Weltverfolgungsindex 2025

Demokratische Republik Kongo

Christenverfolgung in der Demokratischen Republik Kongo

Berichtszeitraum: 1. Oktober 2023 – 30. September 2024

1. Überblick

In den östlichen Regionen der Demokratischen Republik Kongo, insbesondere in Nord-Kivu, ist die Lage für Christen aufgrund der Präsenz bewaffneter Gruppen wie der „Allied Democratic Forces“ (ADF) immer gefährlicher geworden. Diese Gruppe, die sich zum „Islamischen Staat“ (IS) bekannt hat, geht besonders aggressiv gegen Christen vor. Das Ausmaß der Angriffe ist alarmierend: Christliche Dörfer wurden niedergebrannt, Pastoren, Priester, aber auch christliche Zivilpersonen wurden entführt. Die ADF und andere bewaffnete Gruppen haben den christlichen Gemeinden unsagbares Leid zugefügt. Die Region ist eine Brutstätte für mehr als Hundert verschiedene bewaffnete Gruppen. Jeder, der sich gegen diese Organisationen ausspricht, begibt sich in große Gefahr. Außerdem hat „Mouvement du 23-Mars“ („Bewegung 23. März“, M23) – eine Rebellengruppe, die nach Angaben der Vereinten Nationen offenbar von der ruandischen Regierung unterstützt wird – auch christliche Zivilisten ins Visier genommen. Dadurch hat sich die Sicherheitslage in der Demokratischen Republik Kongo noch weiter verschärft.

Christliche Konvertiten mit muslimischem Hintergrund und solche, die früher traditionelle afrikanische Religionen praktiziert haben, werden darüber hinaus unter Druck gesetzt, an nicht christlichen religiösen Aktivitäten teilzunehmen. Vertreter der katholischen Kirche, die die Regierung öffentlich aufgefordert hatten, die verfassungsgemäßen Wahltermine einzuhalten, wurden aufgrund ihres Einsatzes ebenfalls verbal belästigt und in verschiedener Weise beeinträchtigt.

Länderprofil als PDF

Das nachfolgende Länderprofil ist ein übersetzter Auszug aus den ausführlichen Berichten von World Watch Research, der Forschungsabteilung von Open Doors. Dieses deutsche Länderprofil finden Sie hier auch als PDF zum Download. Die ausführlichen Berichte in englischer Originalfassung („Background Information“ und „Persecution Dynamics“) finden Sie am Ende dieser Seite.

Länderprofil als PDF

2. Hintergrund

In der Demokratischen Republik Kongo herrscht seit mehr als 50 Jahren ein Konflikt zwischen einer Vielzahl bewaffneter Rebellengruppen. Die schwache Rechtsstaatlichkeit führt dazu, dass Gewalttaten wie Entführungen, Inhaftierungen und Morde an Journalisten im ganzen Land ungestraft fortgesetzt werden können. Laut der Nichtregierungsorganisation „International Crisis Group“, die im Juni 2024 über das Land berichtete, hat sich die politische Landschaft in der Demokratische Republik Kongo erheblich verändert; und nach monatelangen Verzögerungen trat am 11. Juni 2024 eine neue Regierung unter der Leitung von Premierministerin Judith Suminwa ihr Amt an. Obwohl das Land reich an Bodenschätzen ist, hat es mit Inflation und Korruption zu kämpfen.

Freedom House stuft die Demokratische Republik Kongo im Jahr 2024 als „nicht frei“ ein. In ihrem Bericht stellt die US-amerikanische Nichtregierungsorganisation die Herausforderungen dar, mit denen das Land seit Jahrzehnten konfrontiert ist, und weist auf die schwerwiegenden Einschränkungen der politischen Rechte und bürgerlichen Freiheiten hin.

Im Osten, wo die ADF dominiert, hat sich die Situation durch die Einmischung der Nachbarländer noch verschärft. Die ADF wurde vom US-Außenministerium als „terroristische Organisation im Ausland“ bezeichnet.

Frauen und Mädchen bleiben besonders gefährdet, was sexualisierte und geschlechtsspezifische Gewalt vonseiten bewaffneter Gruppen angeht. Männer und Jungen sind gefährdet, von Milizen zwangsrekrutiert zu werden. Außerdem droht ihnen Entführung und Ermordung. Dschihadisten gehen besonders gegen Leiter von Kirchen und Gemeinden vor.

Weltanschauungen

Anhänger

%

Christen

100.566.000

95,2

Muslime

1.531.000

1,4

Hindus

161.000

0,2

Buddhisten

6.100

< 0,1

Anhänger ethnischer Religionen

2.512.000

2,4

Juden

420

< 0,1

Bahai

442.000

0,4

Atheisten

22.600

< 0,1

Agnostiker

374.000

0,4

Andere

9.200

< 0,1

3. Gibt es regionale Unterschiede?

Christen erfahren Schwierigkeiten durch islamistische Milizen, die vor allem in den Provinzen Nord-Kivu und Ituri aktiv sind.

4. Was sind die stärksten Triebkräfte der Verfolgung?

Islamische Unterdrückung

Die Triebkraft der islamischen Unterdrückung zeigt sich in Nord-Kivu. Islamistische Milizen wie die ADF und Menschen, die von ihrer Ideologie beeinflusst sind, greifen dort Christen und Kirchen an.

Organisiertes Verbrechen und Korruption

Auf dem Korruptionswahrnehmungsindex von Transparency International liegt die Demokratische Republik Kongo auf Platz 162 von 180 (mit einer Punktzahl von 20 aus 100 möglichen Punkten). Korruption sowie Straffreiheit für korrupte Aktivitäten sind sowohl im öffentlichen als auch im privaten Sektor weitverbreitet. Christen, die sich dagegen aussprechen, riskieren Angriffe.

Diktatorische Paranoia

Die Demokratische Republik Kongo hat unter verschiedenen Regimen enorm gelitten. Der ehemalige Präsident Joseph Kabila hatte ohne Rechtsgrundlage die Wahlen zwei Jahre lang aufgeschoben. Seine Anhänger und der Sicherheitsapparat gingen gegen Christen vor, die ihre Unzufriedenheit über seine Herrschaft zum Ausdruck gebracht hatten. Der derzeitige Amtsinhaber, Präsident Félix Tshisekedi, kam im Dezember 2018 mit dem Versprechen an die Macht, das Durcheinander zu beseitigen und das Land nach vorne zu bringen. Allerdings gibt es bisher keine Reformen, die die Christen im Land spürbar vor den brutalen Angriffen von Rebellengruppen schützen würden. Korruption bleibt weitverbreitet, und der Sicherheitsapparat muss für seine Handlungen weiterhin keine Rechenschaft ablegen.

Unterdrückung durch den Clan oder Stamm, gemischt mit ethnisch-religiöser Feindseligkeit

Ein Großteil der Gewalt in Nord-Kivu, Kisangani und Kasaï hat eine ethnische Komponente. Einige ethnische Anführer und Führer von Rebellengruppen gehören Kulten oder afrikanischen Religionen an, die eine feindselige Haltung gegenüber Christen vermitteln.

Eine vollständige Übersicht aller im Land wirksamen Triebkräfte finden Sie im ungekürzten, englischen Dokument „Persecution Dynamics“.

5. Welche Christen sind von Verfolgung betroffen?

Christen aus traditionellen Kirchen

Römisch-katholische und protestantische Kirchengemeinden erleben Gewalt vonseiten bewaffneter Gruppen; so werden etwa Kirchen angegriffen und Gemeindeleiter eingeschüchtert. Solche Angriffe sind in Zeiten politischer Unruhen an der Tagesordnung. In einem Gebiet, das sich von der Hauptstadt Kinshasa über die zentrale Provinz Kasaï und in jüngerer Vergangenheit auch bis zur östlichen Provinz Nord-Kivu erstreckt, wurden traditionelle Kirchen, Klöster und katholische Schulen von bewaffneten Jugendbanden oder Milizen verwüstet und geplündert.

Christen anderer religiöser Herkunft (Konvertiten)

Konvertiten zum christlichen Glauben (insbesondere muslimischer Herkunft) gibt es vor allem in Nord-Kivu. Sie sind der Verfolgung durch islamistische Milizen und dem Druck ihrer Familien und ihres sozialen Umfelds ausgesetzt. In geringerem Maß sind auch Christen von diesem Druck betroffen, die von der katholischen Kirche zu einer protestantischen Denomination übergetreten sind oder die sich von einer traditionellen afrikanischen Religion abgewandt haben, um Jesus Christus nachzufolgen.

Christen aus protestantischen Freikirchen

Die baptistischen und pfingstkirchlichen Gemeinden wachsen schnell und werden von der islamisch-extremistischen Gruppe ADF angegriffen. Außerdem werden sie von Mitgliedern traditioneller Kirchen diskriminiert.

6. Wie erfahren Christen Druck und Gewalt?

Betroffene Lebensbereiche und Auftreten von Gewalt

Die Summe der Wertungen aller sechs Bereiche (die maximale Punktzahl beträgt jeweils 16,7) ergibt die Gesamtpunktzahl und somit die Platzierung auf dem Weltverfolgungsindex. Das Verfolgungsmuster zeigt das Ausmaß von Druck und Gewalt, welche durch das Zusammenwirken der Triebkräfte hervorgerufen werden.

Privatleben 8
Familienleben 7.9
Gesellschaftliches Leben 12.6
Leben im Staat 10.8
Kirchliches Leben 14.5
Auftreten von Gewalt 16.1

Privatleben

In den von der ADF kontrollierten Gebieten ist jedes Bekenntnis zum christlichen Glauben gefährlich. Dschihadisten haben in der Vergangenheit Menschen getötet, die christliche Symbole trugen. Wer sich mit anderen Christen trifft, kann entführt oder getötet werden. Christen, die zu einer anderen Denomination übergetreten sind (zum Beispiel Katholiken, die sich einer evangelischen Kirche anschließen) sehen sich ebenfalls dem Druck und der Diskriminierung durch ihre Familie und ihr soziales Umfeld ausgesetzt und können sogar aus ihrem Zuhause vertrieben werden. Christen, die vor ihrem Glaubenswechsel traditionelle afrikanische Religionen praktizierten, werden unter Druck gesetzt, sich an die traditionellen Rituale zu halten.

Familienleben

In den Gebieten, die von der ADF kontrolliert werden, können Kinder von Christen mitunter aus der Schule entführt oder gezwungen werden, islamische Texte zu lernen. Konvertiten, die sich vom Islam oder der katholischen Kirche abgewandt haben, können ihr Erbe verlieren und zur Scheidung gezwungen werden. Zwangsscheidungen sind einerseits ein Mittel zur Bestrafung dieser Konvertiten, sie sind aber auch durch die Angst motiviert, dass Kämpfer der ADF die Dorfgemeinschaft aus Rache angreifen könnten, weil ein Bewohner den Islam verlassen hat.

Gesellschaftliches Leben

Christliche Geschäfte und Betriebe sind von der ADF und Rebellengruppen in den Bankrott getrieben worden. Für Christen sind Reisen und der Zugang zu Bildung schwierig. Im Osten der Demokratischen Republik Kongo ist die Entführung von Mädchen, insbesondere von Christinnen, durch bewaffnete Gruppen weitverbreitet; die Mädchen können zur Ehe mit einem der Gruppenmitglieder gezwungen werden. Christen werden von ihren örtlichen Gemeinschaften überwacht; sie können der Polizei gemeldet und beschattet werden, außerdem kann ihre Kommunikation mitgelesen oder abgehört werden. In den von Milizen kontrollierten Gebieten riskiert jeder, der sich gegen islamistische Gruppen ausspricht, schwere Angriffe.

Leben im Staat

Gewalt gegen Christen bleibt oft ungestraft. Christen, die sich gegen Ungerechtigkeit oder Korruption aussprechen, geraten ins Visier.

Kirchliches Leben

In Konfliktregionen haben die gewaltsamen Angriffe dazu geführt, dass Dörfer und Kirchen leer stehen. Die Regierung überwacht Kirchen und Predigtinhalte, insbesondere solche Kirchen, die als dem Präsidenten gegenüber „unfreundlich“ betrachtet werden. In einigen Gebieten verhindert die Regierung kirchliche Aktivitäten unter dem Vorwand, sie könnten zu öffentlichen Unruhen führen. Das Justizministerium hat seit 2014 keine Genehmigungen für Kirchen mehr erteilt.

Beispiele für das Auftreten von Gewalt

Vom 4. bis zum 8. Juni 2024 wurden bei mehreren Angriffen in Nord-Kivu mehr als 80 Christen getötet; mehrere Kirchen mussten daraufhin geschlossen werden. So wurden beispielsweise am 7. Juni in Dörfern der Gegend von Masala 60 Christen enthauptet. Die ADF wurde für die Angriffsserie verantwortlich gemacht.

Bei einem weiteren Angriff, zu dem sich der IS bekannte, wurden am 12. Juni 2024 in dem Dorf Mayikengo, im Territorium Lubero in der Provinz Nord-Kivu, 42 Christen getötet. Die Kämpfer benutzten Schusswaffen und Macheten, um das Massaker zu begehen.

7. Entwicklung in den letzten 5 Jahren

Jahr

Platzierung

Punktzahl

2025

35

70

2024

41

67

2023

37

67

2022

40

66

2021

40

64

In den vergangenen fünf Jahren ist die Punktzahl des Landes stetig gestiegen. Im Vergleich zum Vorjahr stieg der Wert für den durchschnittlichen Druck in den Lebensbereichen von 10,2 auf 10,8 Punkte; und der bereits extrem hohe Wert für die Gewalt stieg leicht von 15,9 auf 16,1 Punkte. In den östlichen Landesteilen stehen die Christen vor großen Problemen, insbesondere aufgrund der Angriffe von islamistischen Milizen auf Kirchen und kirchliche Versammlungen. Die Anwesenheit der organisierten Kriminalität verschlimmert diese Nöte, stört das Gemeinschaftsleben der christlichen Gemeinden und verstärkt die Ausgrenzung von Christen.

8. Sind Frauen und Männer unterschiedlich von Verfolgung betroffen?

Frauen

Die Demokratische Republik Kongo ist politisch, gesellschaftlich und wirtschaftlich vielschichtig. In mehreren Regionen werden Frauen allgemein als minderwertig behandelt, was sich auf viele Bereiche ihres Lebens auswirkt, auch auf den Kontakt mit ihren Kindern und ihre Erbberechtigung. Christlichen Frauen drohen Entführung, Vergewaltigung, sexuelle Folter und Zwangsarbeit, insbesondere durch die islamisch-extremistische Gruppe ADF und bewaffnete Gruppen in den nordöstlichen Regionen. Diese Übergriffe verursachen psychische Leiden und Traumata, und die mit erlittener sexualisierter Gewalt verbundene Scham führt häufig zur Isolation der Betroffenen von Familie und Dorfgemeinschaft. Zwangsverheiratung und Zwangsscheidung sind ebenfalls eine Gefahr, vor allem für christliche Konvertitinnen, zumal die Ehen in der Regel sehr jung geschlossen werden.

Männer

In einem Umfeld von Gewalt und Straflosigkeit werden christliche Männer Opfer von Entführungen, Zwangsrekrutierungen für Milizen, Zwangsarbeit, (sexuellen) Verstümmelungen und brutalen Morden. Um Entführern zu entkommen, sind die Männer unter Umständen gezwungen, Lösegeld zu zahlen, das die ohnehin verarmten Familien über Jahre hinweg finanziell lähmt. Christliche Männer werden auch am Arbeitsplatz und beim Zugang zu Arbeitsplätzen diskriminiert. Diese Art der Verfolgung dient der Schwächung der Familien und der Kirche im weiteren Sinne, vor allem dann, wenn Gemeindeleiter zur Zielscheibe werden, weil sie die Gewalt öffentlich angeprangert haben.

9. Verfolgung anderer religiöser Gruppen

Die Größe der religiösen Minderheiten in der Demokratischen Republik Kongo, einschließlich der Muslime, wird oftmals kontrovers diskutiert. Der „Hohe Islamische Rat der Demokratischen Republik Kongo“ schätzt, dass Muslime etwa 14 Prozent der Bevölkerung des Landes ausmachen. Diese Zahl wird jedoch von einigen angezweifelt, was zu anhaltenden Meinungsverschiedenheiten führt. Vonseiten der Muslime im Land kam es zu Beschwerden, dass sie nicht die gleichen Privilegien und die gleiche Behandlung wie die Christen erfahren würden.

10. Gebetsanliegen

Bitte beten Sie für die Demokratische Republik Kongo:

  • Beten Sie für die Pastoren und Gemeindeleiter im Osten des Landes: um den Mut zu bleiben, um Weisheit bei der Vorbereitung der Gemeinden auf Verfolgung und um Mitgefühl im Dienst mit Traumatisierten und Vertriebenen.
  • Beten Sie für die vielen Traumatisierten um tiefe innere Heilung durch Jesus.
  • Beten Sie, dass die Regierung nach echten und dauerhaften Lösungen für die sich verschärfende Sicherheitskrise in der Demokratischen Republik Kongo sucht und durchsetzt.
  • Bitten Sie Jesus, dass er die Gemeinde durch die Trainingsprogramme und Programme für Traumahilfe stärkt, die die Partner von Open Doors durchführen.