychologische Belastung für ihre Familien dar. Auch werden christliche Männer überwacht, bedroht und schikaniert, wodurch sie sich mitunter zur Flucht aus dem Land gezwungen sehen.
9. Verfolgung anderer religiöser Gruppen
Bahai, Sunniten, Sufis (Derwische) und andere religiöse Minderheiten werden im Iran ebenfalls verfolgt. Viele Regimekritiker aus diesen Gruppen wurden hingerichtet – vor allem unter dem Vorwurf des Terrorismus (anstelle von „Apostasie“). Das iranische Regime drängt sie, das Land zu verlassen und damit ihre Kaution zu verlieren.
10. Gebetsanliegen
Bitte beten Sie für den Iran:
- Bitten Sie Jesus Christus für die geheimen Hausgemeinden um Schutz vor Razzien und Spitzeln.
- Beten Sie für die Christen um Mut, Weisheit und die richtigen Worte, wenn sie verhört werden.
- Beten Sie für die Christen im Gefängnis um Kraft, die Strapazen zu ertragen, und dass Jesus sie gebraucht, um zu Mithäftlingen und dem Gefängnispersonal zu sprechen. Beten Sie, dass so noch mehr Menschen zu ihm finden.
- Beten Sie, dass Jesus die Augen der Regierung öffnet, damit sie erkennt, dass Christen keine Bedrohung für den Iran sind, sondern ein wertvoller Teil der iranischen Gesellschaft.