Weltverfolgungsindex 2024

Türkei

Christenverfolgung in der Türkei

Berichtszeitraum: 1. Oktober 2022 – 30. September 2023

Überblick

Nationalismus und der Islam sind in der Türkei untrennbar miteinander verbunden. Wer kein Muslim ist oder sich sogar vom Islam abgewandt hat, beziehungsweise wer einen von der Mehrheitsreligion abweichenden Glauben offen zum Ausdruck bringt, wird nicht als loyaler Türke angesehen. Die Regierung hat begonnen, ausländische (westliche) Christen ins Visier zu nehmen und sie – auch wenn sie türkische Ehepartner und Kinder haben – aus dem Land zu verbannen.

Der Übertritt vom Islam zum christlichen Glauben ist nicht illegal, aber Konvertiten werden von ihren Familien und ihrem sozialen Umfeld unter Druck gesetzt, zum Islam zurückzukehren, was bis zur Androhung von Scheidung und Verlust des Erbrechts gehen kann. Manche Christen sehen sich daher gezwungen, ein Doppelleben zu führen und ihren Glaubenswechsel zu verbergen.

Alle von Verfolgung betroffenen Gruppen von Christen haben nur begrenzten Zugang zu Arbeitsstellen im öffentlichen Sektor und werden in der Privatwirtschaft vor allem dann diskriminiert, wenn die Arbeitgeber Verbindungen zur Regierung unterhalten. Da die Religionszugehörigkeit immer noch in den Personalausweisen vermerkt wird (heutzutage auf einem elektronischen Chip), ist es ein Leichtes, Christen im Bewerbungsprozess zu benachteiligen.

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Das folgende Länderprofil ist ein übersetzter Auszug aus dem Country Dossier von World Watch Research, der Forschungsabteilung von Open Doors. Das vollständige Dossier auf Englisch sowie das gekürzte Länderprofil auf Deutsch (beides als PDF) finden Sie hier zum Download.

Country Dossier als PDF

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1. Hintergrund

Die Türkei ist eine Präsidialrepublik unter der derzeitigen Führung von Recep Tayyip Erdogan. Nach der türkischen Gesetzgebung, die auf dem Lausanner Vertrag aus dem Jahr 1923 beruht, werden nur vier Religionsgemeinschaften anerkannt: Der sunnitische Islam, die griechisch-orthodoxe Kirche, die armenische apostolische Kirche und das Judentum. Die Religionszugehörigkeit eines Bürgers wird in amtlichen Dokumenten festgehalten. Zwar geschieht dies seit 2017 auf den neuen Personalausweisen nicht mehr in Form eines schriftlichen Eintrags, jedoch wird sie nach wie vor auf dem elektronischen Chip eines Personalausweises registriert. Außerdem ist es üblich, dass Regierungsbeamte nach der Religionszugehörigkeit einer Person fragen.

Die türkische Gesetzgebung untersagt die Ausbildung von Pastoren und Geistlichen in privaten Bildungseinrichtungen. Die Ausbildungsstätten der griechisch-orthodoxen Kirche sowie der armenischen apostolischen Kirche wurden in den 1970er- und 1980er-Jahren geschlossen und seitdem nicht mehr eröffnet. Doch unter den Garantien des Lausanner Vertrags erhalten diese beiden Kirchen vom Bildungsministerium eine Zulassung, um kirchliche Grundschulen weiterzubetreiben; Die katholische und die evangelische Kirche können die katechetische Ausbildung ihrer Kinder in den Räumlichkeiten der Kirche durchführen, verfügen jedoch nicht über offizielle Einrichtungen.

Offiziell ist die Türkei seit Atatürks Reformen Anfang des 20. Jahrhunderts ein säkularer Staat. Doch das Land islamisiert sich unter dem nationalistischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan zunehmend, insbesondere seit dem gescheiterten Putschversuch von 2016. Die türkische Verfassung schränkt die Religionsfreiheit zwar technisch nicht ein, fördert und bevorzugt den türkischen Nationalcharakter und den sunnitischen Islam aber vor allen anderen Identitäten. Berichten zufolge ist es aufgrund der zunehmenden Islamisierung für Frauen, die keine Kopfbedeckung tragen (ob aus christlichen Motiven oder anderen Gründen), schwieriger geworden, einen Arbeitsplatz zu finden.

Nach dem Putschversuch im Juli 2016 haben sich die Entwicklungen in der Türkei dramatisch verändert. Die Regierung erhielt mehr diktatorische Befugnisse, und sowohl der Nationalismus als auch die Islamisierung nehmen zu. Der Kampf gegen die kurdische Minderheit, besonders gegen deren militanten Elemente verschärft sich, und die Türkei nimmt auf der internationalen Bühne eine wesentlich selbstbewusstere Haltung ein. Sie ist in den Nachbarländern Syrien und Irak militärisch aktiv, wobei sie vor allem kurdische Kräfte ins Visier nimmt.

Der Erwerb von Räumlichkeiten zur kirchlichen Nutzung kann sich als schwierig erweisen, da nach türkischem Recht nur bestimmte Gebäude als Kirchen genutzt werden können – und ob die Genehmigung dazu erteilt wird, hängt von der persönlichen Neigung des Bürgermeisters und der Haltung der örtlichen Bevölkerung ab. Nichtmuslime sind stillschweigend von einer Anstellung in der staatlichen Verwaltung und den Sicherheitskräften ausgeschlossen. Sie berichten, dass bei der Einberufung zum Militärdienst ihre Religionszugehörigkeit vom Vorgesetzten vermerkt wird und sie sich zudem einer „Sicherheitsüberprüfung“ unterziehen müssen. Ein Glaubenswechsel ist gesetzlich zwar nicht verboten, jedoch gilt der Wechsel zum christlichen Glauben allgemein als nicht hinnehmbar.

Weltanschauungen Anhänger %
Christen 169.000 0,2
Muslime 84.509.000 98,3
Hindus 820 < 0,1
Buddhisten 40.400 < 0,1
Anhänger ethnischer Religionen 13.200 < 0,1
Juden 15.300 < 0,1
Bahai 24,200 < 0,1
Atheisten 59.800 0,1
Agnostiker 970.000 1,1
Andere 155.300 0,2

2. Gibt es regionale Unterschiede?

Traditionelle christliche Gruppen wie die armenische Kirche oder die assyrische Kirche des Ostens sind im Südosten der Türkei hohem Druck und Feindseligkeiten ausgesetzt. Seit Jahrzehnten sind sie Opfer eines andauernden Konflikts zwischen der türkischen Armee und kurdisch-nationalistischen Gruppen. Die meisten türkischen christlichen Gemeinden gibt es in den Städten an der Westküste, einschließlich Istanbul. Diese Städte sind in der Regel gemäßigter und säkularer. Die Gebiete im Landesinneren dagegen sind eher konservativ und islamisch geprägt und die dortige Gesellschaft feindlich gegenüber Christen und christlichen Konvertiten eingestellt.

3. Was sind die stärksten Triebkräfte der Verfolgung?

Islamische Unterdrückung / Religiöser Nationalismus

Der starke und oftmals fanatische Nationalismus beeinträchtigt alle ethnischen Minderheiten in der Türkei. Ein Glaubenswechsel vom Islam zum christlichen Glauben wird als Beleidigung der Familie und der Nation angesehen; Konvertiten werden schikaniert und von Familie und Gesellschaft sowie im Geschäftsleben ausgegrenzt. Allgemein herrscht die Meinung, dass ein wahrer Türke ein Muslim ist. Und so wird eine Hinwendung zum christlichen Glauben nicht nur als Verletzung der Familienehre, sondern auch als „Beleidigung des Türkentums“ verstanden. Einige christliche Konvertiten werden sogar von extremistischen nationalistischen Islamisten mit Gewalt bedroht. Auch ethnische Minderheiten (wie zum Beispiel Griechen, Armenier und Syrer) sind in ähnlicher Weise gesellschaftlichem Druck und Gewalt ausgesetzt und sehen sich mit rechtlichen Problemen und wirtschaftlicher Ausgrenzung konfrontiert.

Ethnisch-religiöse Feindseligkeit

Diese Triebkraft hat sich im Zusammenhang mit dem Kurdenkonflikt verstärkt. Syrische Christen in der südöstlichen Türkei leiden besonders unter dem Druck des Bürgerkrieges in Syrien; sie werden von allen Seiten bedrängt – von kurdischen Clans, der Regierung und der militanten „Arbeiterpartei Kurdistans“ (PKK). Stammesführer nutzen ihre Macht, um syrische Christen aus ihrer Heimat in dieser Region zu vertreiben.

Unterdrückung durch den Clan oder Stamm

Nach wie vor spielen Stammesrecht und -bräuche eine wichtige Rolle, insbesondere in den östlichen Provinzen der Türkei. Dort droht Konvertiten noch härtere Verfolgung, da die Hinwendung zum christlichen Glauben nicht nur als Verrat am Islam, sondern auch an der Familie und dem Clan angesehen wird.

Diktatorische Paranoia

Seit dem gescheiterten Putsch vom Juli 2016 geht die Regierung von Präsident Erdogan hart gegen die Opposition vor, verhält sich zunehmend antidemokratisch und schränkt unverblümt die Freiheit in der gesamten türkischen Gesellschaft ein. Die Medien wurden beschnitten und Journalisten inhaftiert, weil, wie Präsident Erdogan behauptete, „Demokratie und Pressefreiheit unvereinbar seien“.

Eine vollständige Übersicht aller im Land wirksamen Triebkräfte finden Sie im ungekürzten, englischen Länderprofil.

4. Welche Christen sind von Verfolgung betroffen?

Christen aus traditionellen Kirchen

Zu den traditionellen Kirchen gehören die beiden Kirchen, die als einzige im Lausanner Vertrag von 1923 anerkannt werden: die armenische apostolische Kirche und die griechisch-orthodoxe Kirche. Darüber hinaus zählen zu den traditionellen Kirchen auch die assyrische Kirche, die syrisch-orthodoxe Kirche sowie die syrisch-katholische Kirche. Diese Kirchen werden regelmäßig überwacht und unterliegen Kontrollen und Beschränkungen durch die Regierung. Obwohl Präsident Erdogan im Oktober 2023 eine neue syrisch-orthodoxe Kirche eingeweiht hat (seit der Gründung der türkischen Republik die erste Kirche, die mit offizieller Unterstützung der Regierung gebaut wurde), werden Mitglieder historischer Kirchen in vielen offiziellen Angelegenheiten als „fremd“ betrachtet und stoßen auf rechtliche und bürokratische Hindernisse sowie auf Schikanen durch Polizei und Gemeinde. So benötigen beispielsweise die armenische apostolische Kirche und die griechisch-orthodoxe Kirche die Erlaubnis der türkischen Regierung, um eine neue Kirchenleitung wählen zu können.

Christen anderer religiöser Herkunft (Konvertiten)

Konvertiten, die sich dem Islam ab- und dem christlichen Glauben zugewandt haben, tragen in der Türkei die Hauptlast der Verfolgung. Der Druck kommt von der Familie, dem sozialen Umfeld und sogar von lokalen Behörden. Sie gelten als Verräter der türkischen Identität.

Christen aus protestantischen Freikirchen

Zu protestantischen Freikirchen gehören Baptisten- und Pfingstgemeinden; auch die Gemeinden christlicher Konvertiten zählen dazu. Diese Kirchen und Gemeinden bestehen meist aus kleinen Gruppen. Sie treffen sich in Privatwohnungen, was zu Widerständen in der Nachbarschaft führen kann. Eine neue, wachsende Gruppe von Christen in der Türkei besteht aus Christen, die aus Nachbarländern wie dem Iran geflohen sind. Sie sind in hohem Maße sozialen Anfeindungen ausgesetzt, in erster Linie wegen ihres Flüchtlingsstatus, doch ihr Glaube macht sie in zusätzlicher Weise angreifbar.

5. Wie erfahren Christen Druck und Gewalt?

Betroffene Lebensbereiche und Auftreten von Gewalt

Privatleben 13
Familienleben 11.5
Gesellschaftliches Leben 11.6
Leben im Staat 13.2
Kirchliches Leben 11.4
Auftreten von Gewalt 3.1

Die Summe der Wertungen aller sechs Bereiche (die maximale Punktzahl beträgt jeweils 16,7) ergibt die Gesamtpunktzahl und somit die Platzierung auf dem Weltverfolgungsindex. Das Verfolgungsmuster zeigt das Ausmaß von Druck und Gewalt, welche durch das Zusammenwirken der Triebkräfte hervorgerufen werden.

Privatleben

Das öffentliche Bekenntnis zu nicht muslimischen Glaubensrichtungen kann zu Schikanen führen. Das Zeigen christlicher Symbole ruft unter Umständen Feindseligkeit und physische Gewalt hervor. Christen der traditionellen Kirchen sind sozial und wirtschaftlich von der türkischen Gesellschaft ausgeschlossen. Konvertiten, sofern ihr neuer Glaube entdeckt wird, verlieren womöglich ihre Arbeit, sind Belästigungen von Familie und Freunden ausgesetzt oder erhalten Drohungen.

Familienleben

Kinder von christlichen Konvertiten werden oft schikaniert und gemobbt, weil ihre Familien als Verräter des islamischen Glaubens und der Nation angesehen werden. Kinder, deren Eltern entweder Ausländer sind oder einer der traditionellen christlichen Kirchen angehören, werden ebenso als „Feinde der Türkei“ angesehen, da sie als Teil des „christlichen Westens“ betrachtet werden.

Der türkische Lehrplan ist stark vom türkischen Nationalismus geprägt und stellt den christlichen Glauben als fremd und feindlich gegenüber der türkischen Gesellschaft dar.

Anträge auf eigene christliche Friedhöfe wurden in mehreren Teilen des Landes abgelehnt. Dies ist besonders problematisch, weil dort Christen nur dann nach christlichem Brauch bestattet werden können, wenn dies in Friedhofsbereichen geschieht, die sie mit allen Nichtmuslimen teilen, oder wenn sie auf dem nächstgelegenen traditionellen christlichen Friedhof beerdigt werden, der mitunter mehr als 500 Kilometer entfernt liegen kann.

Gesellschaftliches Leben

Christen haben kaum Zugang zu Arbeitsstellen im öffentlichen Sektor und werden in der Privatwirtschaft diskriminiert. Der Islamunterricht ist obligatorisch – nicht muslimische Kinder können sich zwar gegen eine Teilnahme entscheiden, müssen aber damit rechnen, dass sie daraufhin von Lehrern und Mitschülern ausgegrenzt und diskriminiert werden. Die Medien stehen unter starkem Einfluss des Staates und dessen nationalistischem Druck und greifen regelmäßig nicht muslimische Minderheiten an. So werden Christen in Zeitungen und Fernsehen immer wieder diskriminiert und zum Sündenbock gemacht – einerseits, um Christen zum Schweigen zu bringen, und andererseits, um tolerantere Türken einzuschüchtern.

Leben im Staat

Für Christen ist der Zugang zu Anstellungen im öffentlichen Sektor stark eingeschränkt und ihre sozialen und wirtschaftlichen Chancen sind erheblich gemindert. Artikel 301 des türkischen Strafgesetzbuches besagt Folgendes: „Wer die türkische Nation, die Republik oder die Große Nationalversammlung der Türkei öffentlich verunglimpft, wird mit Gefängnis bestraft“, was bedeutet, dass Christen äußerste Vorsicht walten lassen müssen, wenn sie sich in der Öffentlichkeit äußern.

Kirchliches Leben

Es ist nicht möglich, sich als Religionsgemeinschaft neu zu registrieren. Obwohl sich Kirchen als „Verein“ eintragen lassen können, ist dies gleichwohl ein komplizierter Prozess, und Anträge wurden mitunter abgelehnt.

Genehmigungen für den Bau, die Reparatur oder die Renovierung von Kirchengebäuden zu erhalten, ist ein langwieriger und schwieriger Vorgang, der durch die christenfeindliche Haltung im Beamtenapparat noch weiter erschwert wird. Die Ausbildung von christlichen Leitern ist rechtlich unmöglich. Die Ausbildungsstätten der traditionellen Kirchen wurden in den 1970er- und 1980er-Jahren geschlossen und seitdem nicht mehr eröffnet, sodass Schulungen nur noch inoffiziell stattfinden können.

Beispiele für Auftreten von Gewalt

  • Die türkische Regierung verbot ausländischen Christen weiterhin die (Wieder-)Einreise ins Land, oft unter Angabe von vagen Sicherheitsgründen. Viele der betroffenen Christen leben schon seit Jahren in der Türkei, einige sind sogar mit türkischen Staatsbürgern verheiratet. Diejenigen, die schon früher mit einem Verbot belegt wurden, kämpfen oft noch immer mit den rechtlichen und praktischen Folgen für sich, ihre Familien und die Kirchengemeinden, denen sie angehören.
  • Christliche Flüchtlinge: Christliche Flüchtlinge in der Türkei, darunter auch Konvertiten, die vom Islam zum christlichen Glauben übergetreten sind, sahen sich häufig einem hohen Maß an Missbrauch und Diskriminierung sowohl durch die lokalen Gemeinschaften als auch durch die Behörden ausgesetzt. Christliche Konvertiten mit muslimischem Hintergrund sind besonders gefährdet, da sie oft keinen legalen Status haben und eine Abschiebung in ihr Heimatland sehr gefährlich wäre. Viele dieser Christen sind Iraner, aber es sind auch andere Nationalitäten vertreten, darunter Syrer, Iraker und Afghanen.
  • Kirche beschädigt: Im Juni 2023 erlaubte die Stadtverwaltung von Izmir einem privaten Veranstalter die Veranstaltung eines Jugendfestivals in der griechisch-orthodoxen Voukolos-Kirche in Izmir, wobei die Besucher die religiösen Ikonen beschädigten. Die Stadtverwaltung von Izmir hat sich daraufhin offiziell entschuldigt.
  • Gewalt in der Familie: Mehrere, meist junge türkische Christen, die vom Islam zum christlichen Glauben konvertiert sind, haben gewaltsame Übergriffe durch Familienmitglieder erlitten, einschließlich psychischer und körperlicher Misshandlung und Vertreibung aus ihren Häusern.

6. Entwicklung in den letzten 5 Jahren

Jahr Platzierung Punktzahl
2024 50 64
2023 41 66
2022 42 65
2021 25 69
2020 36 63

Der Rückgang der Gesamtpunktzahl ist vor allem auf einen Rückgang der Gewaltwertung von 5,7 im Berichtszeitraum 2023 auf aktuell 3,1 Punkte zurückzuführen. Es wurden weniger Kirchengebäude ins Visier genommen als zuvor, obwohl sich die Einstellung der Gesellschaft gegenüber der Kirche insgesamt nicht wesentlich geändert hat. Der Hass in der Gesellschaft ist nach wie vor ein ernstes Problem für alle Christen, unabhängig davon, ob sie traditionellen Kirchen, protestantischen Gemeinschaften oder der Gruppe der Flüchtlinge angehören. Darüber hinaus wird die protestantische Gemeinschaft weiterhin mit Einreiseverboten belegt und mehrere ausländische Christen wurden gezwungen, das Land zu verlassen.

7. Sind Frauen und Männer unterschiedlich von Verfolgung betroffen?

Frauen

Die vorherrschende Kultur und eine mangelhaft umgesetzte Gleichberechtigung haben zu geschlechtsspezifischer Ungleichheit und einem hohen Maß an häuslicher Gewalt geführt. Christliche Konvertitinnen sind davon besonders betroffen. Dies gilt vor allem in ländlichen Gebieten, da der Glaubenswechsel den Erwartungen an Frauen, ihrer Familie Ehre zu machen, widerspricht. Christinnen sind mit Hausarrest, körperlicher und sexueller Misshandlung sowie Belästigung und Ablehnung konfrontiert. Das veranlasst einige dazu, ihre Heimat zu verlassen und Schutz zu suchen. In einer Ehre- und Schamkultur tragen viele Missbrauchsopfer ihr Trauma allein. Auch im öffentlichen Raum werden Frauen unter Druck gesetzt, etwa durch die Erwartung, islamischen Kleidungs- und Verhaltensidealen zu entsprechen.

Männer

Alle Christen sind von Diskriminierung und Feindseligkeit in den Institutionen und auf kommunaler Ebene betroffen; doch Männer stehen unter dem zusätzlichen Druck, der durch religiöse und damit verwobene kulturelle Erwartungen auf sie ausgeübt wird. So wird von ihnen erwartet, dass sie den Islam und das Türkentum verteidigen, zwei Dinge, die in der öffentlichen Wahrnehmung eng miteinander verbunden sind. Oft hindert das Männer daran, jemals eine Kirche zu betreten. Christliche Männer und Jungen werden unter Umständen von den Behörden festgenommen, bedroht, verhaftet und misshandelt. Sie müssen mit dem Verlust ihres Arbeitsplatzes, dem Verlust ihres Erbes und/oder der Ablehnung durch ihre Familie rechnen. Außerdem kann es im Wehrdienst zu Diskriminierung und Belästigung kommen. Diskriminierung am Arbeitsplatz und bei der Arbeitssuche ist alltäglich und hat Auswirkungen auf christliche Gemeinschaften und Familien.

8. Verfolgung anderer religiöser Gruppen

Die Gülen-Bewegung wird seit dem Putschversuch von 2016 massiv verfolgt. Die Jesiden im Südosten der Türkei stehen vor ähnlichen Problemen wie die syrischen Christen. Aus Syrien geflüchtete Alawiten fühlen sich enorm unter Druck gesetzt, das Land zu verlassen. Auch die Aleviten werden diskriminiert (sie existieren offiziell nicht als eigene Gruppe und dürfen keine Gotteshäuser betreiben), ebenso wie die Kurden im Allgemeinen.

Das US-Außenministerium schreibt in seinem Bericht zur internationalen Religionsfreiheit 2022 über die Türkei: „Die Regierung schränkte weiterhin die Rechte der nicht muslimischen Minderheiten ein, insbesondere derjenigen, die nach der Auslegung des Lausanner Vertrags von 1923 durch die Regierung nicht anerkannt sind, was nur auf armenisch-apostolisch-orthodoxe Christen, Juden und griechisch-orthodoxe Christen zutrifft.“ und stellt fest: „Die Regierung behandelte den alevitischen Islam weiterhin als eine heterodoxe muslimische ‚Sekte‘ [...]. Dementsprechend erkannte die Regierung alevitische Gebetsstätten (Cemevis) nicht an, obwohl das Oberste Berufungsgericht 2018 entschieden hatte, dass Cemevis Gebetsstätten sind. Im März 2018 erklärte der Leiter von Diyanet, Moscheen seien die geeigneten Orte für die Anbetung, sowohl für Aleviten als auch für Sunniten.“

9. Gebetsanliegen

Bitte beten Sie für die Türkei:

  • Beten Sie für die Christen um Mut, Weisheit und Schutz als winzige Minderheit in einer Gesellschaft, die sie zunehmend feindlich betrachtet.
  • Beten sie, dass Christen in der Türkei nicht mehr als Bedrohung wahrgenommen werden, sondern dass in der Bevölkerung ein echtes Interesse am christlichen Glauben entsteht.
  • Bitten Sie Gott, Christen muslimischer Herkunft zu schützen und ihnen Orte zu zeigen, an denen sie ihn frei anbeten können.
  • Bitten Sie Jesus um Schutz für Christen, die als Flüchtlinge in der Türkei leben, und um Gunst bei den Behörden und der Bevölkerung.
  • Beten Sie, dass die Regierung anerkennt, dass türkische Christen Teil ihrer Gesellschaft sind, und sie entsprechend respektiert und schützt.

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