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Usbekistan
Christenverfolgung in Usbekistan
Berichtszeitraum: 1. Oktober 2022 – 30. September 2023
Überblick
Alle Christen erleben in Usbekistan eine von mehreren möglichen Formen von Druck und Gewalt aufgrund ihres Glaubens – aber nicht alle gleich stark. Russisch-orthodoxe Kirchen bekommen vonseiten der Regierung weniger Probleme, da sie in der Regel nicht versuchen, mit der usbekischen Bevölkerung in Kontakt zu treten. Am häufigsten erleiden einheimische christliche Konvertiten muslimischer Herkunft Übergriffe seitens des Staates, der Familie und der Dorfgemeinschaft. Wenn Kirchen nicht registriert sind, müssen Christen mit Polizeirazzien, Drohungen, Verhaftungen und Geldstrafen rechnen.
Länderprofil als PDF
Das folgende Länderprofil ist ein übersetzter Auszug aus dem Country Dossier von World Watch Research, der Forschungsabteilung von Open Doors. Das vollständige Dossier auf Englisch sowie das gekürzte Länderprofil auf Deutsch (beides als PDF) finden Sie hier zum Download.
1. Hintergrund
In Usbekistan liegt alle Macht in den Händen von Präsident Shavkat Mirziyoyev (der seit 2016 regiert). Oppositionsbewegungen und unabhängige Medien sind verboten. Am 1. Mai 2023 gaben die usbekischen Behörden die Ergebnisse des Referendums vom Vortag bekannt: Die Bevölkerung habe Verfassungsänderungen zugestimmt, die es unter anderem erlauben, dass Präsident Mirziyoyev bis 2040 im Amt bleiben kann.
Im Bericht zur internationalen Religionsfreiheit (erstellt im Auftrag des US-Außenministeriums) von 2022 heißt es zu Usbekistan: „Die Verfassung sieht Religionsfreiheit und die Trennung von Staat und Religion vor. Das Gesetz erlaubt die Einschränkung religiöser Aktivitäten, wenn dies zur Aufrechterhaltung der nationalen Sicherheit, der sozialen Ordnung oder der Moral erforderlich ist. [...]
Das Gesetz stellt nicht registrierte religiöse Aktivitäten unter Strafe und verlangt eine behördliche Genehmigung für den Inhalt, die Herstellung und den Vertrieb sowie die Lagerung religiöser Schriften; darüber hinaus verbietet es das Einladen zu einem anderen Glauben und sonstige missionarische Tätigkeiten. Das Religionsgesetz regelt auch das Registrierungsverfahren für religiöse Organisationen, verbietet aber privaten Religionsunterricht.“
Die US-Kommission für internationale Religionsfreiheit (USCIRF) stufte Usbekistan im Zeitraum von 2006 bis 2017 als „besonders besorgniserregendes Land“ ein. Angesichts der Fortschritte im Bereich der Religionsfreiheit wurde Usbekistan 2018 nur noch als „Land unter besonderer Beobachtung“ eingestuft. Im Juli 2021 wurden neue Änderungen am Gesetz zur „Gewissensfreiheit und religiösen Organisationen“ vorgenommen. Das Registrierungsverfahren für religiöse Organisationen wurde erleichtert, während die strafrechtliche Verfolgung nicht angemeldeter religiöser Aktivitäten beibehalten wird.
Während bei den registrierten Kirchen leichte Verbesserungen zu verzeichnen sind, hat sich die Situation für andere Gruppen, insbesondere Christen muslimischer Herkunft, nicht verändert. Christen werden zum Ziel von Razzien, Verhaftungen und anderen Repressalien.
Obwohl der (überwiegend sunnitische) Islam die Hauptreligion Usbekistans ist, wäre es falsch, Usbekistan als ein muslimisches Land zu bezeichnen. Siebzig Jahre Atheismus während der Sowjetzeit haben tiefe Spuren hinterlassen, und die säkulare Regierung hält den Islam streng unter Kontrolle. Die Bürger folgen eher der islamischen Kultur, als dass sie sich streng an die islamischen Lehren halten. Die kleine christliche Minderheit ist aufgrund zahlreicher Spaltungen zwischen den verschiedenen Konfessionen geschwächt.
Laut der World Christian Database (Stand März 2023) sind einige der größten christlichen Konfessionen in Usbekistan die russisch-orthodoxe Kirche, die armenisch-apostolische Kirche und die ukrainisch-orthodoxe Kirche.
Weltanschauungen | Anhänger | % |
Christen | 352.000 | 1,0 |
Muslime | 33.408.000 | 96,0 |
Hindus | 870 | < 0,1 |
Buddhisten | 44.200 | 0,1 |
Anhänger ethnischer Religionen | 60.100 | 0,2 |
Juden | 3.700 | < 0,1 |
Bahai | 990 | < 0,1 |
Atheisten | 192.000 | 0,6 |
Agnostiker | 746.000 | 2,1 |
Andere | 1.770 | < 0,1 |
2. Gibt es regionale Unterschiede?
Das Ausmaß des Drucks durch Regierungsbeamte in Usbekistan ist im ganzen Land gleich hoch. Dagegen ist der Druck, den die Familien und das soziale Umfeld auf christliche Konvertiten ausüben, außerhalb der städtischen Gebiete stärker, insbesondere im Ferghanatal.
3. Was sind die stärksten Triebkräfte der Verfolgung?
Diktatorische Paranoia
Außerhalb der staatlich kontrollierten religiösen Einrichtungen sind keine religiösen Aktivitäten erlaubt. Protestantische Christen werden häufig als „Extremisten“ gebrandmarkt, und ihnen wird unterstellt, dass sie das derzeitige politische System ausspionieren und zerstören wollen. Von dieser Warte aus müssen evangelische Christen nicht nur kontrolliert, sondern notfalls auch ausgelöscht werden.
Islamische Unterdrückung, gemischt mit Unterdrückung durch den Clan oder Stamm
Wenn usbekische Bürger sich vom Islam ab- und dem christlichen Glauben zuwenden, müssen sie damit rechnen, dass sie von ihren Familien und ihrem sozialen Umfeld unter Druck gesetzt werden und mitunter auch körperliche Gewalt erfahren. Damit sollen sie gezwungen werden, zu ihrem früheren Glauben zurückzukehren. Manche christlichen Konvertiten werden von ihren Familien eingesperrt und geschlagen oder sogar aus der Gemeinschaft ausgeschlossen. Lokale Mullahs (islamische Prediger und Gelehrte) wenden sich in ihren Predigten gegen diese Christen und erhöhen so den Druck auf sie. Deshalb setzen die meisten christlichen Konvertiten alles daran, ihren Glauben zu verbergen.
Eine vollständige Übersicht aller im Land wirksamen Triebkräfte finden Sie im ungekürzten, englischen Länderprofil.
4. Welche Christen sind von Verfolgung betroffen?
Christen aus traditionellen Kirchen
Die russisch-orthodoxe Kirche hält sich an die von der Regierung vorgegeben Einschränkungen und wird daher mehr oder weniger in Ruhe gelassen. Ihre Gottesdienste werden zwar überwacht, können aber ungehindert abgehalten werden. Ihre Mitglieder können sich treffen, ohne Angst vor einer Verhaftung haben zu müssen. Das Drucken und die Einfuhr von christlichen Schriften sind aber stark eingeschränkt.
Christen anderer religiöser Herkunft (Konvertiten)
Christen muslimischer Herkunft erleiden schwerwiegende Verletzungen ihrer Rechte seitens des Staates, und sie erfahren Druck durch die Familie und ihr soziales Umfeld.
Christen aus protestantischen Freikirchen
Christen aus protestantischen Freikirchen werden nach den Christen muslimischer Herkunft am zweitstärksten verfolgt – ganz besonders dann, wenn ihre Gemeinden nicht registriert sind. Evangelikale und pfingstkirchliche Gruppen sind Razzien, Drohungen, Verhaftungen und Geldstrafen ausgesetzt.
5. Wie erfahren Christen Druck und Gewalt?
Betroffene Lebensbereiche und Auftreten von Gewalt
Privatleben
Für Christen muslimischer Herkunft ist bereits das offene Reden über ihren christlichen Glauben in ihrem Umfeld riskant – auch im Kreis ihrer Familienmitglieder. Der Staat betrachtet solche Gespräche über den Glauben als Missionierung, die mit Verhaftung und Gefängnis geahndet wird. Wird der Besitz von christlichen Schriften entdeckt, kann dies dazu führen, dass der Besitzer von der Familie verstoßen oder durch sein soziales Umfeld schikaniert wird, Gewalt erleidet und von der Regierung verhaftet wird.
Familienleben
Die meisten Usbeken sind Muslime. Infolgedessen setzt die muslimische Gesellschaft (Familie, Freunde, soziales Umfeld) die Kinder von christlichen Konvertiten unter Druck, am islamischen Unterricht teilzunehmen. Gleichzeitig sind Schüler und Studenten an Schulen und Universitäten antireligiöser Propaganda ausgesetzt. Christliche Konvertiten werden als Fremdkörper betrachtet und sowohl von der (Groß-)Familie als auch vom Staat feindselig behandelt; weil zudem jegliche kirchliche Kinder- und Jugendarbeit illegal ist, ist der einzige Ort, an dem christliche Konvertiten ihre Kindern mit der christliche Lehre vertraut machen können, ihr Zuhause.
Gesellschaftliches Leben
Christen werden sowohl von der islamischen Gesellschaft als auch vom säkularen Staat ständig unter Druck gesetzt. Christliche Konvertiten werden von der Familie, dem sozialen Umfeld und der Polizei überwacht. Sie werden regelmäßig auf der Straße angehalten und durchsucht, um sie dadurch einzuschüchtern. Protestantische Gruppen werden von ihrem Umfeld bei der Regierung angezeigt. Sie sind häufig Opfer von Polizeirazzien, Geldstrafen, Verhaftungen und Gewalt.
Leben im Staat
Das Gesetz verpflichtet religiöse Gruppen, sich bei der Regierung zu registrieren. Es erklärt alle religiösen Aktivitäten nicht registrierter Gruppen für illegal. Außerdem schränkt das Gesetz die öffentliche Redefreiheit sowie die Verkündigung des Evangeliums ein, zensiert religiöse Literatur und begrenzt den privaten Besitz religiöser Schriften. Razzien in Wohnungen von Christen führen immer wieder zu einer Kombination aus Bußgeldern, Zwangsarbeit und Gefängnisstrafen.
Die Behörden können generell davon ausgehen, dass ihr Vorgehen gegen Christen ungestraft bleibt. Angriffe auf christliche Konvertiten oder Christen, die beschuldigt werden das Evangelium weitergegeben zu haben, bleiben für die Täter fast immer folgenlos.
Kirchliches Leben
Kirchliche Kinder- und Jugendarbeit ist streng verboten. Davon sind auch Sonntagsschulen betroffen.
Das Strafgesetzbuch bestraft Evangelisation mit bis zu drei Jahren Gefängnis. Es ist daher gefährlich für Gemeinden, christliche Konvertiten offen zu integrieren.
Beispiele für Auftreten von Gewalt
9. April 2023: Am Ostersonntag führte die Polizei eine Razzia in der Council of Churches Baptistengemeinde in Karschi in der südlichen Provinz Kaschkadarja durch, als die Gemeinde zum Morgengottesdienst versammelt war. „Polizisten und Beamte haben die Tür des Gebetshauses beschädigt. Sie haben sich sehr grob verhalten und drei Gemeindemitglieder verhaftet“, so die Baptisten gegenüber Forum 18 am selben Tag.
6. Entwicklung in den letzten 5 Jahren
Jahr | Platzierung | Punktzahl |
2024 | 25 | 71 |
2023 | 21 | 71 |
2022 | 21 | 71 |
2021 | 21 | 71 |
2020 | 18 | 73 |
Die Wertung von 71 Punkten ist in den letzten vier Berichtszeiträumen des Weltverfolgungsindex gleich geblieben. Im Weltverfolgungsindex 2024 ist der Wert für Druck in den Bereichen Privatleben sowie Leben im Staat und kirchliches Leben leicht gesunken, während er in den Bereichen Familienleben und gesellschaftliches Leben unverändert geblieben ist. Das Ausmaß an Gewalt ist gleich geblieben. Muslimische Familien, Freunde und Dorfbewohner üben vor allem auf Christen muslimischer Herkunft Druck aus, während die Regierung kirchliche Aktivitäten mit vielen Einschränkungen belegt. Die Lage der Christen in Usbekistan ist nach wie vor ernst. Als Präsident Mirziyoyev an die Macht kam, wurde mit einer Verbesserung gerechnet, die aber nicht eingetreten ist.
7. Sind Frauen und Männer unterschiedlich von Verfolgung betroffen?
Frauen
Die traditionelle islamische Kultur und die patriarchalischen Normen setzen Frauen gegenüber den Männern herab und geben ihnen innerhalb der Familie eine untergeordnete Stellung. Frauen können ihre Religion nicht frei wählen und erfahren heftigen Widerstand bei einem Glaubenswechsel. Das Einsperren einer christlichen Konvertitin durch ihre Familie ist nach wie vor eine gängige und gesellschaftlich akzeptierte Form, sie unter Druck zu setzen. Der Zugang zu sozialen Netzwerken, insbesondere zu christlichen, wird eingeschränkt, da man hofft, Konvertitinnen kämen so zum Islam zurück. Es besteht die Gefahr von Entführung, Zwangsscheidung und Zwangsverheiratung, wobei sexuelle Gewalt (auch innerhalb der Ehe) oft verschwiegen wird und als normal gilt.
Männer
Kirchliche Leiter, die meist Männer sind, sind häufig von Rechtsverletzungen betroffen. Ihnen drohen Geld- oder Haftstrafen, die Verweigerung von Ausreisevisa sowie Hausarrest. Das ist eine bewusste Taktik, die eine Welle der Angst in ihren Kirchengemeinden auslöst. Vor allem die Leiter nicht registrierter Kirchen werden beleidigt, geschlagen und gedemütigt. Männliche Christen leben in ständiger Ungleichbehandlung; ihnen wird eine Beförderung verweigert, sie verlieren ihren Arbeitsplatz und sie werden staatlich überwacht. Muslimische Dorfgemeinschaften benachteiligen christliche Betriebe, und im Militärdienst sind Männer Schikanen ausgesetzt. Männliche christliche Konvertiten werden verbal und körperlich misshandelt.
8. Verfolgung anderer religiöser Gruppen
Alle religiösen Gruppen, einschließlich Muslimen, Zeugen Jehovas, Juden und Bahai, leiden unter einem sehr hohen Maß an staatlicher Überwachung und Unterdrückung. Der Rat für religiöse Angelegenheiten (CRA) spielt dabei eine zentrale Rolle.
9. Gebetsanliegen
Bitte beten Sie für Usbekistan:
- Beten Sie für nicht registrierte Gemeinden, dass sie den Mut haben, sich trotz drohender Razzien weiter zum Gottesdienst zu treffen. Und beten Sie, dass die Behörden die Treffen dieser Gemeinden nicht entdecken oder sie dulden.
- Beten Sie um Trost und Glaubensstärke für Christen muslimischer Herkunft, die von ihren Familien und ihrem sozialen Umfeld unter Druck gesetzt werden, ihren Glauben aufzugeben.
- Beten Sie für die Regierung von Usbekistan, dass sie mehr Religionsfreiheit zulässt. Bitten Sie Jesus Christus darum, den Regierenden des Landes zu begegnen, und dass sie sich für ihn öffnen.