Weltverfolgungsindex 2025

Äthiopien

Christenverfolgung in Äthiopien

Berichtszeitraum: 1. Oktober 2023 – 30. September 2024

1. Überblick

Christen aus protestantischen Freikirchen werden am stärksten unter Druck gesetzt, sowohl von örtlichen Behörden als auch von der äthiopisch-orthodoxen Kirche (ÄOK). Das gilt besonders in Gebieten, in denen die ÄOK großen Einfluss hat. Christliche Konvertiten muslimischer Herkunft, besonders im Osten und Südosten, sowie Christen, die zu einer anderen Denomination übergetreten sind, erfahren schwere Misshandlungen durch ihre Familien und ihr soziales Umfeld. In bestimmten Gebieten wird Christen der Zugang zu gemeinschaftlich genutzten Ressourcen verwehrt, und sie werden von der Gesellschaft ausgegrenzt. So kommt es in Regionen wie Somali und Teilen von Oromia immer wieder zu Angriffen auf Kirchen durch Gruppen aufgebrachter Muslime. Darüber hinaus hat die anhaltende politische Gewalt im Land in den vergangenen drei Jahren die Verwundbarkeit der Christen vergrößert: In den Regionen Tigray, Oromia und Amhara sind sie verstärkt Druck und Gewalt ausgesetzt.

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Das nachfolgende Länderprofil ist ein übersetzter Auszug aus den ausführlichen Berichten von World Watch Research, der Forschungsabteilung von Open Doors. Dieses deutsche Länderprofil finden Sie hier auch als PDF zum Download. Die ausführlichen Berichte in englischer Originalfassung („Background Information“ und „Persecution Dynamics“) finden Sie am Ende dieser Seite.

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2. Hintergrund

In Äthiopien ist nicht die Religion, sondern die ethnische Zugehörigkeit das wichtigste Identitätsmerkmal. Zwar brechen immer noch religiös motivierte Konflikte aus, doch die unsichere Lage in Äthiopien ist hauptsächlich auf die Aktivitäten bewaffneter Gruppen zurückzuführen, die sich über ihre Ethnie definieren. Im November 2020 führten Meinungsverschiedenheiten zwischen der ethnischen Partei „Tigray People’s Liberation Front“ („Volksbefreiungsfront von Tigray“, TPLF) und der äthiopischen Bundesregierung zu einem größeren Konflikt, den die Regierung als „Operation zur Durchsetzung von Recht und Gesetz“ bezeichnete. Die TPLF wurde aus der Regionalregierung entfernt, und das Parlament setzte eine geschäftsführende Übergangsregierung ein. Im Juni 2021 zogen sich die Regierungstruppen jedoch zurück, und die TPLF gewann wieder die Kontrolle über die Region. Darüber hinaus gelang es der TPLF, die Truppen der Regierung noch weiter in den Süden zurückzudrängen und selbst bis tief in die Verwaltungsregionen Afar und Amhara vorzudringen. Nach einer kurzen Einstellung der Feindseligkeiten bleibt nun die Lage in den Regionen Tigray, Amhara und Afar unsicher. Laut Angaben der Vereinten Nationen wirkt sich dies negativ auf die Binnenflüchtlinge aus und behindert die humanitären Bemühungen. Im Jahr 2022 wurde ein Friedensabkommen zwischen der TPLF und der äthiopischen Bundesregierung vermittelt und in Pretoria, Südafrika, unterzeichnet. Man muss aber festhalten, dass es in den Regionen Oromia und Amhara weiterhin Konflikte gibt, die immer noch zu Tod, Zerstörung und der Vertreibung von Zivilisten führen.

Im Juli 2018 wurde ein Friedensvertrag mit Eritrea unterzeichnet, der den von 1998 bis 2000 andauernden Krieg formell beendet hat.

Äthiopien ist nach wie vor eines der ärmsten Länder der Welt, auch wenn das starke Wirtschaftswachstum im letzten Jahrzehnt zu einem Rückgang der Armut geführt hat. Laut dem Jahresbericht „Freedom in the World 2024“ der Nichtregierungsorganisation Freedom House ist die politische Landschaft in Äthiopien weiterhin instabil, allen Reformbemühungen der Regierung zum Trotz. Das Land hat weiterhin mit internen Konflikten zu kämpfen, insbesondere in den Regionen Amhara, Oromia und Tigray.

Äthiopien war eines der ersten Länder, in denen das Christentum zur Staatsreligion wurde. Dabei spielte die ÄOK eine zentrale Rolle, und obwohl sie diesen Status heute nicht mehr genießt, übt die Kirche immer noch großen Einfluss auf die Politik aus. Dagegen hat die politisch neutrale Ausrichtung vieler protestantischer Kirchen im Land die Spannungen zwischen ihnen und der äthiopischen Regierung verstärkt. Ein klares Zeichen der Verbesserung ist die kürzliche Verabschiedung des Erlasses Nr. 1208/2020. Darin werden der Verband „Ethiopian Council of Gospel Believers’ Churches“ und seine Mitgliedskirchen als Rechtspersönlichkeit anerkannt. Allerdings sind auf regionaler und anderen unteren Verwaltungsebenen des Landes noch keine Auswirkungen des Erlasses zu spüren.

Weltanschauungen

Anhänger

%

Christen

77.509.000

59,8

Muslime

44.512.000

34,3

Hindus

10.100

< 0,1

Buddhisten

2.200

< 0,1

Anhänger ethnischer Religionen

7.511.000

5,8

Juden

18.000

< 0,1

Bahai

35.800

< 0,1

Atheisten

16.300

< 0,1

Agnostiker

105.000

0,1

3. Gibt es regionale Unterschiede?

Die Intensität der Christenverfolgung in den verschiedenen Teilen Äthiopiens hängt davon ab, welche Triebkräfte der Verfolgung in der jeweiligen Region vorherrschen. So sind beispielsweise die Regionen Amhara, Tigray und einige Teile von Oromia Brennpunkte in Bezug auf Übergriffe infolge von konfessionellem Protektionismus. Islamische Unterdrückung ist in einigen Teilen des Ostens und Westens von Oromia sehr ausgeprägt, ebenso in den Regionen Afar und Somali. Auch Gurage, Silte und Alaba gehören zu den Gebieten, in denen die Religionsfreiheit besonders häufig verletzt wird. 

4. Was sind die stärksten Triebkräfte der Verfolgung?

Islamische Unterdrückung

Auf lokaler, regionaler und nationaler Ebene gewinnt der extremistische Islam an Einfluss. In diesem Zusammenhang geraten die verschiedenen christlichen Gemeinschaften in fast allen Lebensbereichen zunehmend unter Druck. Vor allem in ländlichen Gebieten, in denen Muslime die Mehrheit stellen, schikanieren diese die Christen. Häufig verweigern sie ihnen den Zugang zu gemeinschaftlich genutzten Ressourcen. Außerdem werden Christen Opfer von Gewalt, und sie werden manchmal sogar getötet. Christliche Konvertiten muslimischer Herkunft werden verstoßen, ihnen werden zudem häufig familiäre Rechte wie das Erbrecht und das Sorgerecht für ihre Kinder verweigert. Es ist außerdem zu beobachten, dass die Zunahme des extremistischen Islam in den Nachbarländern Somalia und Sudan sich auf Äthiopien auswirkt.

Konfessioneller Protektionismus

Konfessioneller Protektionismus wird hauptsächlich von der ÄOK betrieben, oftmals unter dem Einfluss von „Mahibere Kidusan“, einer extremistischen Gruppe innerhalb der Kirche. Der konfessionelle Protektionismus richtet sich insbesondere gegen evangelikale Christen, da die ÄOK diese als Anhänger einer westlichen Religion betrachtet. Evangelikale Christen stellen nach Ansicht der ÄOK eine Bedrohung für den äthiopischen Nationalismus und die äthiopische Kultur dar – beides etwas, das seit Langem von der ÄOK bewahrt wird. Predigten und Lieder, in denen evangelikale Christen stark kritisiert werden, sind weitverbreitet. Wer die Reihen der ÄOK verlässt und sich anderen (meist protestantischen) Kirchen oder den Erneuerungsbewegungen innerhalb der ÄOK anschließt, muss mit schweren Verletzungen seiner Religionsfreiheit rechnen. Diese Verletzungen geschehen auf unterschiedliche Weise: Die Mitglieder der ÄOK nutzen ihre Verbindungen zur Regierung, um die Entfaltung von nicht orthodoxen Kirchen zu behindern; manchmal greifen sie deren Anhänger auch körperlich an. Solche Übergriffe finden vor allem in den nördlichen und zentralen Landesteilen statt, wo die meisten Menschen der orthodoxen Kirche angehören.

Diktatorische Paranoia

In der Vergangenheit hat die äthiopische Regierung immer stärkere autoritäre Züge angenommen und dabei zunehmend die Rechte der Zivilgesellschaft und religiöser Institutionen eingeschränkt. Die vorherige äthiopische Regierung zeigte sich misstrauisch gegenüber Religionen im Allgemeinen und Christen im Besonderen. Dies wird zu einem gewissen Maße von der derzeitigen Regierung fortgesetzt, die vor allem auf lokaler Ebene Praktiken beibehält, die Christen schon seit Jahrzehnten unter Druck setzen.

Unterdrückung durch den Clan oder Stamm

In den vergangenen 25 Jahren hat eine ethnisch orientierte Politik das gesamte öffentliche Leben im Land dominiert. Bis 1974 war das Christentum durch die ÄOK Staatsreligion. Von 1974 bis 1991 stand das Land unter kommunistischer Herrschaft. Nach 17 Jahren Bürgerkrieg wurde das Regime von einer Koalition verschiedener Rebellengruppen gestürzt, die sich aus unterschiedlichen ethnischen Gruppen zusammensetzte. Im Rahmen der äthiopischen Übergangscharta von 1991 hatte man den ethnischen Gruppen die Achtung und Anerkennung ihrer Kultur und Identität zugesichert. Seitdem hat die Regierung bei einigen ethnischen Gruppen den Unmut gegenüber dem christlichen Glauben geschürt. In Regionen wie Afar und Somali (Ogaden) gehören Islam und ethnische Zugehörigkeit eng zusammen. Manche Stämme verlangen, dass Christen sich an Stammeskämpfen beteiligen, und üben Vergeltung, wenn Christen sich weigern.

Eine vollständige Übersicht aller im Land wirksamen Triebkräfte finden Sie im ungekürzten, englischen Dokument „Persecution Dynamics“.

5. Welche Christen sind von Verfolgung betroffen?

Christen aus traditionellen Kirchen

Die ÄOK ist als traditionelle Kirche im ganzen Land sehr stark vertreten. Sie ist einer der Faktoren, warum die Verfolgungsdynamik in Äthiopien so komplex ist: Denn einerseits wird die ÄOK selbst verfolgt, andererseits spielt sie auch eine zentrale Rolle als Verfolgerin. Verfolgung erleben Christen, die der ÄOK angehören, hauptsächlich von der Regierung und von islamischen Extremisten. Auch in Gebieten, in denen die Stammeskultur besonders im Vordergrund ist, steht die ÄOK unter Druck. Orthodoxe Christen leben vor allem in Nord- und Zentraläthiopien. Diejenigen, die in muslimisch dominierten Regionen (Harari, Somali, Afar) oder örtlichen Gemeinschaften (etwa unter den Silte) leben, haben Schwierigkeiten, ihren Glauben zu praktizieren.

Christen anderer religiöser Herkunft (Konvertiten)

Zu dieser Kategorie gehören Christen muslimischer Herkunft; Christen, die zu einer anderen Denomination übergetreten sind; und Christen, die sich von den traditionellen ethnischen Religionen abgewandt haben. Diese Konvertiten sind Verfolgung von verschiedenen Seiten ausgesetzt: In muslimisch geprägten Gebieten leiden ehemalige Muslime hauptsächlich unter dem Druck und der Gewalt von ihrer Familie und Großfamilie sowie von Ortsvorstehern und nicht christlichen Religionsführern. In den von der ÄOK dominierten Gebieten kommt es hauptsächlich zu Verletzungen der Religionsfreiheit durch Mitglieder der ÄOK, von denen viele Anhänger der Gruppe Mahibere Kidusan sind. Konvertiten leiden außerdem in allen Teilen des Landes unter Repressalien durch die Regierung, insbesondere durch örtliche Behörden. In Gebieten, in denen es verstärkt zu Unterdrückung durch den Clan oder Stamm kommt, droht christlichen Konvertiten die Verfolgung vonseiten der Anhänger traditioneller Glaubenssysteme oder Muslime. Diese versuchen, die Konvertiten zur Teilnahme an verschiedenen religiösen Aktivitäten zu zwingen.

Christen aus protestantischen Freikirchen

Zu solchen Freikirchen gehören baptistische, evangelikale und pfingstkirchliche Gemeinden, die in Äthiopien stark vertreten sind. Diese Gemeinden erleben massive Verletzungen ihrer Religionsfreiheit, vor allem durch die Regierung, die ÄOK und durch islamische Gruppen. Im Vergleich zu den anderen von Verfolgung betroffenen Gruppen von Christen wachsen protestantische Freikirchen sehr schnell. Protestanten, die in von Muslimen und orthodoxen Christen dominierten Gebieten leben, sind mit verschiedensten Verletzungen ihrer Rechte konfrontiert. Auch dort nehmen ihre Zahl und ihr Einfluss ständig zu, weshalb sie als Bedrohung angesehen werden und Druck und Gewalt von verschiedenen Seiten erfahren. Gehen die Verletzungen der Religionsfreiheit von der Regierung aus, so werden diese nicht unbedingt durch die Zentralregierung beziehungsweise Bundesregierung verübt, sondern von lokalen Regierungsbeamten, die ihre Position missbrauchen.

6. Wie erfahren Christen Druck und Gewalt?

Betroffene Lebensbereiche und Auftreten von Gewalt

Die Summe der Wertungen aller sechs Bereiche (die maximale Punktzahl beträgt jeweils 16,7) ergibt die Gesamtpunktzahl und somit die Platzierung auf dem Weltverfolgungsindex. Das Verfolgungsmuster zeigt das Ausmaß von Druck und Gewalt, welche durch das Zusammenwirken der Triebkräfte hervorgerufen werden.

Privatleben 9.9
Familienleben 9.7
Gesellschaftliches Leben 12.6
Leben im Staat 10.4
Kirchliches Leben 12.1
Auftreten von Gewalt 15.6

Privatleben

In den mehrheitlich muslimischen Gebieten wird die Abkehr vom Islam als Verrat an den Vorfahren und als Verleugnung der Identität angesehen. Die Abkehr vom Islam ist verboten und wird von der Familie und dem sozialen Umfeld bestraft. Enormer Druck geht von den Familien aus, deren Ruf durch den Glaubenswechsel eines Mitglieds gefährdet wird; das gilt insbesondere in ländlichen Gebieten.

In Nordäthiopien, dem Kerngebiet der ÄOK, werden Konvertiten, die sich einer protestantischen Denomination zugewendet haben, häufig ausgegrenzt oder aus ihrem Wohnort vertrieben. Es gab Angriffe auf solche Konvertiten, weil sie Gospelmusik oder „Versionen“ der Bibel besaßen, die der Lehre der orthodoxen Kirche widersprechen. Manchmal werden die Betroffenen gezwungen, Weihwasser zu trinken, weil man glaubt, dass sie vom Teufel besessen seien. Auch Misshandlungen von Christen, die sich online zu ihrem Glauben bekennen, nehmen zu.

Im Gegensatz dazu ist die Zugehörigkeit zu einer protestantischen Denomination in Südäthiopien und in der Region Oromia die Norm, sodass Konvertiten dort nicht auf diese Art von Widerständen stoßen.

Familienleben

In einigen Gebieten werden Kinder von Christen schikaniert und sogar angegriffen. In Gebieten mit mehrheitlich muslimischer Bevölkerung müssen alle Kinder islamische Schulen besuchen. Wenn ein Christ die orthodoxe Kirche verlässt und einer protestantischen Gemeinde beitritt (auch abwertend „Pentay“ genannt), üben Familienmitglieder, Priester und ultrakonservative Gruppen in der ÄOK großen Druck auf ihn aus, um ihn zur Rückkehr zu bewegen. Christen außerhalb der ÄOK haben es in Gebieten, die muslimisch oder von der ÄOK dominiert sind, sehr schwer, eine Begräbnisstätte zu erlangen.

Gesellschaftliches Leben

In von der ÄOK geprägten Regionen übt das soziale Umfeld großen Druck auf Christen aus, die die ÄOK verlassen haben. Beispielsweise erweist es sich als schwierig, Schulen zu finden, in denen die Kinder solcher Christen sicher sind. In mehrheitlich muslimischen Gebieten, vor allem auf dem Land, werden Christen diskriminiert und belästigt. Brautentführungen und Zwangsverheiratungen von Kindern im Alter von elf Jahren sind in Äthiopien keine Seltenheit. Davon sind besonders christliche Konvertiten in ländlichen Gegenden betroffen. Es kommt vor, dass Christen von Dorfbewohnern überwacht werden; manchmal werden sogar Kinder geschickt, um Kirchen und christliche Haushalte auszuspionieren.

Leben im Staat

Von der Vorgängerregierung erlassene Gesetze schränken religiöse Rundfunksendungen und religiösen Unterricht ein. Einen christlichen Standpunkt öffentlich zu äußern, ist nach wie vor problematisch, insbesondere für Konvertiten oder Anhänger christlicher Minderheitengruppen. Zivilgesellschaftliche Organisationen unterliegen weiterhin gesetzlichen Einschränkungen, und seit vielen Jahren sind keine neuen politischen Parteien mehr gegründet worden. In Gebieten, die von Muslimen oder von der ÄOK dominiert werden, erleiden Christen, die nicht der ÄOK angehören, Diskriminierung vonseiten der Behörden (insbesondere auf lokaler Ebene). Viele muslimische Prediger und Priester der ÄOK führen Verleumdungskampagnen gegen pfingstkirchliche und evangelikale Christen durch. Dabei unterstellen sie diesen häufig, dass sie ihren Glauben nur vortäuschen würden, um Hilfe aus dem Ausland zu erhalten. Im Gegenzug sprechen sich einige pfingstkirchliche Prediger und Pastoren gegen orthodoxe Christen aus und bezeichnen sie als rückständig.

Kirchliches Leben

In ländlichen Gebieten, die von islamischer Unterdrückung und konfessionellem Protektionismus geprägt sind, werden Pastoren schikaniert; insbesondere solche neuerer Denominationen. Pastoren geraten als die sichtbarsten Vertreter der Christen besonders ins Visier. Ihnen wird häufig vorgeworfen, die gesellschaftlichen Werte zu untergraben. Wer sich dagegen wehrt, muss mit Repressalien rechnen. Nicht staatliche Akteure wie islamisch-extremistische Gruppen überwachen die Aktivitäten der Christen. In einigen Fällen wurden Kirchen während des Gottesdienstes angegriffen und Eigentum wurde zerstört. Wie immer sind christliche Konvertiten besonders gefährdet und verbergen ihren Glauben oft aus Angst vor Angriffen.

Beispiele für das Auftreten von Gewalt

Bewaffnete Gruppen in den Regionen Amhara und Oromia haben Christen ins Visier genommen und getötet, weil sie diese beschuldigten, ihre Sache nicht zu unterstützen.

Immer wieder werden Christen entführt, insbesondere dann, wenn sie diese bewaffneten Gruppen nicht aktiv unterstützen. Sie werden häufig erst nach Zahlung von hohen Lösegeldern freigelassen.

7. Entwicklung in den letzten 5 Jahren

Jahr

Platzierung

Punktzahl

2025

33

70

2024

32

69

2023

39

66

2022

38

66

2021

36

65

Die Gesamtpunktzahl stieg um einen Punkt an. Dies ist vor allem auf einen Anstieg des Wertes für Gewalt zurückzuführen, der von 14,4 Punkten im Vorjahr auf nun 15,6 Punkte anwuchs. Der durchschnittliche Druck ist mit 10,9 Punkten nach wie vor hoch, wobei vor allem die Bereiche des gesellschaftlichen und kirchlichen Lebens betroffen sind. Sowohl in Amhara als auch in Oromia sind Christen häufig zur Zielscheibe geworden, da die Verfolger meist ungestraft agieren.

8. Sind Frauen und Männer unterschiedlich von Verfolgung betroffen?

Frauen

Die Rechte christlicher Frauen und Mädchen werden häufig in Form von Entführung und Zwangsverheiratung mit einem Nichtchristen verletzt. Nach ihrer „Heirat“ wird von der Frau erwartet, dass sie die Religion ihres Mannes annimmt. Vergewaltigung ist ein wirksames Mittel zur Bestrafung von Christinnen und führt zu Isolation innerhalb des sozialen Umfelds; die Familienehre ist verletzt, und die Chancen auf eine zukünftige Heirat sind gering. Konvertitinnen muslimischer Herkunft erleben die schwersten Verletzungen ihrer Rechte. Ihnen drohen die Ausgrenzung aus ihrer Familie, Hausarrest, körperliche Misshandlung und der Verlust ihres Erbes. Wenn sie verheiratet sind, drohen ihnen die Scheidung und der Verlust des Sorgerechts für die Kinder.

Männer

Christliche Männer werden Opfer von körperlichen Angriffen, Vertreibung oder sogar Mord. Sie werden strategisch als Hauptversorger der Familie ins Visier genommen, denn ein Angriff auf sie schwächt die gesamte Familie. Konvertiten muslimischer Herkunft werden zur Flucht gezwungen, um Angriffen und Schikanen zu entgehen. Auch der Staat verletzt die Religionsfreiheit von Männern, etwa indem er sie inhaftiert. Die Regierung mischt sich auch in kirchliche Wahlen und Ernennungen ein. Da die Mehrheit der Gemeindeleiter männlich ist, betrifft dies vor allem männliche Christen.

9. Verfolgung anderer religiöser Gruppen

Die religiösen Minderheiten im Land sind von dem Rundfunkgesetz, der Rolle des Glaubens im Bildungswesen und dem Gesetz zur Zivilgesellschaft betroffen. Grundsätzlich muss nach dem Gesetz zur Zivilgesellschaft jede religiöse Gruppe einen Antrag auf Registrierung stellen, sofern sie keine orthodoxe, katholische, muslimische oder jüdische Gruppe ist. Darüber hinaus sieht das Registrierungsgesetz eine Mindestzahl von 50 Personen für die Registrierung als Religionsgemeinschaft vor und mindestens 15 Personen für die Registrierung eines Dienstes oder Vereins. Dies hat schwerwiegende Auswirkungen auf neu entstehende religiöse Minderheiten: In einigen Gebieten haben Mormonen und Zeugen Jehovas (wenn ihre Zahl unter 50 liegt) Schwierigkeiten, einen offiziellen Versammlungsraum zu erhalten. Dies gilt insbesondere dort, wo Mehrheitsgruppen dafür bekannt sind, religiösen Minderheiten gegenüber feindselig zu sein.

10. Gebetsanliegen

Bitte beten Sie für Äthiopien:

  • Beten Sie, dass die Christen, die unter starkem Druck stehen, ihren Glauben aufzugeben, die Kraft haben, an Jesus festzuhalten.
  • Beten Sie vor allem um Einheit unter den Christen aus den verschiedenen Denominationen.
  • Beten Sie um Schutz für Christinnen vor sexualisierter Gewalt und Zwangsheirat, und beten Sie um Versorgung für Christen, die fliehen mussten.
  • Bitten Sie um viel Weisheit für die Regierung eines Landes, das stark von Krieg, Dürre, Seuchen und politischer Instabilität betroffen ist.