Erfahren Sie mehr über den Weltverfolgungsindex – die Rangliste und der Bericht zu den 50 Ländern, in denen Christen die stärkste Verfolgung erleben.
Brunei
Christenverfolgung in Brunei
Berichtszeitraum: 1. Oktober 2023 – 30. September 2024
1. Überblick
Christliche Konvertiten muslimischer Herkunft werden von ihren Familien und ihrem sozialen Umfeld unter Druck gesetzt. Wird ein Verfahren gegen die Konvertiten eingeleitet, wird ihr Glaubenswechsel nach dem Strafrecht der Scharia geahndet. Allerdings wurden im Berichtszeitraum keine derartigen Fälle bekannt. Es wird alles versucht, um die Konvertiten zu ihrem ursprünglichen Glauben zurückzubringen. Protestantische Freikirchen können nicht als Kirchen registriert werden. Um rechtmäßig tätig sein zu können, lassen sie sich als Unternehmen, Vereine oder Familienzentren registrieren. Als solche werden sie wie säkulare Organisationen behandelt und müssen der Regierung jährlich ihre Finanz- und Geschäftsberichte vorlegen. Die gesamte Gesellschaft, einschließlich der Christen, ist von der fortschreitenden Einführung der Scharia-Gesetze betroffen. Besonders betroffen sind sie von der Einführung des obligatorischen Islamunterrichts; der für Kinder ab drei Jahren in den allgemeinen Schulunterricht integriert wurde.
Länderprofil als PDF
Das nachfolgende Länderprofil ist ein übersetzter Auszug aus den ausführlichen Berichten von World Watch Research, der Forschungsabteilung von Open Doors. Dieses deutsche Länderprofil finden Sie hier auch als PDF zum Download. Die ausführlichen Berichte in englischer Originalfassung („Background Information“ und „Persecution Dynamics“) finden Sie am Ende dieser Seite.
2. Hintergrund
In Brunei regiert der Sultan als absoluter Monarch. Die Menschen haben großen Respekt vor dem Sultan, und die Nachfrage nach größerer politischer Beteiligung ist gering.
Die nationale Philosophie heißt „Melayu Islam Beraja“ („Malaiisch-islamische Monarchie“, MIB). Sie umfasst eine Mischung aus malaiischen und islamischen kulturellen Werten, die von der Monarchie gewahrt werden. Im Mai 2014 wurde das neue Strafgesetz auf Grundlage der Scharia eingeführt, das auch für Nichtmuslime gilt; die Umsetzung erfolgte jedoch erst 2019. Bislang wurden keine Verfahren gegen religiöse Minderheiten gemeldet.
Die ethnisch malaiischen Bruneier machen 57 Prozent der Bevölkerung aus, und es wird offiziell davon ausgegangen, dass sie Muslime sind. Die chinesische Bevölkerung ist teils buddhistisch, teils christlich; der Anteil der Christen an der Gesamtbevölkerung beträgt 12 Prozent. Christen können ihre Gottesdienste frei abhalten, auch wenn die Gemeindeleiter unter ständiger Überwachung stehen und die Predigten kontrolliert werden.
Neben der römisch-katholischen und der anglikanischen Kirchen gibt es in Brunei einige protestantische Freikirchen, die auch ausländischen Bevölkerungsteilen dienen (etwa Philippinern und Indern).
Weltanschauungen |
Anhänger |
% |
Christen |
55.600 |
12,2 |
Muslime |
267.000 |
58,6 |
Hindus |
4.200 |
0,9 |
Buddhisten |
43.400 |
9,5 |
Anhänger ethnischer Religionen |
44.900 |
9,8 |
Bahai |
250 |
0,1 |
Atheisten |
140 |
< 0,1 |
Agnostiker |
5.700 |
1,3 |
Andere |
34.310 |
7,5 |
3. Gibt es regionale Unterschiede?
Das Land ist klein, und es gibt keine Gebiete, in denen Christen häufiger als anderswo Verletzungen der Religionsfreiheit ausgesetzt wären.
4. Was sind die stärksten Triebkräfte der Verfolgung?
Islamische Unterdrückung, gemischt mit diktatorischer Paranoia
Die Scharia wurde in ziviler und administrativer Hinsicht bereits vor der Unabhängigkeit Bruneis im Jahr 1984 vollständig umgesetzt. Die Regierung hat Anreize für den Glaubenswechsel zum Islam geboten, vor allem potentiellen Konvertiten aus indigenen Gemeinschaften; dazu zählen Hilfe bei der Wohnungssuche und Sozialhilfe. Familienmitglieder und Nachbarn bringen Christen muslimischer Herkunft immer wieder in Schwierigkeiten, weil sie diese dem staatlichen Sicherheitsdienst „Jabatan Keselamatan Dalam Negeri“ (KDN) melden. Ein staatliches Gremium, der Oberste Rat der Malaiisch-islamischen Monarchie, bemüht sich um die Verbreitung der MIB-Philosophie. Es stellt sicher, dass MIB in den Gesetzen und der Politik des Landes verankert wird. Die Regierung unterstützt durch ihre Politik den Islam, indem sie die MIB-Philosophie im Land fördert. Außerdem hat die Regierung zugesagt, das Land zu einer „Nation des Dhikr“ zu machen, das bedeutet, zu „einer Nation, die Allah hingegeben ist“.
Eine vollständige Übersicht aller im Land wirksamen Triebkräfte finden Sie im ungekürzten, englischen Dokument „Persecution Dynamics“.
5. Welche Christen sind von Verfolgung betroffen?
Christen aus traditionellen Kirchen
Diese Kategorie schließt römisch-katholische und anglikanische Kirchen ein. Die traditionellen Kirchen werden streng überwacht und müssen darauf achten, dass sie den Sultan nicht kritisieren. Allerdings sind sie weniger Druck ausgesetzt als neuere protestantische Gruppen und Konvertiten.
Christen anderer religiöser Herkunft (Konvertiten)
Christliche Konvertiten muslimischer Herkunft leiden unter starkem Druck durch Familie und Freunde, da die Abwendung vom Islam als illegal angesehen wird. Wird ihr Glaubenswechsel bekannt, schreiten die Behörden ein, um sie zu ihrem ursprünglichen Glauben zurückzubringen.
Christen aus protestantischen Freikirchen
Zu den protestantischen Freikirchen gehören evangelikale Gemeinden und die Pfingstgemeinden. Sie werden von den Behörden und dem Umfeld genau beobachtet.
6. Wie erfahren Christen Druck und Gewalt?
Betroffene Lebensbereiche und Auftreten von Gewalt
Privatleben
Nach bruneiischem Recht wird die Abkehr vom Islam mit dem Tod oder einer langen Gefängnisstrafe mit körperlicher Züchtigung bestraft. Wer zum christlichen Glauben konvertiert ist, darf nicht über seinen Glauben sprechen: Dies kann als Missionierung ausgelegt werden, verstößt damit gegen die Scharia und kann mit einer Gefängnisstrafe oder Geldstrafe geahndet werden. Christen und besonders Gemeindeleiter stehen unter permanenter Überwachung der Behörden.
Familienleben
In den Schulen darf der christliche Glaube nicht gelehrt werden, und alle Schüler müssen im Islam (oder vielmehr in der MIB) unterrichtet werden. Studentinnen müssen in staatlichen Bildungseinrichtungen ein Kopftuch tragen. Der Druck auf Kinder von Konvertiten ist besonders hoch, sobald entdeckt wird, dass ihre Eltern „Abtrünnige“ sind. Das Gesetz verbietet es einem Muslim, das Sorgerecht für einen Minderjährigen an einen Nichtmuslim zu übergeben. Daher können Nichtmuslime keine muslimischen Kinder adoptieren. Ebenso keine Kinder, deren Eltern unbekannt sind.
Gesellschaftliches Leben
Der Islam hat alle Bereiche der Gesellschaft durchdrungen. Christen werden von der Gesellschaft und der Regierung unter Druck gesetzt, an islamischen Riten und Zeremonien teilzunehmen. Zudem gibt es strikte Vorgaben und Strafen in Bezug auf das Einhalten der muslimischen Gebetszeiten während des Ramadan, sowohl für Muslime als auch für Nichtmuslime. Die Kirchen verzeichnen einen allmählichen Rückgang der Mitgliederzahl, da Menschen zum Islam übertreten; in erster Linie, um sozialem Druck zu entgehen, aber auch wegen finanzieller Vorteile wie dem Erhalt von jährlich 1.000 Brunei-Dollar für 10 Jahre. Die Bemühungen der islamischen Missionare (Daʿwa) werden in den nationalen Zeitungen weithin gefeiert. Selbst die neuen Namen der Konvertiten werden bekannt gemacht.
Leben im Staat
Es gibt ein Gesetz gegen Aufwiegelung, welches Christen zusammen mit den Lehren der MIB und dem Scharia-Strafrecht immer im Hinterkopf behalten müssen, um Ärger zu vermeiden. Dabei sind sie sehr darauf bedacht, sich selbst zu zensieren, zumal nicht ganz klar ist, welche Äußerungen als aufrührerisch angesehen werden könnten. Vergünstigungen und Beförderungen sind Malaien und Konvertiten zum Islam vorbehalten, wenn sie Staatsbürger sind. Dies erhöht den Druck auf Christen, zum Islam zu konvertieren.
Kirchliches Leben
Sechs Kirchen haben offizielle Genehmigungen, die sie während der Kolonialzeit erhalten haben. Die Regierung lässt nicht zu, dass weitere Kirchen registriert werden. Alle kirchlichen Aktivitäten, insbesondere die Predigten, werden überwacht. Vor allem registrierte Gemeinden sind davon betroffen, da sie von Informanten der Regierung bespitzelt werden. Diese Informanten sind manchmal selbst Christen, denen Bestechungsgeld angeboten wurde. Die Pastoren achten sehr darauf, nichts zu sagen, was als Kritik oder Beleidigung der Regierung oder der königlichen Familie ausgelegt werden könnte. Veröffentlichte Materialien unterliegen der gründlichen Überprüfung der Behörden. Es gibt ein dauerhaftes Verbot gegen die Einfuhr religiöser Schriften.
Beispiele für das Auftreten von Gewalt
Aus Sicherheitsgründen können keine konkreten Beispiele genannt werden.
7. Entwicklung in den letzten 5 Jahren
Jahr |
Platzierung |
Punktzahl |
2025 |
48 |
66 |
2024 |
44 |
66 |
2023 |
46 |
65 |
2022 |
46 |
64 |
2021 |
39 |
64 |
Der durchschnittliche Druck stieg minimal an und liegt jetzt bei 13,1 Punkten. Dazu beigetragen hat die Einführung neuer Bildungsreformen, welche die islamische Erziehung für alle Schüler in staatlichen, privaten und internationalen Bildungseinrichtungen vorschreibt. Gleichzeitig sank der Wert für Gewalt von 1,3 Punkten im Vorjahr auf nun 0,6 Punkte, wobei die Verfolgung in Brunei nie besonders gewalttätig war. Der Rückgang des Wertes für Gewalt ist darauf zurückzuführen, dass die Zahl der Christen, die aus Glaubensgründen körperlich oder seelisch misshandelt wurden, abgenommen hat; außerdem wurden weniger Christen gezwungen, das Land aufgrund ihres Glaubens zu verlassen. Jedoch sind die Werte für die Verfolgung in Brunei nach wie vor hoch, weshalb Christen sich dazu gezwungen sehen, erhebliche Selbstzensur zu üben, und Konvertiten im Verborgenen bleiben müssen.
8. Sind Frauen und Männer unterschiedlich von Verfolgung betroffen?
Frauen
Obwohl Brunei die UN-Frauenrechtskonvention (die sogenannte „Convention on the Elimination of All Forms of Discrimination Against Women“, CEDAW) unterzeichnet hat, sind Frauen und religiöse Minderheiten durch das neue Scharia-Strafrecht bedroht. Aufgrund der strikten Umsetzung der islamischen Gesetze können christliche Frauen gezwungen werden, in staatlichen Bildungseinrichtungen und Ämtern einen Hidschab zu tragen. Frauen und Mädchen werden in der Regel von ihrer Familie verstoßen, wenn ihr Glaubenswechsel bekannt wird. Sie können gezwungen werden, an religiösen Umerziehungsprogrammen teilzunehmen. Manchmal wird den Frauen mit der Zwangsheirat mit einem Muslim gedroht. Wenn sie verheiratet sind, werden ihnen die Kinder weggenommen, um eine muslimische Erziehung sicherzustellen.
Männer
Konvertiten zum christlichen Glauben sind dem stärksten Druck ausgesetzt. Wenn Männer und Jungen konvertieren, werden sie in der Regel von der Familie verstoßen und dazu gezwungen, das Elternhaus zu verlassen. Bei der Verfolgung durch religiöse Behörden sind sie Schlägen, Demütigungen und harter Behandlung ausgesetzt. Auch in Bildungseinrichtungen können Schüler Diskriminierung und Beschimpfungen erfahren.
9. Verfolgung anderer religiöser Gruppen
Muslimische Gruppen, die als Abweichler gesehen werden, wie die Gruppen von Schiiten und der Ahmadiyya, sind verboten und werden verfolgt. Der Atheismus ist ebenfalls verboten. Die Aktivitäten von Hindus werden eingeschränkt. Der einzige Hindu-Tempel des Landes befindet sich in der britischen Kaserne des Gurkha-Regiments. Auch Sikhs und buddhistische Gemeinschaften besuchen diesen Tempel, um dort zu beten. Chinesischen Aufenthaltsberechtigten wurde untersagt, ihr Neujahrsfest mit dem Drachentanz zu feiern. Die indigene Gemeinschaft der Iban, von denen viele Animisten sind, ist ein besonderes Ziel für die Daʿwa (islamische Mission).
Das US-Außenministerium hält in seinem Bericht zur internationalen Religionsfreiheit von 2023 zu Brunei fest:
„Die Regierung gestattete Mitgliedern nicht muslimischer Minderheiten, ihren Glauben zu praktizieren, sprach jedoch weiterhin ein Verbot für religiöse Gruppen aus, die sie als ‚abweichend‘ betrachtete, darunter die Ahmadiyya-Muslime, die Bahai und die Zeugen Jehovas. [...]
Mitglieder nicht sunnitischer religiöser Gruppen berichteten weiterhin, dass einige Personen, die zu einer anderen Religion konvertieren wollten, soziale Vergeltung fürchteten, wie etwa die Ächtung durch Freunde, Familie und ihr soziales Umfeld. Einige Nichtmuslime gaben an, dass man sie am Arbeitsplatz oder in sozialen Gruppen gedrängt habe, zum Islam zu konvertieren. Obwohl das Scharia-Strafgesetzbuch harte Strafen für Muslime vorsieht, die zu einer anderen Religion konvertieren, wurden im Laufe des Jahres keine Fälle gemeldet, in denen die Regierung diese Strafen anwandte oder vollstreckte. Nicht muslimische Gruppen berichteten, dass Regierungsbeamte ihre religiösen Versammlungen überwachten, um sicherzustellen, dass keine Muslime daran teilnahmen und dass keine islamfeindlichen Inhalte verbreitet werden.“
10. Gebetsanliegen
Bitte beten Sie für Brunei:
- Beten Sie, dass die Pastoren trotz Druck und Überwachung ihre Gemeinden gut leiten. Beten Sie für die Gemeinden um Gunst und um Schutz vor Anklagen und Verleumdungen.
- Beten Sie, dass junge Christen treu und mutig Jesus nachfolgen und der Versuchung widerstehen, zum Islam zu konvertieren, um der Diskriminierung zu entgehen. Bitten Sie Gott auch um berufliche Perspektiven, sodass jüngere Christen im Land bleiben können und sich in die Gemeinden einbringen.
- Christen sind angesichts der Überwachung sehr vorsichtig. Beten Sie um Mut und Weisheit bei der Verkündigung des Evangeliums.
- Regierung und Medien fördern stark die Islamisierung der nicht muslimischen Bevölkerung. Beten Sie, dass die Christen fest im Glauben stehen.